Die Schlussgänge
Thurgauer: Die Ausgangslage ist klar: Samuel Giger und Domenic Schneider brauchen den Sieg für den Triumph. Bei einem Gestellten erbt Armon Orlik den Festsieg. So weit kommt es nicht, der Sieg bleibt im Thurgau. Nach nicht einmal zwei Minuten landet Giger den entscheidenden Angriff. Und wird seiner Favoritenrolle gerecht. Mit fünf Siegen und einem Gestellten gewinnt er zum vierten Mal sein Heimfest und feiert den 33. Kranzfestsieg seiner Karriere.
Zuger: Pirmin Reichmuth lauert auf den Festsieg. Aber er kann ihn nicht erben. Denn sein Bruder Marco entscheidet den Schlussgang gegen Noe van Messel für sich. Dies, nachdem er sich Sekunden zuvor noch mirakulös retten muss. Mit dem nächsten Angriff führt er die Entscheidung herbei und feiert den ersten Kranzfestsieg seiner Karriere. Besonders speziell: Bruder Pirmin wird Zweiter.
Solothurner: Andreas Döbeli führt zur Halbzeit, lässt sich am Nachmittag nicht von der Spitze verdrängen. Den Schlussgang bestreitet er gegen den punktgleichen Nick Alpiger. Beide wissen, nur mit einem Sieg holen sie den Triumph. Döbeli kommt gar nicht richtig in den Gang rein, da liegt er schon auf dem Rücken. Nicht einmal anderthalb Minuten dauert der Schlussgang, ehe sich Alpiger als Festsieger schultern lässt. Es ist sein elfter Triumph bei einem Kranzfest.
Die Premiere
In den letzten Jahren ist immer wieder der Name Reichmuth gefallen, wenn es darum ging, den Favoritenkreis bei Kranzfesten zu nennen. Auch dieses Mal ist das nicht anders. Allerdings ist es am Ende nicht Pirmin Reichmuth, der in den Schlussgang einzieht, sondern sein jüngerer Bruder Marco. Dieser zeigt eine beeindruckende Leistung, gewinnt davor alle fünf Gänge und greift nach dem ersten Kranzfestsieg seiner Karriere. Und tatsächlich, nach einer Rettungstat gegen Noe van Messel kann er ihn bodigen. Ein emotionaler Moment, Freudentränen fliessen bei Reichmuth.
Die Siegerstimmen
Samuel Giger gegenüber Swiss1: «Die Freude ist auch beim vierten Sieg immer noch gleich gross. Super, so in die Kranzfest-Saison zu starten. Ich habe mich den ganzen Tag gut gefühlt. Die Taktik im Schlussgang war, den Sieg zu suchen, immer wieder anzugreifen.»
Nick Alpiger bei Tele M1: «Mir ist es heute den ganzen Tag super aufgegangen. Andreas ist ein sehr guter Schwinger, dieses Mal habe ich gewonnen, das nächste Mal ist es wieder offen. Danke für den Schlussgang. Gegen ihn kommt man mit Verteidigen nicht durch, deswegen habe ich versucht, auch zu schwingen und gleich in den Gang zu kommen.»
Marco Reichmuth gegenüber Tele1: «Es hat mich vorher kurz emotional erwischt. Ein Kranzfest zu gewinnen ist schon lange im Hinterkopf ein Ziel. Man hat einen Bruder, der vorangeht und schon paarmal gewonnen hat. Da denkt man, da will man auch mal stehen. Ich hatte es den ganzen Tag immer wieder im Kopf und mir dann gesagt, dass ich daran nicht denken darf. Nun hats geklappt. Das Publikum hat mir Kraft gegeben, das Zuger ist eines der schönsten Schwingfeste.»
Die Schlussranglisten
Das Wiedersehen
Vor drei Wochen fand das Thurgauer Frühjahrsschwingfest statt. Die Schlussgang-Affiche damals: Samuel Giger gegen Domenic Schneider. Das Duell endete gestellt – ein Resultat, das Schneider zum Festsieg reichte. Dieses Mal hätte das nicht gereicht, beide brauchen das Resultat für den Triumph. Giger holt es sich – und wahrt damit seine Ungeschlagenheit. In nunmehr elf Duellen musste er sich von Schneider noch nie das Sägemehl vom Rücken putzen lassen. Neunmal gewann er, zweimal gabs einen Gestellten.
