«Zeit für Veränderungen» steht auf den Plakaten, die im ganzen Dorf verteilt sind. Roland Vogt macht grossflächig Werbung für seine Kandidatur. Er, schon bisher Mitglied im Gemeinderat, möchte jetzt auch Gemeindeammann werden. Und fordert den bisherigen Amtsinhaber zur Kampfwahl. «Ich möchte den Leuten eine Alternative bieten», sagt Vogt.
Er politisiert für die SVP. Sein Antipode drüben in einem ganz anderen Spektrum.
Und so entwickelt sich auch in Wohlen, mit 16'000 Einwohnerinnen und Einwohnern die viertgrösste Gemeinde im Aargau, ein hitziger Wahlkampf. Wie in anderen Gemeinden auch. Mit Leserbriefen, mit Aufrufen und Veranstaltungen, mit Versprechungen und Verleumdungen, mit Lobhudeleien und Beleidigungen.
Die Fussball-Karriere endet früh
Vogt ist mittendrin und ziemlich exponiert. Es sind turbulente Zeiten. Er war einst ein guter Regionalfussballer und ist mit dem FC Wohlen in die 1. Liga aufgestiegen. Mit 29 Jahren beendet er seine Karriere und setzt neue Prioritäten.
Er besucht die Polizeischule in Zürich. Dort arbeitet der Vater von zwei Töchtern und einem Sohn nun seit 26 Jahren. Die letzten zehn Jahre bei der Kriminalpolizei. Rückblickend sagt er: «Ich habe meine sportliche Karriere zu früh beendet und hätte noch länger Fussball spielen sollen.»
Dass in den letzten Wochen etwas viel über die Familie Vogt hereingeprasselt ist, hat aber nicht nur mit dem Wahlkampf des Papas zu tun. Parallel dazu hat die Fussballkarriere seines Sohnes Fahrt aufgenommen. Von null auf hundert.
Sein Sohn Alessandro ist der Senkrechtstarter der Saison und startet beim FC St. Gallen durch. In einem schwindelerregenden Tempo. Der athletische Stürmer gilt bereits als heisseste Aktie im Schweizer Fussball. Vermittler und Berater sind in Schnappatmung und buhlen um das Sturmjuwel, das auch schon Interesse aus dem Ausland geweckt hat. Denn nicht nur die Torausbeute bei St. Gallen ist imponierend.
Fleissig sein, hart arbeiten und demütig bleiben. Das sind die Tugenden, die Roland Vogt auch seinen Kindern mit auf den Weg gegeben hat. Und die auch Alessandro auszeichnen. Seine Laufleistung ist imponierend, sein Zweikampfverhalten offensiv und defensiv beeindruckend. Leistungsdaten, die in Windeseile bei jedem europäischen Klub auf dem Tisch landen.
Bei Alessandros Stammklub Wohlen hofft man, dass es nach Ciriaco Sforza wieder einer auf die ganz grosse Bühne schafft. Und mit einem grossen Transfer Geld in die Klubkasse spült.
Der Sohn ist dem Papa voraus
Verhelfen Alessandros Tore seinem Papa auch zum Sprung ins Gemeindepräsidium? «Ich glaube nicht, dass ich wegen seiner Tore zusätzliche Stimmen erhalte. Auch wenn ich in den letzten Wochen mehr auf ihn als auf meine Kandidatur angesprochen wurde», sagt Roland Vogt.
Am Samstag sitzt Roland Vogt im Letzigrund und fiebert mit seinem Sohn beim Spiel des FCZ gegen St. Gallen mit. Heute sitzt er aufgeregt zu Hause und wartet auf die Wahlergebnisse. Vielleicht wird der stolze Fussballvater am späteren Nachmittag zum neuen Gemeindepräsidenten von Wohlen ausgerufen.
«Zu verlieren habe nichts. Die Welt geht nicht unter, wenn ich nicht gewählt werde», sagt er. Sein Sohn ist einen Schritt weiter. Die Wahl zum hoffnungsvollsten Talent im Schweizer Fussball hat er schon gewonnen.