So erlebten die Ex-Profis die Schneefussball-WM in Arosa
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«Es war hart»:So erlebten die Ex-Profis die Schneefussball-WM in Arosa

Seine Frau hat ihn gerettet
Fussball-Ikone Toni Polster ist dem «Tod von der Schippe gesprungen»

Österreichs Rekordtorschütze Toni Polster sagt, warum Männer früher zum Arzt gehen sollten, statt die harten Kerle zu markieren. Und er verrät, dass er einst fast beim FCZ gelandet wäre.
Publiziert: 06.03.2025 um 11:56 Uhr
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Aktualisiert: 11.03.2025 um 08:59 Uhr
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Vor einem Jahr wäre Österreich-Ikone Toni Polster fast gestorben.
Foto: STEFAN BOHRER

Darum gehts

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Stefan KreisReporter Fussball

Toni Polster (60) wird ewig leben. Weil er in seiner grossen Karriere fast 400 Tore erzielte. Und weil er immer einen flotten Spruch auf den Lippen hatte. Als er Österreichs Rekordtorschütze wird, meint ein Reporter zu ihm: «Jetzt sind Sie ein Denkmal.» Darauf Polster: «Ich will kein Denkmal sein, auf Denkmäler scheissen die Tauben.» Als er kurz vor der Wende mit Österreich auf die DDR trifft, wird er vor dem Spiel gefragt, wie man gegen diesen Gegner treffe. Polsters Antwort: «Mit Freistössen. Die haben ja keine Mauer mehr.» Und als er auf seine Popularität beim 1. FC Köln angesprochen wird, antwortet der Wiener mit seinem für ihn typischen Schmäh: «Wenn ich im Hochsommer nicht aufpasse, dann krieg’ ich vor lauter Grüssen und Winken unter den Achseln einen Sonnenbrand.»

Nun, fast drei Jahrzehnte nach diesen legendären Sprüchen, sitzt Polster anlässlich der alljährlichen Schnee-WM in der Hotellobby des Grand Hotel Tschuggen in Arosa. Und sein Witz ist nach wie vor spürbar. Darauf angesprochen, ob er hier in der Schweiz oft erkannt werde, antwortet Polster: «Wenn der FCZ mich damals verpflichtet hätte, würde mich hier in der Schweiz jeder grüssen und kennen, weil ich den Erfolg nach Zürich gebracht hätte.» Im Sommer 2015 trifft sich Polster mit Ancillo Canepa, am Ende aber macht Sami Hyppiä das Rennen.

Schade sei das, so Polster. Aber nicht zu ändern. Seit 2011 trainiert er die SC Wiener Viktoria. Ein Herzensprojekt. Weil der Klub gut fünfzig Nationen vereint, den Mitgliedern Sprachkurse anbietet und Obdachlosen ein Dach über dem Kopf bietet. «Vor ein paar Jahren ist einer bei uns im Wiener Stadtteil Meiding erfroren, und wir haben uns bei der Viktoria geschworen, dass das nie mehr passieren darf. Drum dürfen die Obdachlosen im Vereinsheim übernachten», sagt Polster.

Dem Tod von der Schippe gesprungen

Beim Thema Verlust wird der sonst so lebenslustige Wiener plötzlich ernst. Weil er im Dezember vor einem Jahr einen Magendurchbruch erlitten hat. Oder um es mit Polster zu sagen: «Ich bin dem Tod von der Schippe gesprungen.» Er habe plötzlich Bauchschmerzen bekommen, dann aber gedacht, diese seien aufgrund einer Corona-Infektion entstanden. «Ich habe meine Frau gefragt, ob sie auch Bauchschmerzen hat, und als sie bejahte, habe ich mir keine Gedanken mehr gemacht. Es ist eine Männerkrankheit, dass wir nicht gleich sofort ins Spital rennen, wenns ein bisschen wehtut», sagt Polster. Zum Glück sei er dann aber – auf Drängen seiner Ehefrau Birgit – doch gefahren. «Wäre ich zu Hause geblieben, hätte ich die Nacht nicht überlebt.»

Das Schlimme an einem Magendurchbruch sei, dass man es nicht kommen sehe, so Polster. «Du kippst nicht einfach um.» Umso wichtiger sei es, dass man sich frühzeitig ärztliche Hilfe hole, so der 60-Jährige.

Etwas mehr als ein Jahr ist seither vergangen. Und die Unbeschwertheit ist bei Polster ein bisschen verloren gegangen. Haute der Spassmacher früher einen Spruch nach dem anderen raus, wirkt der 60-Jährige nachdenklicher. Auf die Frage, ob er nach diesem Vorfall bewusster lebe, antwortet Polster: «Geniessen und das Leben leben. Eine andere Wahl bleibt dir nicht.» Darauf angesprochen, dass er aufgrund seiner grossen Karriere unsterblich sei, sagt die Ikone. «Ich weiss nicht, ob das so ist. Aber ein paar Rekorde werden bleiben.»

Polster legt sich mit allen an

Wie wichtig ihm diese Bestmarken sind, zeigt der Fakt, dass er sich mit dem österreichischen Fussball Bund (ÖFB) vor Gericht um seine Rekordmarke zoffte. Der ÖFB vertritt die Ansicht, Polster habe in 95 Spielen 44 Tore erzielt. Der Ex-Stürmer sagt, er habe drei Länderspiele und drei Treffer mehr auf dem Konto.

Das stimmt zwar, die erwähnten Spiele aber hatten keinen offiziellen Charakter, deshalb werden sie vom Verband nicht gezählt. Vor einem Jahr wurde Polsters Klage erstinstanzlich abgewiesen, der 60-Jährige aber will weiterkämpfen.

Auch mit seinem Stammklub Austria Wien, mit dem er dreimal hintereinander Meister wurde und eine lebende Legende ist, hatte sich Polster verkracht. Phasenweise wurde gar ein Stadionverbot ausgesprochen, weil er sich mit dem damaligen Investor Frank Stronach überworfen hatte. Dieser Fall landet ebenfalls vor Gericht, Polster bekommt recht.

Auch in Spanien bei Logrones legt er sich mit dem Präsidenten an, einzig aus seiner Zeit beim 1. FC Köln sind keine ernsthaften Streitereien überliefert. Weil der lebenslustige Wiener perfekt in die lebenslustige Stadt am Rhein passt. Unvergessen, wie «die Fabulösen Thekenschlampen», eine lokale Band, mit ihrem Lied «Toni, lass es polstern» die Hitparade stürmten. Polster selbst lässt es sich nicht nehmen und tritt als Sänger auf. Auch nach der Karriere lebt er sich musikalisch aus, tritt im Musikantenstadl auf, verdient mit der Musik gutes Geld. Weil er aber fürchtet, als Trainer nicht mehr ernst genommen zu werden, hängt er das Mikrofon an den Nagel.

Hätte Polster den FCZ gerettet?

Aus der grossen Karriere an der Seitenlinie aber wird trotzdem nichts. Ein Intermezzo bei Admira Wacker Mödling endet bereits nach vier Spielen. Seit 14 Jahren steht er bei der Viktoria an der Seitenlinie. 2015 zeigt der FCZ Interesse, Ancillo Canepa aber entscheidet sich für Sami Hyppiä.

Der ist hauptverantwortlich dafür, dass die Zürcher am Ende der Saison absteigen. Obs mit Polster besser gelaufen wäre? Unterhaltsamer wärs auf jeden Fall gewesen.

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