Darum gehts
- Mitchell van der Gaag nach elf Spielen entlassen. Mannschaft verlor Vertrauen
- Trainer konnte Potenzial der Mannschaft nicht ausschöpfen und Junge nicht fördern
- Vierter Trainerwechsel innerhalb von knapp zwei Jahren unter Sportchef Malenovic
Herr Canepa, im Sommer haben Sie von Mitchell van der Gaag in höchsten Tönen geschwärmt, nach nur elf Spielen entziehen Sie dem holländischen Hoffnungsträger das Vertrauen bereits wieder.
Ancillo Canepa: Der Cheftrainer hatte am Montag mit dem Team eine Aussprache. Aus Sicht der Spieler verlief sie nicht optimal. Wir wurden danach von Vertretern der Mannschaft darüber orientiert, dass der Coach die Equipe nach besagtem Gespräch verloren habe. In einer solch delikaten Situation hat man keinen grossen Handlungsspielraum mehr.
Sie sind eigentlich nicht dafür bekannt, einen Coach beim ersten Windstoss fallen zu lassen.
Das ist so. Aber jede Situation muss man individuell betrachten. Unter diesem Aspekt haben wir keine Chance gesehen, die Zusammenarbeit fortzusetzen.
Sind Sie vom Besuch der Team-Abgesandten in Ihrem Büro überrascht worden?
Zu hundert Prozent überrascht war ich nicht.
Weshalb nicht?
Wir haben nach der Zeit mit Ricardo Moniz bewusst einen Trainer gesucht, der eine gewisse Ruhe in die Organisation bringen sollte. Mitchell war dann tatsächlich der ruhige Part, der primär auf die Vermittlung von Spielprinzipien setzte und vielleicht zu wenig auch das Mittel «Motivation» einsetzte.
Das Team hat ohne Sportchef mit dem Trainer gesprochen?
Richtig. Ich will hier nicht in die internen Details gehen, nur so viel: Die Mannschaft hat nach der Aussprache den Glauben verloren, zusammen den nächsten fussballerischen Schritt machen zu können.
Im Juni sagten Sie über van der Gaags Präsentation im Job-Interview folgenden Satz: «Das habe ich in dieser Qualität in 20 Jahren noch nie erlebt.» Wie gross ist die Enttäuschung, sich so geirrt zu haben?
Klar war er zuletzt bei Ajax und bei Manchester als Assistent tätig und in einer anderen Rolle. Aber am Ende stimmten das Profil unserer Mannschaft und das Profil des Trainers nicht überein.
Hätten Sie das nicht vorhersehen können?
Das kann man im Nachhinein immer locker sagen. Solche personellen Missverständnisse passieren nicht nur im Sport, sondern auch in der Privatwirtschaft. Inhaltlich waren die Spielprinzipien beeindruckend, aber die Umsetzung funktionierte in der Realität nicht so, wie wir uns das alle erhofft hatten.
Innerhalb der knapp zweijährigen Malenovic-Ära kommt es zum vierten Wechsel auf der Trainerposition. Das kann Ihnen nicht gefallen.
Wir hatten in den letzten drei Jahren auch Wechsel, weil die Trainer Angebote hatten. André Breitenreiter und Bo Henriksen konnten in die Bundesliga wechseln, da wir ihnen keine Steine in den Weg legen wollten. Foda mussten wir sehr kurzfristig verpflichten, er war zuvor Nationaltrainer und arbeitete mit einem anderen Rhythmus, als wir uns das vorgestellt haben. Moniz hatten wir als Nachwuchsentwickler verpflichtet. Durch den Weggang von Bo Henriksen erhielt er die Chance, das Amt als Cheftrainer zu übernehmen.
Die Beziehung zwischen Sportchef Milos Malenovic und dem Coach soll sich markant abgekühlt haben.
Milos und Mitchell haben sich ausgesprochen und die Zuständigkeiten definiert. Allerdings ist meiner Meinung nach «Gärtchendenken» meistens nicht zielführend. Ich erwarte grundsätzlich eine konstruktive und offene Zusammenarbeit.
Ist die abrupte Trennung von Mitchell van der Gaag für Milos Malenovic eine schwere Niederlage?
Wir gewinnen miteinander, wir verlieren miteinander. Bei der Trainerauswahl hat Milos nie allein entschieden. Heliane, ich und Milos haben Mitchell im Sommer gemeinsam getroffen. Unsere gemeinsame Idee war, mit diesem Trainer einen spektakulären und nach vorne orientierten Fussball umzusetzen. Wir haben ja die Spieler dazu, so wurde auch das Kader zusammengesetzt. Nicht zu sprechen von den zahlreichen jungen Top-Talenten, die wir schrittweise in die erste Mannschaft integrieren wollen. Es funktionierte nicht wie gewünscht, die Vision der Klubleitung konnte nicht umgesetzt werden. Auch deshalb haben wir gehandelt.
Malenovic kontrolliert den ganzen Sportbereich. Diese Freistellung wird bei den Fans primär auf ihn zurückfallen. Steht auch er zur Debatte?
Wir wollten einen Sportchef, der mit Energie und auch Mut den von uns beschlossenen Veränderungsprozess zielorientiert umsetzt. Diesbezüglich hat Milos schon sehr viel geleistet, was im Moment von aussen nicht wahrgenommen wird. Und wie erwähnt haben wir die Verpflichtung von Mitchell van der Gaag gemeinsam beschlossen. Wir pflegen ein vertrauensvolles Verhältnis, in welchem es auch Platz für gegenseitige Kritik und Diskussionen hat.
