Formel-1-Pionierin Lella Lombardi
Als sie vor 50 Jahren Geschichte schrieb, starben fünf Menschen

Bis heute fuhr nur eine Frau in der Formel 1 in die Punkte: die Italienerin Lella Lombardi. Das ist ihre beeindruckende Lebensgeschichte, die leider bereits im Alter von 50 Jahren endete.
Publiziert: 27.04.2025 um 15:53 Uhr
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Aktualisiert: 28.04.2025 um 07:45 Uhr
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Wurde nur 50 Jahre alt: Formel-1-Pionierin Lella Lombardi.
Foto: Si
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Daniel LeuStv. Sportchef

Der 27. April 1975 ist ein historisches Datum, denn an jenem Tag fuhr mit Lella Lombardi zum ersten und bis heute auch einzigen Mal eine Frau in die Punkteränge. Doch damals, vor 50 Jahren, war das noch kein grosses Thema, weil an dem Tag, an dem die Italienerin Geschichte schrieb, es in der Formel 1 zu einer Tragödie kam.

Das Unheil nahm schon zu Beginn des Rennwochenendes seinen Lauf. Die Leitplanken auf der temporären Rennstrecke auf dem Montjuïc, dem Hausberg Barcelonas, waren nur ungenügend befestigt, und die Sicherheitsvorkehrungen entsprachen nicht den damals üblichen Standards. Deshalb wurden die Trainings bestreikt.

Beim Qualifying waren dann aber alle am Start, doch der aktuelle Weltmeister Emerson Fittipaldi fuhr absichtlich langsam und reiste noch vor dem Rennen ab. Seine Begründung: «Mir ist mein Leben wichtiger als das Geld.»

In der 26. Runde kam es zur Tragödie

Der Renntag. Von der Pole startete Niki Lauda, neben ihm stand der Tessiner Clay Regazzoni, und von Startplatz 24 aus ging Lella Lombardi ins Rennen. Es war von Beginn an ein Chaos. Bereits in der ersten Runde wurde Lauda abgeschossen, und mit Wilson Fittipaldi und Arturo Merzario gaben zwei Fahrer nach einer Runde auf, um so gegen den Veranstalter zu protestieren.

In der 26. Runde kam es schliesslich zum Drama. Bei Rolf Stommelens Fahrzeug brach bei 260 km/h wegen eines Materialfehlers plötzlich der Heckflügel. Dadurch prallte der Deutsche zuerst unkontrolliert in die Leitplanken und wurde dann von dieser wieder auf die Strecke zurückgeschleudert, auf der Carlos Pace angerauscht kam. Der Brasilianer konnte zwar noch ausweichen, crashte dabei aber ebenfalls, und Stommelen schlug auch noch auf der gegenüberliegenden Seite in die Leitplanken ein und flog darüber. Beim Unfall kamen fünf Menschen, die hinter den Leitplanken standen, ums Leben, und auch Stommelen selbst erlitt schwere Verletzungen.

Doch erst vier Runden später kamen die Veranstalter zur Vernunft und brachen den GP ab. Da zu diesem Zeitpunkt weniger als die Hälfte der geplanten Renndistanz absolviert worden war, gab es nur halbe WM-Punkte. Und so kam Lombardi, die Sechste wurde, zu einem halben Pünktchen.

Tochter eines Salami-Produzenten

Doch wer war die Italienerin, die an jenem 27. April 1975 Geschichte schrieb? Maria Graziela, kurz Lella genannt, Lombardi kam 1941 im Piemont als Tochter eines Metzgers und Salami-Produzenten zur Welt. Ihre ersten Erfahrungen am Lenkrad machte sie, indem sie mit dem Lieferwagen des Familienbetriebs die Produkte an die Leute brachte.

Nachdem sie in Italien in Nachwuchsklassen gefahren war, zog es sie nach England, wo sie unter anderem in der Formel 5000 an den Start ging. Mit beachtlichem Erfolg, 1974 wurde sie dort Gesamtfünfte und liess einige arrivierte, ehemalige Formel-1-Fahrer hinter sich.

Ab dem gleichen Jahr startete sie auch unregelmässig in der Königsklasse des Motorsports. Zwischen 1974 und 1976 versuchte sie 17 Mal, sich für einen GP zu qualifizieren, ausser ihrem sechsten Platz 1975 in Barcelona schaute aber kaum etwas heraus.

Doch auch danach blieb sie dem Motorsport treu. Sie nahm vier Mal am legendären 24-Stunden-Rennen von Le Mans teil, und sie fuhr je eine Saison lang Nascar und DTM. 1988 beendete sie schliesslich ihre Karriere, um sich fortan mit ihrer Academy um junge Rennfahrer zu kümmern.

Dass sie als Frau in eine Männerdomäne eingedrungen war und damit Geschichte schrieb, war für sie selber nie ein grosses Thema: «Unter dem Helm sind Männer und Frauen gleich.» Wie wichtig ihr der Rennsport war, beweist dieses Zitat von ihr: «Ich habe lieber einen Unfall, als mich zu verlieben. So sehr liebe ich den Rennsport.»

1992 erlag Lombardi in Mailand dem Krebs. Sie wurde nur 50 Jahre alt. Doch dank ihres halben WM-Punkts 1975 wird sie für immer unsterblich bleiben.

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