Darum gehts
In Langnau kennt man sich. Und man kennt sie – auch wenn niemand grosses Aufheben darum macht. Lia Wälti (31), Captain der Schweizer Nati, Champions-League-Siegerin, internationaler Fussball-Star in Diensten von Arsenal London. Aber hier im Emmental ist sie einfach Lia. Ein Mädchen aus dem Dorf, Tochter von Monika Wälti und Andreas Aebi.
Und doch ist in diesen Tagen alles ein wenig anders. Auch Langnau ist im EM-Fieber – und drückt natürlich der berühmten Tochter des Ortes ganz besonders die Daumen. Als sich Blick am Tag des Spiels gegen Finnland im Dorf umhört, zeigt sich überall das gleiche Bild: Jeder kennt sie, jeder hat eine Anekdote zu erzählen. Und keiner macht ein grosses Theater darum. Diese Mischung aus Stolz und Zurückhaltung – typisch Emmental.
Im Zentrum: «Lias Vater hat unglaublich viel für den Fussball gemacht»
Im Café Käptn Holger direkt beim Bahnhof läuft später am Abend das Nati-Spiel auf dem TV-Bildschirm. Hinter der Theke: Barchef Jan Wolter (35), lässig, mit Kaffeetasse in der Hand. «Die Monika, Lias Mutter, kommt oft vorbei – immer mit einem Lächeln», sagt er. Und bei Lias Vater Andreas erinnert er sich: «Der war bei jedem Fussballanlass dabei. Ich erinnere mich an ein Abschlussspiel an der Schule – er war ehrgeiziger als die Schüler.»
Im Garten der Familie gabs Feste. Der Vater? Immer mittendrin. «Er hat unglaublich viel für den Frauenfussball gemacht – ohne Lärm, aber mit Herz.» Obs bald einen «Lia Wälti»-Drink im Café gibt? Jan lacht. «Vielleicht, wenn sie in den Halbfinal kommen!»
Auf dem Fussballplatz: «Sie war schon da, bevor der Ball kam»
Ein paar Minuten vom Zentrum entfernt liegt der Fussballplatz des FC Langnau, gleich beim neuen Klubhaus. Auf der kleinen Tribüne sitzt Beat Röthlisberger (69), verschmitztes Lächeln, sommerlicher Anzug, ruhiger Blick. 20 Jahre lang war er Trainer hier – und einer der Väter des Frauenfussballs in Langnau.
«Ich hatte Lia in den D- und C-Junioren. Aber eigentlich gehts nicht nur um sie. Wir hatten damals eine Gruppe von Mädchen, die einfach alles gegeben hat. Und Lia war mittendrin.»
Und dann erzählt er von damaligen Erlebnissen an Spieltagen: «Die besten Mädchen spielten bei mir in den Jungsmannschaften gegen andere Teams. Und vor Spielbeginn – da lachten die gegnerischen Jungs noch. Sprüche, Gekicher, ihr wisst schon. Und dann? Halbzeit. Einfach: Ruhe. Weil sie gemerkt haben, was unsere Frauen drauf haben.»
Lia war keine, die rumschrie. Sie war präsent, schnell und klug. «Sie war schon da, bevor der Ball kam», sagt Röthlisberger. «Schon damals ein umsichtiger, zweikampfstarker Sechser mit Köpfchen.»
Der Anstoss für den Frauenfussball in Langnau? «Ein paar Mädchen kamen nach einem Schülerturnier zu uns. Sie wollten im Verein spielen. Wir sagten: Findet 20 Mitspielerinnen – dann reden wir weiter. Zwei Monate später kam eine Liste. Voll.»
Und heute? Röthlisberger schwärmt: «Captain der Nati – Wahnsinn. Aber es ist mehr als das. Es geht um all die Frauen, die mit ihr gegangen sind. Und das berührt mich.»
Lia Wälti wird am 19. April 1993 in Langnau im Emmental geboren. Durch ihren Vater kommt sie schon früh mit dem Fussball in Berührung. 2007 wird sie im Ausbildungszentrum Huttwil aufgenommen, zwei Jahre später wechselt sie zu YB, wo sie 2011 Schweizer Meisterin wird. 2013 folgt der Schritt ins Ausland zu Turbine Potsdam, 2018 wechselt sie nach London zu Arsenal. Seit 2011 spielt Wälti für die Nati (127 Länderspiele) und nahm mit ihr an je zwei Welt- und Europameisterschaften teil, seit 2019 ist sie Captain. Wälti absolvierte eine kaufmännische Lehre, momentan absolviert sie einen Bachelor-Studiengang in Betriebsökonomie und Sportmanagement. Mit ihrer Schwester Meret (30) hat sie das Kinderbuch «Lia am Ball» geschrieben, das Ende April erschienen ist.
