Auf einen Blick
Gröden (It), am 18. Dezember 2021: Mit der Startnummer 43 nimmt der Nidwaldner Yannick Chabloz (25) seine zweite Weltcup-Abfahrt in Angriff. Der damals 21-Jährige liefert auf der Saslong eine beeindruckende Talent-Probe ab. Als 13. verliert er weniger als eine Sekunde auf die Siegerzeit vom US-Doppelmeter Bryce Bennett (32).
Die Fachleute waren sich in diesem Moment sicher, dass der in Beckenried NW aufgewachsene Sohn eines Waadtländers mittelfristig Weltcuprennen gewinnen würde. Doch drei Jahre später findet man im Ski-Zirkus niemanden mehr, der auch nur einen Franken auf den Bruder von Freeride- und Kitesurf-Weltmeister Maxime Chabloz setzen würde.
Warum nicht? Sieben Wochen nach dem Exploit in Gröden erlitt Yannick Chabloz an den Olympischen Spielen in China bei einem üblen Abflug in der Kombi-Abfahrt Brüche am Schulterblatt, Handeglenk, an der Mittelhand und an einem Mittelfinger. Der Speed-Spezialist benötigte ein halbes Jahr, bis er sich vollständig von seinem traumatischen Peking-Trip erholte. Doch am 26. Dezember 2022 lag er schon wieder im Rettungsschlitten: Im zweiten Training auf der brutal selektiven Pista Stelvio in Bormio (It) erlitt er einen Dornfortsatzbruch sowie Impressionsfrakturen in der oberen Brustwirbelsäule.
Arzt riet zu einer drastischen Massnahme
Danach wurde der einstige Draufgänger vom Unterbewusstsein ausgebremst. Chabloz traute sich nach den schweren Stürzen nicht mehr, ans Limit zu gehen. 2023 verlor er in den Gletschertrainings regelmässig drei Sekunden und mehr auf seine Teamkollegen.
Hinzu kamen starke Rückenbeschwerden. Der Nordica-Pilot hatte sich in der Zwischenzeit von zahlreichen Medizinern untersuchen lassen. Einer dieser Ärzte war sich sicher, dass eine Fortsetzung der Rennfahrer-Laufbahn einzig durch die Versteifung von zwei Rückenwirbeln möglich wäre. Doch einen solchen Eingriff lehnte Chabloz ab, «weil mir niemand die Garantie geben kann, dass es mir nach einer solch riskanten Operation wirklich besser gehen wird».
Muskelmasse verloren
Im letzten Sommer hat das leidgeprüfte Skitalent in Sitten VS mit einem Studium als Ingenieur begonnen. Dass er die Hoffnung auf ein Weltcup-Comeback trotz allem noch nicht gänzlich begraben hat, belegt die Tatsache, dass sich Chabloz im Oktober beim offiziellen Abgabetag von Swiss-Ski in Dübendorf ZH mit dem entsprechenden Material eingedeckt hat.
Aber weil sein Rücken nach wie vor kein ordentliches Krafttraining zulässt, hat der einstige Modellathlet rund neun Kilo an Muskelmasse eingebüsst. Für Abfahrtstrainer Vitus Lüönd (40) steht deshalb fest, «dass wir ihn in diesem Winter ganz sicher auf keiner Rennpiste sehen werden». Und er fährt fort: «Ich befürchte, dass wir Yannick überhaupt nie mehr am Start eines Weltcuprennens sehen werden.»