Bänz Friedli über FCZ-Ikone Fabienne Humm
Schwein gehabt dank eines Huhns

Im Schweizer Cup der Frauen stehen die Achtelfinals an. Mit einer Überraschung? Rekordfrau Fabienne Humm erinnert sich an die bitterste Niederlage und einen süssen Sieg.
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Bänz Friedli schreibt für Blick über den Frauen-Cup – diesmal über Fabienne Humm, eine der ikonischsten Cupspielerinnen.
Foto: Keystone
Bänz Friedli

Sie ist eine Rekordfrau ihres Sports – und doch wird Fabienne Humm nicht müde zu betonen, Fussball sei für sie «stets nur ein Hobby» gewesen. Verrückt. Zehnfache Schweizer Meisterin ist die bald 39-Jährige, siebenfache Cupsiegerin, fünffache Torschützenkönigin der Liga.

Mit ihrem Tor gegen Wales in der Nachspielzeit schoss sie die Schweizerinnen an die WM-Endrunde 2023. Und sie hält den schnellsten Hattrick der WM-Geschichte, erzielt 2015 in Vancouver gegen Ecuador binnen weniger als fünf Minuten. Die drei Tore, eines mit links, eines mit rechts, eins mit dem Kopf, trugen ihr den Spitznamen «Bumm-Bumm-Humm» ein und gingen unter dem Hashtag #hummbelievable viral.

Neunmal stand die Torschützin vom Dienst in einem Cupfinal, nur zwei davon konnte sie nicht gewinnen. «Ach, Rekorde sind mir nicht so wichtig. Sondern, dass wir als Team Ziele erreicht haben», sagt sie dazu nur. Und wer Fabienne Humm kennt, weiss: Es ist keine Floskel. Sie ist tatsächlich so bescheiden.

Aufsehen um ihre Person ist ihr eher unangenehm. Und sie ist die treuste Spielerin, die man sich vorstellen kann. Nicht nur dem FC Zürich blieb sie ewig treu, auch der Firma in Gebenstorf AG, in der sie 2003 eine Lehre als Logistik-Kauffrau absolviert hat. Während der ganzen Karriere hat die gebürtige Aargauerin voll gearbeitet, sie opferte sämtliche Ferien für Reisen mit dem Nationalteam.

Auf einmal war das Glücks-Huhn verschwunden ...

Cupfinal? Humm gerät ins Schwärmen. «Nur schon, weil wir einmal im Jahr besondere Trikots mit goldenen Nummern und der aufgedruckten Begegnung erhielten, war der Cupfinal speziell für uns.» 2016 waren diese Trikots pinkfarben.

Dieses Huhn sollte den FCZ-Frauen im Cup 2016 Glück bringen – bis es verschwand.

Und ein Huhn sollte Glück bringen: «Für eine Champions-League-Reise hatten wir einen Kürbis als Glücksbringer», erzählt Humm. «Weil der dann aber faul wurde, ersetzten wir ihn durch ein Porzellanhuhn, das uns bis in den Cupfinal begleitete – doch just da war es plötzlich verschwunden. Wir wollten uns einschwören … kein Huhn! Vergeblich suchten wir überall.»

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Die Zürcher Frauen gewannen trotzdem gegen Neunkirch, 2:0. «Später stellte sich heraus: Das Huhn war unserem Coach Dorjee Tsawa zu Boden gefallen und in die Brüche gegangen. Er hatte die Scherben husch, husch in der Taktiktafeltasche verschwinden lassen und hoffte das ganze Spiel über, niemand von uns würde es bemerken.» Es ging gut aus, Barla Deplazes und Sandrine Mauron erzielten die Tore. «Dorjee gab später zu, er habe an nichts anderes als das Huhn denken können.» Doch die Scherben brachten Glück.

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Ein Jahr später, wiederum in Biel, kams zur Revanche: Erneut standen sich Zürich und der FC Neunkrich gegenüber. Diesmal triumphierten die Schaffhauserinnen. Ein Elfmeterschiessen wurde nötig, da es nach 90 wie nach 120 Minuten 1:1 unentschieden stand. «Penalty-Entscheidungen sind immer brutal», meint Fabienne Humm, «aber jenes Mal wars besonders brutal. Von beiden Teams waren schon sechs Schützinnen erfolgreich gewesen, auch ich hatte getroffen. Dann scheiterte eine bedauernswerte Mitspielerin.» Und der FC Neunkirch holte den ersten Titel seiner Geschichte.

