BLICK: Wie feiert Gerry Seoane persönlich diesen Meistertitel?
Gerry Seoane: Das weiss ich noch nicht genau. Sicher aber in einem schönen Ambiente mit Freunden und Familie. Und das zweimal: In Bern mit Staff und Freunden und in Luzern mit Familie und Freunden.
Und womit? Champagner, Rotwein oder Zigarre?
Mit allen dreien! Zuerst ein Champagner zum Anstossen. Dann ein schöner Rotwein zu einem guten Stück Fleisch. Und zum Schluss ein Absacker und eine Zigarre.
Was ist Ihr Lieblingswein?
Ein guter Ribera del Duero. Zum Beispiel ein Hacienda Monasterio.
Was war der Knackpunkt? Für
Ex-GC-Trainer Thorsten Fink wars das erste Spiel der Saison, als GC ein Penalty verweigert wurde und YB relativ glücklich gewonnen hat.
Auf YB bezogen, trifft dies nicht zu. Die Basis ist immer harte Arbeit. Und es braucht Stabilität, die oben, im Verwaltungsrat, beginnt. Die Geschäftsleitung, die das umsetzt. Und ganz wichtig: Sportchef Christoph Spycher, der das Ganze aufgebaut hat, zusammen schon mit Adi Hütter. Das ist der Knackpunkt! Dass alle am selben Strick ziehen, gepaart mit der Qualität des Kaders.
Wie wichtig war rückblickend die Quali für die Champions League mit dem Auswärtssieg in Zagreb?Es gab verschiedene Stimmen: Die Doppelbelastung könne zum Problem werden. Das haben wir anders gesehen. Wir wollten an dieser Herausforderung wachsen. Die Champions League hat uns unglaublich Schwung gegeben. Es war für alle – für Spieler, Trainer, Klub, Fans – ein Traum, gegen Manchester, Juventus und Valencia zu spielen. Das hat Energien freigesetzt, auch wenn es ein paar bittere Niederlagen gab und wir gemerkt haben, wie gross der Abstand zu den Top-Cracks immer noch ist. Doch auch das hat uns geholfen. Nicht zuletzt im Staff, indem wir uns gefragt haben, was können wir im Training noch verbessern? Das Team hat sich in der ganzen Vorrunde stetig gesteigert und sich in einen richtigen Flow gespielt. Wir hatten in der Super League bisher nur eine einzige Niederlage. Das wird es so bald wohl nicht mehr geben.
Dieses 7:1 gegen Basel und die 12 Punkte Vorsprung danach. Da war alles vorentschieden, oder?
Da hatten wir sicher einen unglaublichen Lauf, während Basel noch Mühe hatte, Tritt zu fassen. Weitergebracht hat uns aber auch die
bisher einzige Niederlage gegen
Luzern. Da haben wir gemerkt, wie wichtig es ist, bis zuletzt konzentriert zu bleiben. Symptomatisch deshalb, dass wir unsererseits danach viele Spiele in den Schlussminuten gewinnen konnten. Aber sicher: Dieses 7:1 hat uns sehr viel Selbstvertrauen gegeben, und wir konnten der Schweiz zeigen, dass wir bereit sind für die Titelverteidigung.
War es das beste Spiel der Saison?
Ich gebe den Spielen keinen Stempel. Es gibt immer gute Dinge und Sachen, die man verbessern kann. Es gab einige Leistungen, die herausragend waren: Die ersten 20 Minuten zu Hause gegen Manchester zum Beispiel, danach mussten wiraber Lehrgeld bezahlen. Die erste Hälfte gegen Thun. Das Resultat gegen Basel sticht aber sicher heraus.
YB hat ein halbes Dutzend Spiele in den Schlussminuten gewonnen: Ist das Glück, Können oder ist die Mannschaft konditionell einfach stärker?
Da spielt vieles rein. Es kann nur diejenige Mannschaft in den letzten 15 Minuten noch ein Tor schiessen, die bereit ist, grossen Aufwand in der Offensive zu betreiben. Wer das Resultat verwalten will, der schiesst in der Regel kein Tor mehr. Es ist auch eine Frage der Mentalität, dass man sich nicht zufriedengibt mit dem Unentschieden. Dann spielt die Fitness eine Rolle. Wir haben es in fast jedem Spiel geschafft, physisch bereit zu sein. Und ebenfalls wichtig: die Breite des Kaders. Wenn du einen Nsame oder einen Garcia einwechseln kannst, spricht das für die Qualität des Kaders.
