Darum gehts
- VfL Bochum steigt ab, Fans feiern trotzdem mit Heimatliebe und Vereinstreue
- Trainer Dieter Hecking bleibt trotz Abstieg, Neuaufbau der Mannschaft geplant
- Bochum steigt zum siebten Mal in der Vereinsgeschichte aus 1. Bundesliga ab
Die Hoffnung war schon klein vor dem Spiel gegen Mainz. Der Abstieg war zwar noch nicht mathematisch sicher, aber höchstwahrscheinlich. Was die Fans mit einem Gefühl des Abschiednehmens ans Spiel reisen liess – Abschied vom Oberhaus, von der ersten Bundesliga. Dort, wo Bochum das Kunststück fertiggebracht hatte, den Bayern eine ihrer zwei Saisonniederlagen beizubringen – die einzige in der Allianz-Arena. Und dennoch abzusteigen … zum siebten Mal in der Vereinsgeschichte. Nur Nürnberg und Bielefeld sind öfter abgestiegen. Routine also, müsste man meinen. Doch in Bochum ist nichts Routine.
Heimatliebe, Vereinstreue, Realitätssinn
«Heute ist einer der Momente, der nicht in Erinnerung bleiben wird.» Mit diesen Worten verabschiedet sich der scheidende Captain Anthony Losilla (39) unter Tränen von den Fans. Und er irrt. Genau dieser Moment bleibt in Erinnerung. Denn es ist keine Trauerfeier. Vielmehr ist es «eine Abstiegsfeier, eine gute Portion Realitätssinn und ein riesiges Quantum Vereinsliebe. Die VfL-Fans bleiben erstklassig», so Claudia Neumann im «Aktuellen Sportstudio» des ZDF. Und weiter: «Heimatliebe, Vereinstreue und eine bemerkenswerte Abstiegsbegleitung – Fanverhalten vom Feinsten.» Und im Hintergrund läuft – wie könnte es anders sein – Herbert Grönemeyers Liebeshymne «Bochum».
Ein Anachronismus in der Schicki-Micki-Milliarden-Scheinwelt
Anstatt Verantwortliche oder Spieler mit Schmähplakaten zu erniedrigen, anstatt Böller anzuzünden und den Spielern an die Gurgel zu wollen, werden diese und Abstiegstrainer Dieter Hecking gefeiert. Bochum ist einmalig in der hochgezüchteten Schicki-Micki-Scheinwelt des Milliarden-Business namens Fussball im 21. Jahrhundert. «Bochum hat in der Stunde des Abstiegs gezeigt, dass Klasse unabhängig von der Liga ist», schreibt Axel Hesse im Kommentar in der «SportBild». «Am Samstag hat Bochum den erstklassigsten Abstieg aller Zeiten geliefert.»
Hecking selber sagt mit brüchiger Stimme zu den Fans: «Châpeau!» Und weiter: «Wir haben es leider nicht gelöst. Dafür entschuldige ich mich. Wir werden alles tun, um das zu reparieren.» Doch: Wie geht es nun weiter in Bochum? Sicher ist: mit dem Schweizer Geschäftsführer Ilja Kaenzig. Er hatte seinen Vertrag bereits vor bald einem Jahr bis 2029 verlängert. Im Gespräch mit Blick gibt er Auskunft über Bochums Zukunft.
Blick: Ilja Kaenzig, wie haben Sie am Samstag den Abschied aus dem Oberhaus erlebt? Von aussen gesehen, war das extrem emotional.
Ilja Kaenzig: Das war es auch. Über diesem Verein schwebt eben ein guter Stern. Sportlich hat er uns zwar nicht geholfen. Aber mit diesen Emotionen und diesen Gefühlen starten wir nicht mit minus zehn in die zweite Liga, sondern mit plus fünf. Das ist ein einmaliges Geschenk! Wir stehen in der Pflicht, aus dieser Steilvorlage XXL etwas zu machen. Wir profitieren nun davon, dass wir immer alle mitgenommen haben und den Fans stets auf Augenhöhe begegnet sind.
