Er spielte schon für die Chicago Blackhawks in der NHL, für Frölunda in der SHL und für die schwedische Nationalmannschaft. Letzte Saison kam er dann in die Schweiz. Jacob Nilsson (31) ist der Topskorer des EHC Visp und wohnt etwas oberhalb der kleinen Stadt in einem Dorf mit knapp über 300 Einwohnern.
Warum er sich entschied, von der SHL in die Schweiz zu einem zweitklassigen Club zu kommen, und wie es dazu kam, dass er Baby-Schafe in seiner Wohnung aufzog, erzählt er vor dem ersten Aufstiegsspiel des EHC Visp gegenüber Blick.
Er entschied sich fürs Kaff
«Als ich zum ersten Mal von der Arena zu meiner Wohnung gefahren bin und die Adresse ins GPS eingegeben habe, habe ich mich wirklich gefragt: ‹Wo zum Teufel bin ich hier?›», erzählt der schwedische Stürmer lachend. Diesem ersten Eindruck zum Trotz haben er und seine Freundin Klara Brelin sich in St. German VS ziemlich gut eingelebt.
Zwar wäre es für den EHC Visp durchaus möglich gewesen, die zwei in der Stadt unterzubringen, doch der Schwede wollte lieber ins kleine Dorf. «Die Berge und die Aussicht sind perfekt. Je älter man wird, desto mehr merkt man, wie viel der eigene Gemütszustand ausserhalb der Arena zählt. Hier geht es uns wirklich fantastisch.»
Und auch die Anwohner sind begeistert von dem jungen Paar. «Sie haben sich wahnsinnig schnell integriert. Sie kommen hierher, sind interessiert und haben sich trotz der Sprachbarriere fantastisch in die Gemeinde eingebracht», erzählt Freddy Niklaus (48), der Besitzer einer Herde Schwarznasenschafe.
Die Hoden des Bocks als Glücksbringer
Und der muss es wissen, denn als er drei Lämmer hatte, die gefüttert und gepflegt werden mussten, nahmen Nilsson und Brelin die kleinen Schäflein kurzerhand zu sich nach Hause. «Das waren ganz Junge, die gerettet worden waren. Wir haben sie gepflegt und ihnen Milch gegeben, um ihnen eine Überlebenschance zu geben», erzählt Nilsson. Obwohl die Tiere nun wohlbehalten bei der Herde sind und ihn nicht mehr brauchen, trifft man Nilsson dennoch oft im Stall an. «Er hilft ab und zu» verrät Niklaus. «Er hat auch schon Böcke gewaschen.»
Ein eigenartiges Ritual, das ihn wohl mehr zum Walliser macht als manch einen Walliser, hat der Schwede laut dem Hirten auch schon vollbracht. «Vor den Playoffs habe ich ihm gesagt, wenn du die Hoden vom Bock in die Hand nimmst, bringt das Glück. Und siehe da, sie sind Schweizer Meister geworden!»
Obwohl er sich im Privatleben schnell gut zurechtgefunden hat, bereitete Nilsson der Einstieg in die Swiss League anfangs Mühe. Als Ausländer in der zweitobersten Liga steht man unter einem erhöhten Druck, da nur zwei Nicht-Schweizer pro Team erlaubt sind. Wer hier nicht abliefert, wird rasch infrage gestellt. «Ich war sehr an den schwedischen Spielstil gewöhnt. Hier in der Schweiz ist es oftmals weniger geordnet und man hat mehr individuelle Freiheiten», erläutert Nilsson.
Er suchte ein Abenteuer
In die Schweiz gekommen ist er ursprünglich auf der Suche nach einem neuen Abenteuer. Er brauchte eine Veränderung, etwas, das ihm den Spass am Sport zurückbringt, wie er selbst sagt. «Ich weiss, es mag von aussen wie eine merkwürdige Karriere-Entscheidung aussehen, doch für mich war es der richtige Weg.»
Doch Nilsson lernte, mit dem Druck und den Veränderungen umzugehen, in seiner zweiten Saison hat er seine Ausbeute von 13 auf 23 Tore gesteigert, was massgeblich zum Erfolg der Visper beitrug und ihn zum Topskorer des Teams machte. «Ich tendiere dazu, mir zu viel Druck zu machen. Doch ich habe im letzten Jahr gelernt, einfach zu spielen und Spass zu haben. Meistens kommt etwas Gutes dabei raus», schmunzelt Nilsson. Und sollte es dem Schweden doch mal zu viel werden, macht er sich eine Tasse Kaffee, sucht sich ein schönes Plätzchen und geniesst die Aussicht übers Wallis.
Nun steht für ihn eine weitere Prüfung in der Schweiz an: die Ligaqualifikation gegen den HC Ajoie. Kann der Schwede auch hier seine Höchstleistungen abrufen und das Schafsglück hält noch etwas an, spielt er in der nächsten Saison gegebenenfalls in der National League.