Rad-Diamant Christen (20) will U23-Gold in Zürich
«Ich habe keine Zeit für eine Freundin»

Jan Christen (20) ist das grösste Schweizer Rad-Talent seit Fabian Cancellara (43). Sein Ziel an der WM in Zürich: Gold. Doch wie tickt der junge Aargauer?
Publiziert: 23.09.2024 um 07:52 Uhr
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Aktualisiert: 23.09.2024 um 11:25 Uhr
Gestatten: Jan Christen, das grösste Schweizer Rad-Talent. Aber ist der Aargauer überhaupt noch ein Talent?
Foto: Sven Thomann
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Kurz zusammengefasst

  • Jan Christen will WM-Gold im U23-Zeitfahren holen
  • Instagram? Nur noch für Leute, die ihn kennen
  • «Baue körperlich nicht so schnell ab wie andere»
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.

Die Zeit für den WM-Titel ist reif. Davon ist Jan Christen überzeugt. «Ich werde am Start stehen, um Gold nach Hause zu holen», sagt er. Der 20-jährige Rad-Diamant aus Leuggern AG will im U23-Zeitfahren zuschlagen.

Taktik, Material, Form – er wisse, dass am Dienstag alles stimmen müsse. «Aber ich habe in dieser Saison bewiesen, was ich draufhabe. Warum sollte ich mich also verstecken und sagen, dass ein achter Platz gut wäre?» Sein Sturz vor zwölf Tagen in Italien sei zu 95 Prozent ausgeheilt, sagt er. Er spüre zwar noch ein Knacken im Knie, die Prellung behindere ihn jedoch nicht.

Doch wie tickt der Schweizer Rad-Diamant eigentlich? Wir treffen Christen knapp drei Wochen vor dem WM-Zeitfahren in einem Café in Aarau. Soeben hat er sein Zeitfahr-Training hinter sich gebracht und geniesst einen Iced Latte, sein Lieblingsgetränk. Christen wirkt entspannt und locker, schlicht die Ruhe selbst. Und damit ganz anders als bei den Velorennen! Denn: Dort sprüht er nur so vor Energie, fährt aktiv, aggressiv gar. «Ich hasse Langeweile. Bei der Polenrundfahrt hatten wir zum Abschluss drei Flachetappen, bei denen nichts lief. Das war nichts für mich.»

Erhält er die Freiheit, liefert er auch

«Eines Tages werde ich in der Lage sein, alles zu gewinnen. Die Tour de France, den WM-Titel bei der Elite und Paris-Roubaix», hatte Christen vor zwei Jahren gegenüber Blick angekündigt. Ist er nun, nach eineinhalb Saisons bei den Profis, immer noch davon überzeugt? «Paris-Roubaix streichen wir», meint er lachend und ergänzt: «Den Rest lassen wir so stehen.»

Christens Aufstieg ist rasant. Sein Ziel, im ersten ganzen Jahr bei der Elite ein Rennen zu gewinnen, hat er locker übertroffen. Dreimal jubelte er vom obersten Podest. Zwar nicht in der World Tour, der obersten Rad-Kategorie – das war aber auch nicht zu erwarten gewesen. Wie alle jungen Talente im finanzkräftigen UAE Emirates-Team muss auch er zuerst seine Sporen abverdienen. «Ich darf aber immer häufiger auf eigene Faust fahren, weil ich bewiesen habe, dass ich liefern kann, wenn ich liefern darf», sagt er.

Er schränkt sich auf Instagram ein

Christen ist ein junger Mann, der selten an sich zweifelt. Gleichzeitig ist ihm bewusst, dass er noch viel lernen muss. Welche war seine grösste Erkenntnis bei den Profis? «Wenn ich in einem Rennen Leader bin, weiss ich, dass 95 Prozent des Pelotons mehr leidet als ich. Und ich habe gemerkt, dass mir sehr lange Rennen nicht schaden. Im Gegenteil, sie kommen mir entgegen. Ich baue körperlich nicht so schnell ab wie andere.»

Das Velo-Talent ist auf der Überholspur – Christen zählt zu den besten Jungprofis der Welt. Privat gibt er wenig preis, sagt aber: «Zeit für eine Freundin habe ich nicht.» Der Fokus gilt voll und ganz dem Radsport. Und so antwortet er bei Instagram-Direktnachrichten nur noch jenen Personen, die er kennt.

Hirschi lobt Christen in höchsten Tönen

In Zürich startet Christen im U23-Zeitfahren und U23-Strassenrennen. Das, obwohl er längst die Klasse hätte, um bei den Profis mitzumischen – vielleicht sogar ganz vorne. «Aber es macht so mehr Sinn», sagt er im Wissen, dass seine Medaillenchancen in der U23 grösser sind. Im Strassenrennen hat er dabei ein weiteres Ass im Ärmel. Welches? Sein Bruder Fabio (22), der ebenfalls in ausgezeichneter Form ist. «Wir verstehen uns blind. Mit uns hat das Schweizer Team gleich zwei Karten, die man spielen kann.»

Wohin Christens Reise in den nächsten Jahren hingeht, ist noch unklar. UAE-Teamkollege Marc Hirschi (26), einer der Favoriten im WM-Rennen der Profis, sagt: «Es ist nur eine Frage der Zeit, ehe Jan ganz grosse Rennen gewinnt. Er ist mit 20 viel weiter, als ich es in diesem Alter war. Ich könnte mir gut vorstellen, dass er eines Tages neben Klassikern auch Rundfahrten gewinnen kann.»

Das ist Zukunftsmusik. Zuerst macht Christen in Zürich Jagd auf Edelmetall. Abschlussfrage: Was würde er tun, sollte er Weltmeister werden? «Dann gibts eine Champagnerdusche!»

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