Darum gehts
Was haben der neue Postchef, der Raiffeisen-CEO und der Chef der Zürcher Kantonalbank gemeinsam? Abgesehen davon, dass sie männlich sind und einen Schweizer Pass besitzen, fällt ihr nahezu identischer Karriereverlauf ins Auge: elitäre Hochschulen, exklusive Managementprogramme – und ein Einstieg bei McKinsey & Company. Die Beratungsfirma aus Chicago steht für eine ökonomische Denkschule, die konsequent auf den Shareholder-Value ausgerichtet ist.
Letzte Woche wurde bekannt, dass Pascal Grieder (48) neuer Konzernchef der Schweizerischen Post wird. Er ist ETH-Ingenieur mit Doktortitel, verfügt über eine Manager-Weiterbildung und war langjähriger Berater bei McKinsey. Danach war er vier Jahre Chef beim Netzbetreiber Salt. Zuletzt sass er in der Geschäftsleitung von 1&1, einem deutschen Telekomunternehmen aus der pfälzischen Provinz – in der Schweiz weitgehend unbekannt.
Oder Gabriel Brenna (51), der designierte Chef der Raiffeisenbanken. Er absolvierte ein Ingenieurstudium an der ETH Lausanne und in den USA, promovierte an der ETH Zürich. Über sieben Jahre war er Berater bei McKinsey, bevor er ins Banking bei der Liechtensteinischen Landesbank einstieg. Ein ähnliches Bild bei der ZKB, der Nummer drei im Schweizer Bankgeschäft. Auch CEO Urs Baumann (58) hat einen Hintergrund als Berater bei McKinsey. Danach arbeitete er im In- und Ausland, meist in kleineren Finanzunternehmen.
McKinsey-Alumni als grosses Jobportal
Grieder, Brenna und Baumann wurden von der Headhunter-Firma Egon Zehnder in Zürich vermittelt. Dort zieht seit vielen Jahren Dominik Schaller die Fäden. Auch er ist Naturwissenschaftler und war selbst viele Jahre lang als Berater bei McKinsey tätig. Diese Verbindung scheint sehr wertvoll zu sein. McKinsey unterhält ein globales Alumni-Netzwerk, das einer exklusiven Jobbörse gleicht. Aus diesem Pool scheint sich auch Schaller zu bedienen. Er lehnte eine Stellungnahme ab.
Wer bei McKinsey war, gilt als gesetzt – scheinbar unabhängig davon, ob er Führungserfahrung in der spezifischen Branche mitbringt. Für den designierten Postchef sind Logistik und Bankgeschäft neu, obwohl beide Bereiche bei der Post zentral sind. Die Postfinance steuert sogar den Grossteil des Konzerngewinns bei.
Der neue Raiffeisen-Chef Brenna wiederum kommt aus dem Private Banking. Mit Hypotheken und KMU-Geschäften hatte er bisher kaum Berührungspunkte. Oder Urs Baumann von der ZKB: Er kennt das Kreditgeschäft und den Handel kaum – es sind aber die zentralen Ertragspfeiler der systemrelevanten Bank mit den grössten Risiken.
Verwaltungsräte machen vordergründig nichts falsch, wenn sie einen solchen Kandidaten wählen: Top-Ausbildung, sauberer Lebenslauf, gepflegter Auftritt, PowerPoint-tauglich. Wenn es trotzdem schiefgeht, kann man mit dem Finger auf die Hochglanz-CVs und den Headhunter zeigen.
Wobei auch das bei Pascal Grieder nicht ganz stimmt. Sein Lebenslauf zeigt zwei Auffälligkeiten. Vor und nach seinem Job bei Salt nahm er sich mehrmonatige Sabbaticals – insgesamt tingelte er mit seiner Familie während 17 Monaten um die Welt, wie auf seinem Linkedin-Profil nachzulesen ist. Früher hätte ein sprunghafter Lebenslauf mit Lücken in der operativen Führung viele Verwaltungsräte alarmiert. Heute scheint das den Post-Verwaltungsrat mit Präsident Christian Levrat nicht zu stören. Der frühere SP-Präsident geht mit seiner Wahl jedenfalls ein beträchtliches Risiko ein.
Denn nicht immer funktioniert die Kombination Eliteuni und McKinsey. Antonio Horta-Osório (61), kurzzeitig Verwaltungsratspräsident der Credit Suisse – ebenfalls McKinsey-Vergangenheit. Auch Tidjane Thiam (62) – Eliteuni in Paris und McKinsey-Vergangenheit.
Auch der inzwischen abgetretene Postchef Roberto Cirillo (53), ebenfalls über Egon Zehnder rekrutiert, scheiterte letztlich – trotz McKinsey-Vergangenheit. Cirillo gelang es zudem nicht, bei der Post rechtzeitig eine interne Nachfolge aufzubauen. Externe können in Krisenzeiten hilfreich sein, etwa wenn ein Unternehmen restrukturiert werden muss. Doch weder Raiffeisen noch die Post oder die ZKB sind Sanierungsfälle.