Darum gehts
- Zwei Extremsportler wollen Mount Everest in Rekordzeit bezwingen
- Egloff trainierte unter Hypoxie-Bedingungen und schläft in sauerstoffarmem Zelt
- Bisheriger Bestwert: 22 Stunden und 29 Minuten aus dem Jahr 1988
Der Mount Everest ist derzeit Schauplatz eines Zweikampfes, den es so noch nie gab. Zwei Extremsportler wollen den höchsten Berg der Welt in Rekordzeit bezwingen – vom Basislager auf 5364 Metern bis zum 8848 Meter hohen Gipfel und zurück, in weniger als 20 Stunden. Ohne zusätzlichen Sauerstoff. Nur mithilfe der Fixseile.
Die Protagonisten heissen Karl Egloff (44), ein schweizerisch-ecuadorianischer Bergsteiger, und Tyler Andrews (35), ein US-Amerikaner mit Wurzeln im Langstreckenlauf. Beide treten unabhängig voneinander an – und doch ist es ein Rennen gegeneinander. Festgehalten wird das Duell von einer Filmcrew. Egloff: «Sie sind auch Bergler. Ich bin praktisch immer mit ihnen im Camp, wir essen und lachen zusammen.» Wo der Streifen zu sehen sein wird, ist noch geheim. Es wird aber von Netflix gemunkelt.
Der Bergsteiger und der Leichtathlet
Zwei Athleten, zwei unterschiedliche Ansätze. Der Amerikaner Andrews, der oft in T-Shirt und Shorts seine Rekorde aufstellt, setzt aus der Leichtathletik kommend auf sehr leichtes Schuhwerk. Er hat das Bergsteigen erst vor kurzem für sich entdeckt. Egloff dagegen läuft so, wie er es von seinem Bergsteiger Vater gelernt hat. Schon mit 15 war er in Ecuador, wo er aufwuchs, Bergführer und hat so früh gelernt, den Berg zu respektieren und das Wetter zu lesen.
Doping-Tests sind für Egloff ein Muss
Diese Woche könnten beide ihre Versuche starten. Der bisherige Bestwert stammt aus dem Jahr 1988: Marc Batard aus Frankreich schaffte die Strecke in 22 Stunden und 29 Minuten. 2008 senkte der Nepalese Kazi Sherpa diese Zeit zwar auf 20 Stunden und 24 Minuten – griff beim Abstieg jedoch zu Flaschensauerstoff. Andrews und Egloff wollen beides besser machen: schneller sein und vollständig auf die Flasche verzichten. Egloff besteht ausserdem auf einen Doping-Test vor dem Start und direkt nach der Rückkehr ins Basiscamp. Die Ethik im Sport sei ihm sehr wichtig, erklärt er.
Das grösste Hindernis könnten die Touristen darstellen, die im Frühjahr auf den Mount Everest strömen. Im Mai ist der Andrang sehr gross, was sogar zu Staus vor dem Gipfel führen kann. Von solchen Menschenkolonnen ausgebremst zu werden, gilt es für die beiden Speed-Künstler zu vermeiden.
Die Vorbereitung, die der Schweizer hinter sich hat, ist akribisch. Egloff trainierte zu Hause in Höri ZH unter Hypoxie-Bedingungen bis auf 7000 Meter Höhe. Fuhr Velo mit einer Maske, die den Sauerstoffgehalt der Atemluft mindert, und schlief im Keller in einem sauerstoffarmen Zelt, um sich an die Höhenverhältnisse zu gewöhnen. Denn was Sauerstoffmangel bei ihm auslösen kann, weiss er von seinen bisher aufgestellten Speed-Rekorden auf dem Kilimandscharo, dem Denali und dem Elbrus. Er hatte mit Halluzinationen und Magenkrämpfen zu kämpfen. Die Erfahrung hat ihn vorsichtig gemacht. Begleitet wird er darum nun auch von seinem Freund und Bergführerkollegen Nico Miranda, der für den Notfall Sauerstoffflaschen dabei hat.
Höhepunkt und Abschluss von Egloffs Karriere
Denn es ist nicht so, als ob Egloff nichts zu verlieren hätte. Zu Hause wartet seine Frau mit ihren gemeinsamen zwei Kindern auf ihn. Dem ist sich der Bergsteiger nur allzu bewusst, weshalb er auch immer ein Bild der Familie bei sich trägt. Dieser grösste Erfolg, wenn ihm nicht Andrews zuvorkommt, wird wohl der Höhepunkt, aber auch der Abschluss von Egloffs Speed-Bergsteig-Karriere sein. Denn obwohl er sich dort, wo es am gefährlichsten ist, am freisten fühlt, ist er sich dennoch den Verpflichtungen, die er seiner Familie gegenüber hat, bewusst.