Hatten Sie keine Angst, als Sie zu YB gingen? Die Fallhöhe war enorm nach dem ersten Meistertitel seit über 30 Jahren.
Damit habe ich mich nie befasst. Ich habe mich für YB entschieden, weil das Konstrukt, weil die sportliche Führung stimmt. Ich wusste, dass ich bei YB sehr gut aufgehoben bin. YB ist keine One-Man-Show, das ist Teamwork. Ich habe vom ersten Tag an grosse Rückendeckung gespürt.
Man hat das Gefühl, YB sei mit unglaublicher Leichtigkeit Meister geworden: Es gab nicht einmal eine Minikrise. Es gab keine unzufriedenen Spieler …
… auch das ist ein Verdienst des ganzen Staffs. Wir versuchen immer zu spüren, wie es dem Einzelnen, wie es der Gruppe geht. Ziel war es, nicht die Spieler bei Laune zu halten, sondern jeden Spieler weiterzubringen, auch wenn er grad nicht spielt, sondern vielleicht erst in einer Woche.
Sie wirken immer sehr beherrscht, haben Sie nie das Bedürfnis, mal richtig zu jubeln?
Es gab schon einige Momente, in denen ich gejubelt und den Emotionen freien Lauf gelassen habe. Ich bin, wie ich bin. Ich kann mich innerlich extrem freuen, aber ich zeige das nicht immer. Vielleicht auch, weil ich immer schon wieder am Analysieren bin: Was kommt als Nächstes? Für mich macht es keinen Sinn, nach zehn Minuten überschwänglich zu jubeln, wenn das Spiel noch mehr als 80 Minuten dauert.
Sie haben sich früher filmen lassen, um sich selber zu analysieren. Machen Sie das immer noch? Analysieren Sie da Ihren Torjubel?
Ich habe heute genug Leute, die mir Feedback geben (schaut zu Medienchef Albert Staudenmann). Albi ist so einer, der da kritisch mit mir ist (lacht). Nein, es war nie die Absicht, den Torjubel zu analysieren. Sondern ganz allgemein mein Verhalten, die Körpersprache. Wenn man gegen Basel das vierte, fünfte, sechste, siebte Tor schiesst, dann ist es für mich auch eine Frage des Respekts gegenüber dem Gegner, dass man ein bisschen die Fassung bewahrt.
Müssen Sie sich manchmal selber kneifen, um sicherzugehen, dass Sie nicht träumen?
Es ist schon so: Es ging alles sehr, sehr schnell. Die Berufung zum Profitrainer bei Luzern, dann der Wechsel zu YB. Ich hatte im Sommer kaum Zeit, das zu reflektieren. In Bern ging es Schlag auf Schlag: Mit Champions League und einem Spiel alle drei Tage. Da ist man im Tunnel. Ich konnte das erst in der Winterpause ein wenig sacken lassen. Es ist nicht so, dass ich mich heute kneifen muss wegen dem, was in den letzten Monaten mit mir passiert ist. Es ist vielmehr so, dass wir uns jede Woche kneifen müssen wegen der Leistungen, die unsere Spieler abliefern.
Diese Saison ist kaum mehr zu toppen: Wie setzt man sich da neue Ziele?
Wir wollen auch in den restlichen Spielen noch das Maximum herausholen. Wir können uns individuell und im Kollektiv weiter verbessern. Und wir wissen auch, dass der eine oder andere Spieler uns verlassen wird und in eine Top-Liga geht. Da müssen wir mit vielem wieder von vorne anfangen. Aber das wird eine spannende Aufgabe.
Gehen Sie auch in eine Top-Liga?
Wir haben von diesen Spekulationen auch gehört, aber Gerüchte kommentieren wir nie.
Sie haben noch zwei Jahre Vertrag …
… genau so ist es.
Es sind noch acht Runden zu spielen: Kommen nun die Ersatzspieler zum Zug? Schauen Sie, dass sich die Abwanderungswilligen nicht verletzen?
