Darum gehts
- FCZ-Sportchef Milos Malenovic steht in der Kritik, Entwicklung geht abwärts
- Trainerwechsel, Kaderplanung umstritten, Jugendentwicklung stagniert
- FCZ holt aktuell nur 1,08 Punkte pro Spiel, zweitschlechtester Wert seit 2015/16
«Milos raus!» So laut, so intensiv wie am Samstagabend im Letzigrund hört man Rücktrittsforderungen selten in Schweizer Fussballstadien. Doch auch wenn sich Haupt- und Südtribüne gegen Milos Malenovic (40) aussprechen: Nichts deutet darauf hin, dass FCZ-Präsident Ancillo Canepa (72) die Arbeit seines Sportchefs kritisch hinterfragen würde. Dafür zieht Blick die Bilanz zur Arbeit des Mannes, der so viel Macht im Klub hat wie vor ihm noch kein Angestellter in der Ära Canepa.
Sportliche Entwicklung
Seit Milos Malenovic am 2. Oktober 2023 offiziell als Sportchef vorgestellt worden ist, hat der FC Zürich durchschnittlich 1,35 Punkte pro Spiel gewonnen. Das reicht für gewöhnlich nicht, um nach 33 Runden unter den Top 6 zu stehen.
So schlecht wie jetzt standen die Zürcher unter Malenovic allerdings noch nie da. Im Gegenteil: In seinen ersten beiden Saisons spielte der FCZ nach zwölf Runden um die Tabellenführung. In der abgelaufenen Saison sprach Ex-Trainer Ricardo Moniz gar mehrfach vom Meistertitel.
Auffällig war jeweils der Absturz im Spätherbst und dann nach der Winterpause, beide Male von einem Kaderumbruch begleitet. Im Cup war in den letzten beiden Saisons jeweils im Viertelfinal Schluss. 2024 erreichten die Zürcher gerade noch das Minimalziel Europa-Qualiplatz, scheiterten danach aber in der Qualifikation zur Conference League.
Aktuell kann der FCZ von europäischen Plätzen oder einem Cup-Viertelfinal nur träumen. Auch wenn alle im Verein seit zwei Jahren von der positiven Entwicklung schwärmen und Goalie Yanick Brecher im Januar gegenüber Blick sagte: «Was in diesem Jahr unter Milos Malenovic im Verein passiert ist, gab es so in dieser Form noch nie. Überspitzt gesagt, werden wir jetzt erst richtig professionell.»
Punkteausbeute und die Tabellenplatzierung sprechen eine ganz andere Sprache. 1,08 Zähler holt der FCZ in der aktuellen Saison pro Spiel. Schlechter war er in den letzten zehn Saisons nur 2015/16. Damals endete das Ganze mit dem Abstieg.
Entwicklung: steil abwärts.
Trainerposten
Schon der Umgang mit seinem ersten Trainer beim FCZ war ein Hinweis auf Malenovics Machtanspruch. Bo Henriksen hatte die Zürcher vor dem Abstieg gerettet und danach an die Tabellenspitze geführt. Aber kaum war der neue Sportchef im Klub, suchte der lebenslustige Däne den Abgang.
Während das Team in der Liga vorne mitspielte, kritisierte Malenovic öffentlich den pragmatischen Fussball. Die Resultate wurden schlechter, Henriksen sprang nach Mainz in die Bundesliga ab, nachdem schon zuvor der Weggang auf Saisonende verkündet worden war.
Jetzt steht mit Dennis Hediger (39) der offiziell fünfte Trainer der Ära Malenovic an der Seitenlinie. Inoffiziell sind es sechs. Schliesslich hat Malenovic schon in der Rückrunde 2023/24 massgeblich in Training und Taktik eingegriffen. Seit der Entlassung von Mitchell van der Gaag gibt er so etwas wie den Cheftrainer auf der Tribüne. Es gilt: seine Trainings, seine Taktik, seine Aufstellung.
Mit Ricardo Moniz (61) hatte Malenovic einen Trainer mit internationaler Erfahrung, der das mit sich machen liess und gleichzeitig in der Öffentlichkeit den Kopf für die Ergebnisse hinhielt. Mit seiner impulsiven Art eckte Moniz an, doch die jungen Spieler machte er besser. Zum Dank wurde er nach der Saison verabschiedet, erfuhr gemäss eigenen Aussagen aus dem Blick von seiner Entlassung.
Ob seine Entlassung ein Fehler war? Klar ist, dass Moniz in der Kabine an Autorität verloren hatte, weil der Einfluss des Sportchefs auf seine Arbeit dermassen offensichtlich war.
Mit Mitchell van der Gaag folgte gleich in mehrfacher Hinsicht ein Fehlgriff: Der Holländer fand einerseits keinen Zugang zu seinen Spielern. Andererseits verteidigte er seinen Arbeitsplatz gegen Malenovics Einflussnahme. Kein Wunder, konnte er sich nicht länger als elf Pflichtspiele halten – peinliches Cup-Out gegen Stade Nyonnais inklusive.
Das Projekt Hediger/Malenovic scheint nach drei Niederlagen in Folge bereits verbrannt zu sein. Doch welcher Trainer tut sich diesen Posten überhaupt an? Der FCZ sucht einen Hampelmann mit der nötigen Trainerlizenz. Nicht eben die attraktivste Stellenbeschreibung.
Entwicklung: abwärts.
