Darum gehts
- Noah Dettwiler ist nach schwerem Unfall in Malaysia im Spital
- Dettwiler wanderte als Teenager nach Spanien aus für Töff-Karriere
- 190'000 Fans sahen drei Grands Prix trotz des Unfalls zu Beginn des Tages
Der schlimme Unfall passiert, als niemand damit rechnet. Es läuft erst die Besichtigungsrunde vor dem Moto3-Rennen in Sepang, als Noah Dettwiler (20) in langsamer Fahrt von Jose Antonio Rueda (19) mit voller Wucht vom Töff gerammt wird. Der Spanier, eben erst vorzeitig Weltmeister der kleinen WM-Klasse geworden und ein riesiges Talent, hatte auf dem Weg in die Startaufstellung den Schweizer komplett übersehen.
Jetzt kämpft Dettwiler in einem Krankenhaus von Kuala Lumpur um sein Leben. Hoher Blutverlust, mehrfache Herzstillstände, verletzte Lungen und Milz sowie ein offener Beinbruch, so die Horrorbilanz des verheerenden Zwischenfalls.
Nach mehreren Operationen stabilisierte sich vorerst sein Zustand, wie Vater Andy Dettwiler gegenüber Blick schilderte. Er und Mutter Nicole Dettwiler machten sich von daheim in Hofstetten-Flüh SO sofort auf die lange Reise nach Fernost.
Auch Noahs Schwester Noëlle sass im Qatar-Airways-Flieger, der am Sonntagnachmittag in Zürich mit Zwischenstopp in Doha in Richtung Kuala Lumpur abhob. Noëlle Dettwiler ist mit Tom Lüthi liiert. Der Ex-Töff-Weltmeister ist auch Noahs sportlicher Berater und hat in Sepang an der Rennstrecke vor Ort alles miterleben müssen, weil er für einen deutschen Moto2-Rennstall arbeitet.
Für seine Karriere wanderte Dettwiler nach Spanien aus
Das Dettwiler-Desaster. Gerade jetzt, als trotz seiner Null-Punkte-Saison durch Verhandlungen mit einem italienischen Team wieder Hoffnung aufkeimte, dass der Solothurner 2026 nochmals eine Chance in der Töff-WM erhält, wird die Karriere zur Nebensache.
Für seinen grossen Traum, eines Tages in der WM zu fahren, wanderte Dettwiler als Teenager sogar nach Spanien ins gelobte Land des Töff-Sports aus, wo die Trainingsbedingungen traumhaft sind. Weil er damals erst 14-jährig war, wanderte auch Vater Andy mit nach Valencia aus. Nach der Corona-Pandemie ging der Vater in die Schweiz zurück, Noah wohnte mit einem befreundeten Mechaniker zusammen. Mittlerweile ist er nach Barcelona umgezogen, wo er mit seiner französischen Freundin Canelle Nativi lebt.
Der spanische Weg lohnte sich für das Sprachtalent, der flugs Spanisch lernte und auch Englisch, Französisch und Italienisch beherrscht. Dettwiler wurde ab 2024 erster Schweizer Stammpilot im Grand-Prix-Zirkus seit dem Rücktritt von Tom Lüthi Ende 2021.
Der Durchbruch gelang Dettwiler aber seither nicht. Auch, weil er wie zu Saisonbeginn 2025 immer wieder von Verletzungen ausgebremst wird. Wie auch jetzt beim fürchterlichen Knall von Sepang wieder.
Dettwiler und der verunglückte Jason Dupasquier waren Kollegen
Für Lüthi, die Dettwiler-Familie und auch für alle Schweizer Töff-Fans ist das Drama ein schreckliches Déjà-vu: Wieder ein lebensbedrohlicher Unfall mit einem jungen Schweizer in der WM. Es ist erst vier Jahre her, als der Schweizer Töff-Sport durch den Tod von Jason Dupasquier (†19) in Mugello ein grosses Talent an einem Grand-Prix-Wochenende verlor.
Damals beim Italien-GP verzichteten sowohl der noch aktive Lüthi als auch im Rahmenrennen des Red Bull Rookies Cups ebenso Dettwiler aus Betroffenheit auf den Rennstart. Ein Jahr davor fuhren Dupasquier und Dettwiler beide im Rookies Cup und verbrachten viel Zeit miteinander.
Durch die ähnlichen Karrierewege der beiden fast gleichaltrigen Jungs sind auch die Eltern seit vielen Jahren bestens miteinander bekannt. Vater Andy Dettwiler sponserte mit seiner Firma sogar eine Zeit lang Jason Dupasquier als Junior.
Jetzt müssen die Dettwilers dieselben bangen Stunden durchmachen wie vor vier Jahren die Dupasquiers am Unfalltag. Mit einem grossen Unterschied: Bei Noah in Malaysia gibts Hoffnung, dass er überlebt.
Kritik der MotoGP-Stars wegen spärlichen Infos
Dass ein Pilot am Renntag auf der Strecke erstversorgt und mit dem Helikopter ins Spital gebracht werden musste, dämpft die Stimmung im Fahrerlager merklich. Die drei Grands Prix der Klassen Moto3, Moto2 und MotoGP werden vor rund 190’000 Fans aber durchgezogen.
Der zweifache MotoGP-Weltmeister Francesco Bagnaia kritisiert nach dem Rennen der Königsklasse, dass das Moto3-Feld trotz der grossen Sorgen um Dettwiler und Rueda an den Start ging. Der Ducati-Star: «Es war kaum die beste Idee, die jungen Fahrer starten zu lassen, nachdem sie sehen mussten, wie zwei von ihnen im Helikopter weggeflogen wurden. Das werde ich nie verstehen.»
Die Italiener reisen sowieso jeweils mit gemischten Gefühlen nach Sepang. Hier verstarb MotoGP-Held Marco Simoncelli (†24) beim GP 2011.
Bagnaias MotoGP-Kollege Marco Bezzecchi beklagt, dass die WM-Organisatoren kaum Informationen lieferten. Einzig die Info, dass Dettwiler und Rueda bei Bewusstsein seien, wurde in Umlauf gebracht. Und später die Entwarnung beim Spanier, dass er glimpflich davon gekommen ist. Bezzecchi: «Es war sehr hart, zu einem Rennen anzutreten, ohne zu wissen, wie es ihnen geht. Ich finde, wir hätten mehr Klarheit verdient gehabt, was überhaupt passiert ist.»
Mit diesem Gedanken wird auch Dettwilers Familie nach der längsten Reise ihres Lebens am frühen Montagnachmittag Lokalzeit in Malaysia aus dem Flieger steigen.