Slalom-Ass Holdener spricht erstmals über den Tod ihres Bruders
«Gibt Tage, an denen ich nicht weine»

Wendy Holdener wendet sich erstmals nach vielen Monaten an die Medien. Sie sagt, wie sie den Verlust ihres Bruders Kevin (†34) verarbeitet.
Publiziert: 01.10.2024 um 15:02 Uhr
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Aktualisiert: 01.10.2024 um 15:30 Uhr
Wendy Holdener redet am Dienstag vor den Medien über die neue Saison, ihre Ziele und die zurückliegenden Monate.
Foto: keystone-sda.ch
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Mathias GermannReporter Sport

Seit 14 Jahren ist Wendy Holdener (31) im Ski-Weltcup. So schwer wie an diesem regnerischen Dienstag in Dübendorf ZH fiel ihr der Gang vor ein Mikrofon aber wohl noch nie. «Vor einem Jahr hat sich die Situation bei meinem Bruder sehr verschlechtert. Die Chemotherapien waren schwierig und haben nicht mehr angesprochen. Im Februar ist er dann an einer Lungenentzündung gestorben», sagt sie.

Kevin Holdener, Wendys Bruder und Manager, starb am 22. Februar dieses Jahres – er wurde 34 Jahre alt. Schon lange war er Krebspatient gewesen. Und auch wenn man vor seinem Tod lange nichts mehr darüber gehört hatte, war er nie ganz gesund. «Er war nie geheilt, das Thema war darum immer präsent», so Holdener. Erst wenn man fünf Jahre lang nichts fände, könne man aufatmen. «Das war bei Kevin nie der Fall. Er hatte zwei Jahre lang Ruhe, aber danach war er immer in Therapie.»

Holdener wirkt zunächst gefasst. Als dann die Frage gestellt wird, wie es ihr gehe, kommen die Tränen. «Entschuldigung», sagt die Slalom-Spezialistin. Und fährt nach einer kurzen Pause fort: «Meistens geht es mir ziemlich gut. Den Prozess der Trauer hat jeder auf eine andere Art. Ich bin sehr glücklich, wie meine Familie das gemeistert hat, wie wir uns unterstützt und geholfen haben. Ich glaube, Kevin wäre sehr stolz auf uns.»

SRF-Doku wird private Einblicke geben

Als ihr Bruder starb, fuhr Holdener keine Rennen – sie erholte sich von einem Bruch im Knöchel und der darauffolgenden Operation. «Es gibt Momente, auch im Skitraining, da schweifen meine Gedanken ab zu ihm. Bilder kommen hoch. Aber es gibt Tage, an denen ich nicht weine. Aber er fehlt mir immer.»

Holdener verzichtete monatelang auf Interviews mit Medien. Sie bedankt sich, dass man ihre Privatsphäre respektiert habe. Journalistisch begleitet wurde die Schwyzerin dennoch: Ein SRF-Team machte eine Doku, die am 24. Oktober ausgestrahlt wird. «Die Idee dazu entstand schon lange, bevor sich Kevins Zustand verschlechterte. Er hatte seit Beginn seiner Krankheit Go-Pro-Videos gemacht. Dabei ging es auch um die Themen: Kampf um das Leben, Kampf um Hundertstel und das Tabuthema Tod. Es ist eine sehr persönliche Doku, wo alles erzählt wird.»

Kevin habe immer anderen Krebspatienten helfen wollen und dies auch getan. «Jeder trägt seinen Rucksack. Man weiss nie, wer sich mit welchen Problemen rumschlägt, und ich glaube, das sieht man auch im Film», so Holdener.

«Das war Kevins Traum»

An einen möglichen Rücktritt dachte die zweifache WM-Goldmedaillengewinnerin in der Kombination nie – trotz der eigenen Verletzung und des familiären Schicksalsschlags. «Im Frühling ging ich Heli-Skifahren. Das war eine Reise gewesen, die Kevin geplant hatte. Es war sein Traum. Da habe ich gemerkt, wie viel Spass mir der Skisport macht.»

Neu wird Holdener von Jörg Rothen, der zuvor drei Jahre mit Norwegens Ski-Ass Henrik Kristoffersen (30) gearbeitet hat, betreut. «Er bringt ganz neue Ansätze, was sehr spannend ist. Ich fühle mich körperlich sehr gut und freue mich auf den Winter.»

Und ihre Ziele? Zuerst hält sich Holdener bedeckt. Sie wolle besser werden als zuvor. Dann sagt sie aber: «Ich will wieder um Slalom-Siege mitfahren können.» Sicher ist: Ihrem Bruder hätte auch diese Aussage gefallen.

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