Übrigens – die SonntagsBlick-Kolumne
«Aus mir wird Rolf der Knecht»

Das Ende einer Ära: Der erste Profi im Schwingsport räumt seinen Posten. Die Kolumne von Felix Bingesser.
Publiziert: 04.05.2025 um 17:32 Uhr
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Aktualisiert: 04.05.2025 um 22:27 Uhr
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Rolf Gasser war der erste «Profi» im Schwingen – nun tritt er ab.
Foto: Sven Thomann
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Felix BingesserReporter Sport

Der 1. Mai dieses Jahres hat beim Eidgenössischen Schwingerverband eine gewichtige Veränderung gebracht. Geschäftsführer Rolf Gasser (ausserhalb des Schwingsports würde man vom CEO reden) gibt die Verantwortung ab. Sein Nachfolger kommt aus der Ostschweiz und heisst Reto Bleiker.

Gasser ist der erste Profi im System des Schwingens. 2011 wird er mit knapper Mehrheit als erster hauptamtlicher Geschäftsführer im ansonsten von der Ehrenamtlichkeit geprägten Nationalsport gewählt. Damals lag das jährliche Budget bei 800'000 Franken. «Man hatte Bedenken, ob man sich ein Vollamt leisten kann», blickt Gasser zurück.

Man konnte. Und der Verband hat sich dank dem weiter anhaltenden Boom rund um den Nationalsport weiterentwickelt. Das Budget liegt jetzt bei 1,2 Millionen Franken, man hat ein Eigenkapital von rund 2 Millionen, und die Hilfskasse des Verbands, mit der schwer verunfallte oder in Not geratene Schwinger unterstützt werden, ist mit einigen Millionen prall gefüllt. Da kann man es sich leisten, die TV-Rechte für 160'000 Franken pro Jahr dem Schweizer Fernsehen zu einem Discounttarif zu überlassen.

Estavayer als Highlight

Beim Emmentaler Gasser sind die Fäden in den letzten 14 Jahren zusammengelaufen. Gasser kommt aus einer Schwingerfamilie. Sein Vater war Unspunnensieger, sein Onkel ebenfalls. Und sein Cousin Niklaus Gasser gehört zu den erfolgreichsten Schwingern überhaupt.

Nur Rolf musste als Aktiver kleinere Brötchen backen. Zwei Kränze, davon einer beim Berner Kantonalen, stehen zu Buche. «Ich wollte den Schwingstil meines Vaters kopieren. Aber er war einen Kopf grösser und 25 Kilo schwerer. Das hat nicht so richtig geklappt», sagt Gasser schmunzelnd.

Der Fan des SC Langnau macht Karriere im Beruf. Und wird dann operativer Kopf beim Verband. Was war die grösste Herausforderung seiner Amtszeit? «Die Corona-Krise. 2020 fand praktisch kein Schwingfest statt. Alles war in der Schwebe. Es hat geholfen, dass wir kurz zuvor Mitglied bei Swiss Olympic wurden und wir auch von Hilfsgeldern des Bundes profitieren konnten. Aber die Zeit war extrem fordernd.»

Und der emotional schönste Moment? «Das Eidgenössische in Estavayer. Das erste Eidgenössische in der Westschweiz in dieser Dimension. Und das erste Eidgenössische in der Westschweiz seit den Dreissigerjahren mit einem kleinen Reingewinn.»

«Aus mir wird jetzt Rolf der Knecht»

Gasser gibt ab. Und muss nicht mehr Diplomat sein. Wer war der prägendste Schwinger seiner Amtszeit? «Christian Stucki. Mit seiner Lockerheit, seiner Strahlkraft und seinem riesigen Talent ist er eine absolute Ausnahmeerscheinung. Ein Glücksfall für das Schwingen.»

Und wer wird in diesem Jahr Schwingerkönig? «Samuel Giger, Fabian Staudenmann und Damian Ott sind meine drei Top-Favoriten», sagt Gasser. Und dahinter? «Da folgen Joel Wicki, Adrian Walther und Armon Orlik.»

Und was macht Rolf Gasser in Zukunft? «Ein Bauer hat mir mal gesagt: ‹Man muss schaffen, dann schenken und, wenn man ins Stöckli zieht, schweigen.›» Ganz ins Stöckli zieht Gasser aber nicht. Seine Frau ist Mitbesitzerin einer grossen Juraweide mit Sömmerungsbetrieb. Da muss jetzt auch Rolf Gasser mit anpacken.

Er kommentiert das mit dem ihm eigenen Schalk: «Jeremias Gotthelf würde sagen: Aus mir wird jetzt Rolf der Knecht.»

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