Wir werden die Situation analysieren. Wir wollen aber unserem Stil treu bleiben. Der eine oder andere, der weniger zum Spielen kam, brennt wohl noch ein bisschen mehr auf einen Einsatz als unsere Dauerläufer. Dann gibt es noch einige Spieler, die mit ihren Nationalteams im Einsatz sein werden. Darauf wollen wir auch ein bisschen Rücksicht nehmen.
Einziger Wermutstropfen ist das Aus im Cup: Das Double wäre vermutlich drin gelegen in dieser Saison, oder?
Im Cup muss man halt am Tag X seine Leistung bringen. Das ist uns im Viertelfinal gegen Luzern nicht gelungen. Das hat uns sehr geschmerzt. Daraus muss man die richtigen Schlüsse ziehen. Die Reaktion danach war dann wieder sehr gut. Und sie hat bestätigt, dass dieses Team Charakter und eine tolle Mentalität hat.
Gerry Seoane (42) wächst im Kanton Luzern auf. Seine Eltern stammen aus Galizien im Nordwesten Spaniens. Er besitzt sowohl den spanischen wie auch den Schweizerpass. Beim FCL schafft er den Sprung zu den Profis. Später spielt er auch für Sion, La Coruña, Aarau und GC. Spannend: In vier Jahren La Coruña spielt er kein einziges Mal für die Profimannschaft, kommt in der spanischen Heimat seiner Eltern nur bei den Reserven zum Einsatz. 2013 startet Seoane im FCL-Nachwuchs seine Trainerlaufbahn, im Januar 2018 übernimmt er bei den Profis. Nach nur einem halben Jahr, einem allerdings ausserordentlich guten, holt ihn YB als Nachfolger von Heilsbringer Adi Hütter, der den ersten Meistertitel seit 32 Jahren nach Bern geholt hatte. Seoane wird in all seinen drei YB-Saisons Meister, 2020 auch Cupsieger. Er qualifiziert YB erstmals für die Champions League und diese Saison für die Europa-League-Achtelfinals, indem die Berner Bayer Leverkusen eliminieren. Das imponiert Werkself-Geschäftsführer Rudi Völler derart, dass er Seoane zu seinem neuen Coach macht.
Gerry Seoane (42) wächst im Kanton Luzern auf. Seine Eltern stammen aus Galizien im Nordwesten Spaniens. Er besitzt sowohl den spanischen wie auch den Schweizerpass. Beim FCL schafft er den Sprung zu den Profis. Später spielt er auch für Sion, La Coruña, Aarau und GC. Spannend: In vier Jahren La Coruña spielt er kein einziges Mal für die Profimannschaft, kommt in der spanischen Heimat seiner Eltern nur bei den Reserven zum Einsatz. 2013 startet Seoane im FCL-Nachwuchs seine Trainerlaufbahn, im Januar 2018 übernimmt er bei den Profis. Nach nur einem halben Jahr, einem allerdings ausserordentlich guten, holt ihn YB als Nachfolger von Heilsbringer Adi Hütter, der den ersten Meistertitel seit 32 Jahren nach Bern geholt hatte. Seoane wird in all seinen drei YB-Saisons Meister, 2020 auch Cupsieger. Er qualifiziert YB erstmals für die Champions League und diese Saison für die Europa-League-Achtelfinals, indem die Berner Bayer Leverkusen eliminieren. Das imponiert Werkself-Geschäftsführer Rudi Völler derart, dass er Seoane zu seinem neuen Coach macht.
Mannschaft | SP | TD | PT | ||
---|---|---|---|---|---|
1 | FC Basel | 37 | 44 | 70 | |
2 | Servette FC | 37 | 9 | 62 | |
3 | BSC Young Boys | 37 | 11 | 60 | |
4 | FC Lugano | 37 | -3 | 53 | |
5 | FC Lausanne-Sport | 37 | 8 | 52 | |
6 | FC Luzern | 37 | 6 | 52 |
Mannschaft | SP | TD | PT | ||
---|---|---|---|---|---|
1 | FC Zürich | 37 | 0 | 53 | |
2 | FC St. Gallen | 37 | 1 | 52 | |
3 | FC Sion | 37 | -8 | 44 | |
4 | FC Winterthur | 37 | -27 | 37 | |
5 | Grasshopper Club Zürich | 37 | -12 | 36 | |
6 | Yverdon Sport FC | 37 | -29 | 36 |