Kaderplanung
Es werde etwas dauern, bis seine Handschrift sichtbar sei, erklärte Malenovic vor einem Jahr im Blick-Podcast FORZA!. Nun sind seit seiner offiziellen Vorstellung als Sportchef drei Winter- und zwei Sommertransferfenster durch. Und die Bilanz des einstigen Top-Spieleragenten ist ernüchternd.
Klar, er hat vermutlich ursprünglich mit höheren Transferbudgets gerechnet. Die wurden ihm verwehrt, weil der FCZ die europäischen Wettbewerbe zweimal in Serie verpasst hat. Als Fazit bleibt trotzdem: Deutlich mehr Leistungsträger haben den Klub verlassen als gekommen sind.
Mit Mirlind Kryeziu und Antonio Marchesano hat er den Abgang von zwei Identifikationsfiguren in Kauf genommen, wenn nicht sogar lanciert. Im vergangenen Winter vollzog er mitten in der Saison einen Umbruch, um im Sommer gleich nochmals einen nachzulegen. Mit der höchst umstrittenen Verpflichtung von Benjamin Mendy (31) hat er den FCZ nicht nur in ein PR-Desaster gestürzt, sondern sich auch in der Geschichte der grössten Schweizer Transferflops verewigt.
Lang ist die Liste der Spieler, die den Klub unter merkwürdigen Zwischengeräuschen verlassen haben. Beispielhaft der Fall von Nikola Katic (29): Im letzten Winter ging er lieber leihweise zum designierten Championship-Absteiger Plymouth Argyle, als in Zürich zu bleiben. Derzeit sorgt er bei Schalke 04 als Abwehrchef für Furore. Als Ersatz wurde Sicherheitsrisiko Jorge Segura (28) aus Bulgarien geholt.
Noch bedenklicher: «Weiche» Eigenschaften wie Empathie, Charakter oder Klub-Identifikation scheinen auf Malenovics Kaderplanung nicht den geringsten Einfluss zu haben. Stattdessen geht es um Laufdaten, Sprintstärke oder sonstige Zahlen. Ob all diese Daten-Spieler auch als Gruppe funktionieren? Offensichtlich Nebensache beim FC Malenovic.
Auch der Coup mit der Verpflichtung von GC-Bueb Steven Zuber (34), der sechsmonatige Flirt mit Jean-Philippe Gbamin (30) und die Entdeckung von Flügel Jahnoah Markelo (22) können den Gesamteindruck nicht retten.
Entwicklung: abwärts.
Jugendentwicklung
Wie eine Abrissbirne ist Malenovic vor zwei Jahren in der Jugendabteilung vorgegangen. Langjährige und verdiente Mitarbeiter oder Ex-Spieler mussten ihre Sachen packen. Malenovic wollte die Red-Bull-Philosophie in die U-Mannschaften integrieren. Installierte mit Moniz und Sascha Milicevic (49) zwei mit RB-Erfahrung. Alle Teams liefen fortan mit derselben Taktik auf, die Intensität wurde massiv erhöht. Teenager innert kurzer Zeit in Richtung U21 oder gar 1. Mannschaft hochgezogen.
Das Ergebnis? Die U-Teams haben zu kämpfen, da Spieler in den Stufen hin und her geschoben werden und sich teilweise nicht als Team einspielen können. Die U21 ist zuletzt unter dem aktuell zum Interims-Cheftrainer der Profis beförderten Hediger fast aus der Promotion League abgestiegen. Eltern berichten von fragwürdiger Belastungssteuerung.
Regelmässige Beobachter sind irritiert, weil bei 11- bis 13-Jährigen hauptsächlich auf Physis und Profil geachtet werde – und weniger auf Talent. Ohne Zweifel hat der FCZ aber auch diverse vielversprechende Talente, denen der Sprung in die Super League zugetraut werden kann. In den U-Nationalmannschaften sind die Zürcher in jeder Klasse vertreten.
Dass Malenovic ein Auge für Talent hat, zeigte er nicht nur als Agent, sondern auch beim FCZ. Etwa als er an Daniel Denoon (21) festhielt, als ihn viele nicht mehr im Klub wollten. Als er Junior Ligue vom Stürmer zum Verteidiger umgewandelt hat oder frühzeitig auf Einsätze des jungen Cheveyo Tsawa (18) pochte.
Umso erstaunlicher, dass auch diese Entwicklung stagniert. Tsawa verlor einst über Wochen aus keinem ersichtlichen Grund seinen Stammplatz, dem hauseigenen Talent Neil Volken (18) wurde der 34-jährige Milan Rodic vor die Nase gesetzt, und Junior Ligue (20) ist seit einem Disput mit Malenovic, der zufällig praktisch zeitgleich mit dessen Wechsel von Malenoivcs alter Agentur zu einem anderen Berater stattgefunden hat, nicht mehr auf dem gleichen Leistungsniveau.
Entwicklung: stagnierend.
Mannschaft | SP | TD | PT | ||
|---|---|---|---|---|---|
1 | 12 | 11 | 28 | ||
2 | 12 | 7 | 22 | ||
3 | 11 | 12 | 21 | ||
4 | 12 | -1 | 19 | ||
5 | 12 | 3 | 18 | ||
6 | 12 | 5 | 17 | ||
7 | 11 | -1 | 16 | ||
8 | 12 | 4 | 15 | ||
9 | 12 | -4 | 14 | ||
10 | 12 | -7 | 13 | ||
11 | 12 | -10 | 10 | ||
12 | 12 | -19 | 6 |