Die Titelverteidiger
Bei keinem der drei Schwingfeste wird der Sieger aus dem Vorjahr erneut triumphieren – das ist schon vor dem Anschwingen klar. Denn die Titelverteidiger sind nicht mit dabei. Joel Wicki, der letztes Jahr beim Zuger triumphierte, startet erst kommendes Wochenende beim Schwyzer Kantonalen in die Saison. Werner Schlegel (Sieger Thurgauer 2024) und Joel Strebel (Sieger Solothurner 2024) fehlen verletzungsbedingt.
Das Jabadabadu
Vor knapp zwei Monaten hat Patrick Räbmatter angekündigt, dass er in dieser Saison seine Karriere beenden wird. Und das nicht mit der Teilnahme am ESAF, sondern schon Mitte Juni bei seinem Heimfest, dem Aargauer Kantonalen. Damit beginnt mit der Kranzfest-Saison seine Abschiedsrunde. Er lanciert sie beim Solothurner Kantonalen. «Mir gehts nicht schlecht, hie und da zwickts im Rücken», sagt er am Morgen gegenüber Tele M1. «Ich versuche, das Beste draus zu machen und geniesse es einfach noch.» Nach einem harzigen Start findet er immer besser ins Fest – und kann am Ende jubeln. Sein berühmtes «Jabadabadu» tönt über den Schwingplatz, er holt den 65. Kranz seiner Karriere.
Die fragwürdige Benotung
Samuel Giger bekommts zum Auftakt mit dem Brocken Armon Orlik zu tun. Der Thurgauer steigt angriffig ins Duell, sucht die Entscheidung. Während er aktiv ist, kommt von Orlik nicht viel. Letztlich endet der Gang gestellt. Und sorgt für viel Verwunderung auf den Rängen. Denn beide bekommen Note 9,00 – die gibts bei einem Gestellten nur, wenn man besonders aktiv ist und Angriffe startet. Während das bei Giger gerechtfertigt ist, wird Orlik sehr grosszügig bewertet. Auf den Zuschauerrängen versteht das kaum einer.
Das Comeback
Die letzte Saison hat Remo Käser abgebrochen. Danach fiel er in ein Loch, war laut eigener Aussage nahe am Rücktritt. Nun ist er zurück im Sägemehl. Beim Solothurner Kantonalen gibt er sein Comeback. Zum Auftakt stellt er gegen Nachwuchs-König Sinisha Lüscher, dann dreht er auf, stellt einzig gegen den späteren Festsieger Nick Alpiger und gewinnt die restlichen Gänge. In der Endabrechnung ist das Rang 7 – Käser holt den Kranz.
Das ungewohnte Programm
«Ich weiss nicht, ob ich das mal erlebt habe», sagt Nöldi Forrer ins Swiss1-Mikrofon. Was er meint: das ungewohnte Programm am Thurgauer Kantonalen. Denn dort gehen noch vor der Mittagspause sämtliche vierte Gänge über die Bühne. Dass die schlechter klassierten Schwinger am Morgen viermal ins Sägemehl schreiten, ist nichts Ungewöhnliches. Aber dass auch die in der Rangliste vorn liegenden Athleten viermal ran müssen, das gibts eigentlich so gut wie nie. Die Thurgauer drücken wohl aufs Gaspedal, weils am Morgen noch trocken ist und die Sonne scheint und erst gegen 12 Uhr Wolken übers Festgelände ziehen und sich immer mehr verdichten. Das mutmasst auch Forrer als Grund für die vier Gänge am Morgen.
Die Bedingungen
Aprilwetter im Mai. Alle drei Feste beginnen bei trockenen Bedingungen. Doch früher oder später beginnts an allen drei Schauplätzen zu regnen. Und das teils ziemlich kräftig. Zuschauer wie Schwinger lassen sich davon aber nicht beeindrucken. Sie trotzen dem Wetter.
So gehts weiter
Kaum hat die Kranzfest-Saison begonnen, gehts Schlag auf Schlag weiter. Am nächsten Samstag steigt das Genfer Kantonale. Einen Tag später startet König Joel Wicki beim Schwyzer Kantonale in seine Saison.