Giger macht sich fit für den Königstitel
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Blick ins Athletik-Training:Giger macht sich fit für den Königstitel

«Das hat mich genervt»
Königs-Favorit Giger will es seinen Kritikern zeigen

Am Sonntag beginnt für Samuel Giger die Kranzfestsaison. Wie fit ist der Königsanwärter? Blick besuchte ihn beim Athletiktraining.
Publiziert: 03.05.2025 um 11:37 Uhr
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Aktualisiert: 03.05.2025 um 11:52 Uhr
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Am Limit: Schwinger Samuel Giger powert sich beim Athletiktraining in Winterthur aus.
Foto: Sven Thomann

Darum gehts

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Nicola AbtReporter Sport

Samuel Giger (27) sitzt keuchend am Boden. Plötzlich knallt es hinter ihm. Einmal rechts, dann links. Athletiktrainer Goran Cvetkovic (42) steht nur wenige Meter entfernt. Der erfahrene Coach verzieht keine Miene. Er sieht, wie seinem Schützling der Schweiss über die Stirn läuft. Ein letztes Mal schnappt sich Giger den roten Medizinball und wirft ihn gegen die Wand. 

Nach einem Schluck aus der Trinkflasche geht es weiter. «Dort drüben», ruft Cvetkovic. Und zeigt auf die andere Seite des Raums. «Wir sind immer am Arbeiten. Das ist das Geheimnis unseres Trainingssystems», erklärt der Handball-Coach. Seit etwas mehr als zwei Jahren stählt Giger seine Muskeln im «Zone 4 Performance» in Winterthur ZH – drei- bis viermal wöchentlich. 

Blick besucht den Unspunnensieger wenige Tage vor dem Start der Kranzfestsaison. Am 4. Mai steigt Giger beim Thurgauer Kantonalen in die Zwilchhosen. Der gelernte Zimmermann blickt auf einen perfekten Winter zurück. Dank der neuen Trainingsgruppe absolvierte er rekordverdächtig viele Schwingtrainings. «Ich kam ohne Verletzungen durch und konnte Vollgas trainieren. Das gibt mir sehr viel Selbstvertrauen.» 

Zweimal krachend gescheitert

Seine Muskeln wirken so definiert wie noch nie zuvor. Angesprochen auf die körperliche Verfassung von Giger sagt Trainer Cvetkovic: «Sämi hat in allen Bereichen, sei es Maximalkraft, Ausdauer, Schnellkraft, grosse Fortschritte gemacht. Er ist bereit.» Ein Indiz dafür sind die überzeugenden Auftritte des 125-Kilo-Brockens im Frühjahr. Zwei der drei absolvierten Feste konnte Giger gewinnen. 

Diese Siege will der Thurgauer aber nicht überbewerten. Richtig ernst gilt es schliesslich erst am Eidgenössischen Schwing- und Älplerfest (ESAF) Ende August in Mollis GL. Dort möchte er sich seinen Traum vom Königstitel erfüllen. «Das Saisonhighlight ist omnipräsent. Jede Entscheidung, die ich seit knapp zwei Jahren treffe, hat mit folgender Frage zu tun: Ist das gut für das ESAF oder nicht?» 

Giger dürfte einmal mehr als einer der ganz grossen Favoriten anreisen. Wie schon 2019 in Zug und 2022 in Pratteln BL. Vor sechs Jahren platzte der Königstraum nach zwei Niederlagen in den ersten drei Kämpfen. Drei Jahre später geschah Ähnliches. Für Experten sowie Zuschauer war klar: Giger hat ein mentales Problem. Wenn es zählt, dann versagt das Ausnahmetalent.

Intensives Mentaltraining

Solche Kommentare schmerzten Giger, wie er nun zugibt. «Das hat mich genervt. Vor allem von Leuten, die nicht aus dem Schwingsport kamen. Die sollen es erst einmal besser machen, dachte ich mir.» Inzwischen lässt ihn das kalt.

Auch, weil er sich intensiv mit dem Thema Druck auseinandergesetzt hat. Giger schwört auf Hypnose. Seit der Enttäuschung in Pratteln setzt er auf die Dienste von Adrian Brüngger. «Ich fühle mich mental bereit für das ESAF.» Dass er am Tag X liefern kann, bewies er zuletzt am Unspunnen-Schwinget 2023. Dort triumphierte der 32-fache Kranzfestsieger souverän.

Sticheleien während des Trainings

Ein Jahr später blieb er am Jubiläumsfest in Appenzell hinter den Erwartungen zurück. Zu Beginn der Saison hatte er sich an der Schulter verletzt. Diese kann er nun wieder bedenkenlos belasten. Das beweist der zweite Teil seiner knapp 90-minütigen Einheit. Giger zieht im Sitzen Gewichte, krabbelt auf allen vieren von Hütchen zu Hütchen und wirft einen langen schwarzen Sack durch die Luft. 

Die Szene erinnert an seine spektakulären Schwünge im Sägemehl. «Gut gemacht», lobt ihn sein Trainer. Laut wird Cvetkovic nie. Er hat seine ganz eigene Art entwickelt, die Athleten zu motivieren. Giger nennt ein Beispiel: «Angenommen, ich habe letzte Woche Kniebeugen gemacht. Nun sagt Goran heute zu einem Athleten, er solle mehr Gewicht nehmen als ich. So etwas spornt mich natürlich an.» Es sind bewusste, kleine Sticheleien. 

Cvetkovic verfolgt mit Giger einen klaren Plan. «Wir trainieren so, dass Sämi im Sägemehl in gewissen Bereichen einen Vorteil gegenüber seinen Gegnern hat. Mehr verrate ich aber nicht», sagt der erfahrene Coach mit einem Augenzwinkern.

Im Winter hat Giger nicht nur physisch, sondern auch technisch an sich gearbeitet. «Ich wollte neue Kombinationen lernen, ob diese auch im Wettkampf funktionieren, wird sich an den kommenden Kranzfesten zeigen.»

Vierter Streich beim Heimfest?

Um sich optimal auf das ESAF vorzubereiten, überlegt Giger, sein Arbeitspensum weiter zu reduzieren. Aktuell arbeitet er zu 40 Prozent als Lastwagenchauffeur. «Ich werde das mit meinem Team im Sommer besprechen und dann entscheiden.»

Vorerst gilt sein voller Fokus dem Thurgauer Kantonalen. Sein Heimfest will er zum vierten Mal gewinnen. Und damit perfekt in eine Saison starten, die sein Leben für immer verändern könnte. 

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