An der Position, dass Sie mit Abstiegstrainer Dieter Hecking in die zweite Liga gehen, hat sich nichts geändert, nehme ich an.
Nein. Wir sind extrem froh, dass Hecking vor zwei Wochen das Commitment abgegeben hat, nicht nur im Fall des Ligaerhalts zu bleiben. Dass ihn Bochum emotional derart berührt hat, dass er gesagt hat: «Das kann es noch nicht gewesen sein hier!» Wir müssen nun eine total neue Mannschaft aufbauen. Da ist es zentral, wenn man das mit einem so erfahrenen Mann machen kann. Das ist, wie wenn wir den ersten Top-Transfer schon getätigt hätten.
Der Punkteschnitt von Hecking ist exakt derselbe wie jener von Heidenheims Frank Schmidt – also okay. Heidenheim muss ja wohl in die Relegation. Unter dem Strich hat also die Geschäftsführung den Abstieg mit der falschen Trainerwahl von Peter Zeidler zu verantworten, der ja den desaströsen Saisonstart mit einem Punkt aus sieben Spielen verursacht hat.
Die Trainerwahl haben wir getroffen und Peter Zeidler ins Feuer geschickt. Es war eine Mission Impossible für ihn, der ohne Bundesligaerfahrung war. Und dann war irgendwann die Hypothek aus dem schlechten Saisonstart zu gross. Durch diese gingen uns allmählich die Spiele aus, und der Druck, praktisch jedes Spiel gewinnen zu müssen, hat das Team komplett gelähmt.
Das Ziel in der zweiten Bundesliga? Sofortiger Wiederaufstieg?
Moment, Moment. Das kann derzeit niemand so formulieren. Solch eine Grossspurigkeit würde auch nicht zum VfL passen. Klar ist: Wir wollen sicher ambitioniert bleiben.
Der HSV, der doch noch eine Nummer grösser ist als Bochum, hat acht Jahre gebraucht, um wieder erstklassig zu werden. Schweben solche langen Perioden im Fegefeuer zweite Liga in den Köpfen irgendwo mit?
Das habe ich von vielen Leuten gleich nach dem Abstieg gehört. Sie fragten: Müssen wir nun wieder viele Jahre auf die erste Liga warten. Niemand kann einen sofortigen Wiederaufstieg garantieren. Aber genauso wenig gibt es eine ungeschriebene Regel, dass man nach einem Abstieg einige Jahre Busse tun muss im Unterhaus. Es steigt am Ende jener Klub auf, der den besten Job macht und dabei viel Glück des Tüchtigen hat.
Mannschaft | SP | TD | PT | ||
---|---|---|---|---|---|
1 | Bayern München | 33 | 63 | 79 | |
2 | Bayer Leverkusen | 33 | 29 | 68 | |
3 | Eintracht Frankfurt | 33 | 20 | 57 | |
4 | SC Freiburg | 33 | -2 | 55 | |
5 | Borussia Dortmund | 33 | 17 | 54 | |
6 | FSV Mainz | 33 | 12 | 51 | |
7 | RB Leipzig | 33 | 6 | 51 | |
8 | Werder Bremen | 33 | -6 | 48 | |
9 | VfB Stuttgart | 33 | 10 | 47 | |
10 | Borussia Mönchengladbach | 33 | -1 | 45 | |
11 | FC Augsburg | 33 | -15 | 43 | |
12 | VfL Wolfsburg | 33 | 1 | 40 | |
13 | Union Berlin | 33 | -17 | 37 | |
14 | FC St. Pauli | 33 | -11 | 32 | |
15 | TSG Hoffenheim | 33 | -18 | 32 | |
16 | 1. FC Heidenheim 1846 | 33 | -24 | 29 | |
17 | Holstein Kiel | 33 | -28 | 25 | |
18 | VfL Bochum | 33 | -36 | 22 |