Der kurze Höhenflug eines Dorfvereins – dank Betrug

«Fair war unsere Niederlage ja eigentlich nicht. Weil dem Erfolg der Neunkirch-Frauen ein Finanzskandal zugrunde lag», sagt Humm rückblickend. Und sie hat recht. Der kurze Höhenflug der Frauen vom Dorfverein, dessen Männerteam in der 3. Liga spielte, war bloss ein Strohfeuer. Möglich gemacht durch einen Sportchef, der beruflich in der Getränkefirma Rimuss Millionenbeträge abzweigte und so einen Profibetrieb mit Spielerinnen aus zwölf Nationen finanzierte. Diese stellten für den FC Neunkirch kurz nach dem Cupsieg auch das Double sicher … und verschwanden.

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Denn nur vier Tage nach dem Titelgewinn flog die Veruntreuung auf, der FC Neunkirch zog sein Frauenteam notgedrungen aus der damaligen Nationalliga A zurück. Humm hat die Enttäuschung längst abgehakt. «Er hatte seinen Spass und wurde dann bestraft», sagt sie über den einstigen Rimuss-Finanzchef.

Nur ein grossangelegter Betrug hatte es möglich gemacht, dass Frauen mit Fussball in der Schweiz Geld verdienen konnten. Nur wenige Jahre später wird dies für jüngere Spielerinnen selbstverständlich. Doch Fabienne Humm hadert keine Sekunde damit, dass sie, die 2024 zurücktrat, dies so knapp verpasst hat. «Nääääi! Das bereue ich überhaupt nicht. Ich habe es nicht wegen des Geldes gemacht.» Sie habe Fussball gespielt, weil sie es «huere gern» gemacht habe. Aber stets, wenn sie in der Öffentlichkeit erkannt und angesprochen worden sei, habe sie es als unangemessen empfunden. «Ich nehme mich nicht wichtig.»

Humm ist stolz, sich alles selbst erkämpft zu haben

Fabienne Humm gönnt den Fussballerinnen, die unmittelbar nach ihr kamen, die verbesserten Bedingungen. «Aber ich kaufte meine Fussballschuhe bis zuletzt selbst und traf dennoch», sagt sie fast ein wenig trotzig. «Wir haben uns alles selbst erkämpft, und das fühlt sich gut an.»

Und der Abschied vom Spitzensport? Nicht der Rede wert. «Das Break habe ich problemlos geschafft, weil ich ja immer schon in der Arbeitswelt war.» Fabienne spielt manchmal noch Seniorinnenturniere des Aargauer Fussballverbands. Und geniesst es, erstmals im Erwachsenenleben Freizeit zu haben. Sie sei nun privat immer verplant, habe kein freies Wochenende. «Den Fussball vermisse ich gar nicht.»

Sagt sie – und erzählt, was sie vor zwei Wochen unternommen hat: Einen Ausflug zum Bundesligaspiel SC Freiburg gegen Eintracht Frankfurt, um den ehemaligen Kameradinnen Julia Stierli, Nadine Riesen und Géraldine Reuteler zuzuschauen. Fabienne Humm verbringt die fussballfreie Zeit also mit … Fussball.

Einen Cupfinal, ihren letzten, konnte sie übrigens besonders geniessen: «Das Derby ‹daheim› im Letzi gegen GC, 2022, das war ‹huere geil›, trotz des Regens. Die Südkurve war präsent, all unsere Familien, Freundinnen und Freunde.» Die Frauen des FCZ gewannen 4:1. «Ich habe ‹glaubs› zwei gemacht.» Typisch Humm: Sie spielt die eigenen Torerfolge herunter.

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Und weg ist sie, ab zur Arbeit. Nicht, ohne sich vorher sec mit den Worten zu verabschieden, die dank ihrer TV-Interviews Kult geworden sind: «Bitte, tschau!»

Der Autor und Kabarettist Bänz Friedli befasst sich seit vielen Jahren mit dem Fussball der Frauen, unter anderem in seinem aktuellen Programm «Bänz Friedli räumt auf». Heimspiele von Fabienne Humm besuchte er jeweils mit einem Fanschal – war allerdings froh, dass es im FCZ-Fanshop Artikel gab, die nur dem Frauenteam galten.

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