Lia Wälti wird am 19. April 1993 in Langnau im Emmental geboren. Durch ihren Vater kommt sie schon früh mit dem Fussball in Berührung. 2007 wird sie im Ausbildungszentrum Huttwil aufgenommen, zwei Jahre später wechselt sie zu YB, wo sie 2011 Schweizer Meisterin wird. 2013 folgt der Schritt ins Ausland zu Turbine Potsdam, 2018 wechselt sie nach London zu Arsenal. Seit 2011 spielt Wälti für die Nati (127 Länderspiele) und nahm mit ihr an je zwei Welt- und Europameisterschaften teil, seit 2019 ist sie Captain. Wälti absolvierte eine kaufmännische Lehre, momentan absolviert sie einen Bachelor-Studiengang in Betriebsökonomie und Sportmanagement. Mit ihrer Schwester Meret (30) hat sie das Kinderbuch «Lia am Ball» geschrieben, das Ende April erschienen ist.
In der Badi: «Die Mädels sagten, was läuft»
Später Nachmittag, Schattenplatz in der Badi, Vorbereitungen fürs Public Viewing. Till Brand (31), Leiter des Restaurants, sitzt entspannt auf der Lounge. Er und Lia? Eine Kindheit wie aus dem Bilderbuch.
«Wir haben im gleichen Haus gewohnt. Ich oben, sie unten. Jeden Tag draussen.» Im Winter plätteten sie mit Skiern den Schnee im Garten, Lias Vater wässerte die Fläche. «So entstand unsere eigene Eisbahn – Eishockey, Wettrennen, einfach alles.»
Nur beim Fussball konnte Brand nicht mithalten? «Es kam schon vor, dass wir gespielt haben. Aber ehrlich: Ich war nicht der Fussballer – und die drei Mädels haben sowieso gesagt, was läuft.»
Dienstags war Till bei den Wältis zum Mittagessen. «Es gab immer Rosenkohl – ich mochte ihn nie. Aber ich habs gegessen, einfach weil es dazugehört hat.» Dann erzählt er von langen Sommerabenden im Garten, ausgedachten Spielen – und Ferien in Frankreich. «Da haben wir ständig irgendwelche Wettbewerbe gemacht – Familienduelle oder Wettrennen. Alles ein bisschen verrückt.»
Heute hängt ein Originaltrikot von Lia in Brands Restaurant. «Es ist schon schräg. Du wächst mit ihr auf – und plötzlich spielt sie Champions League. Aber hier im Emmental posaunt das niemand raus. Man trägt den Stolz still.»
22.49 Uhr – und dann brennt die Hütte
Die Wiese in der Badi füllt sich langsam, der Sonnenuntergang taucht alles in warmes Licht. Picknickdecken liegen aus, Kinder tragen Nati-Trikots. Die Schweiz spielt – und ganz Langnau schaut gebannt zu.
Erst Zittern, dann Leiden – und dann, in der 92. Minute, Reuteler schiesst, Xhemaili trifft. Tor! Viertelfinal. Die Wiese explodiert vor Freude. Kinder rennen jubelnd umher, Rentner klatschen begeistert, Menschen fallen sich um den Hals. Pure Emotionen.
Und mittendrin in der Jubeltraube auf dem Bildschirm: Lia, das Mädchen aus dem Dorf. Eine, die einfach dazugehört.
Langnau, Lia – und das grosse Staunen im Kleinen
Spätabends gehen wir durchs dunkle Dorf zurück. Aus Fenstern flackert Licht. Irgendwo bellt ein Hund. Und über allem liegt dieser stille Stolz.
Lia Wälti? Die kennt hier jeder. Aber keiner macht viel Wind. Vielleicht ist genau das der Grund, warum sie so weit gekommen ist. Weil sie weiss, woher sie kommt. Und weil alle hier wissen, dass sie immer noch dazugehört.
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