Darum gehts
- Uri verliebt sich in Stier-Maskottchen, Kontroverse in Andermatt entsteht
- Baubewilligung im Turboverfahren geplant, Kritik von Bürgern
- 182-Tonnen-Stier soll auf 1850 Metern über Meer aufgestellt werden
Uri hat sich in den Stier verliebt. Das 182-Tonnen-Maskottchen des ESAF hat es am Freitag ins Basislager nach Erstfeld geschafft. Von dort soll er schon bald auf den Nätschen oberhalb von Andermatt UR gebracht werden. Auf 1850 Metern über Meer, zwischen Skigondeln und Oberalpbahn, soll der 21 Meter grosse Muni einen Nasenring bekommen und seine Initiation zum «Uristier» erleben.
Unten im Urserntal sind die Meinungen geteilt. Man werde vor vollendete Tatsachen gestellt, sagt der frühere FDP-Landrat Ludwig Loretz. An den Stammtischen von Andermatt ist der Muni zum beherrschenden Thema geworden. Den einen gefällt nicht, dass ausgerechnet ein Stier das Tal überragen soll, wo doch ein anderes Tier das Wappen der Andermatter ziert. «Es müsste ein schwarzer Bär sein», sagt eine Andermatterin.
Der andere Kritikpunkt: Die Baubewilligung soll im Turboverfahren erteilt werden. Am 19. September soll das Baugesuch aufgelegt werden, und bereits am 17. Oktober soll die Bewilligung vorliegen. Dass es so schnell geht, missfällt vielen Bürgern, die viel länger auf eine Baubewilligung warten müssen. Sie stören sich daran, dass für den 1,85 Millionen Franken teuren Holzhaufen eine Ausnahme gemacht werden soll. Es soll Mitglieder in der Andermatter Baukommission geben, die dem Antrag gegenüber durchaus kritisch eingestellt sind, so hört man im Dorf.
Franz-Xaver Simmen (49) ist Präsident des Vereins «Max der Uristier», der den Koloss von Mollis ins Tal holen will. Der gelernte Zimmermann glaubt, dass der Stier noch vor dem grossen Wintereinbruch aufgestellt werden kann. Dazu hat er diese Woche die Innerschweizer Handwerker zusammengetrommelt und einen Plan ausgeheckt, wie der in 4400 Einzelteile zerlegte Holzbulle in kurzer Zeit wieder zu einem Ganzen zusammengeschraubt werden kann. Simmen ist bestens vernetzt: Er war Chef der Sawiris-Gesellschaft Andermatt Swiss Alps und ist heute CEO von Schindler Schweiz.
Nur eine temporäre Bewilligung
Er weiss um die Kontroversen im Dorf – die Urserner tickten etwas anders, sagt Simmen, der selbst aus Realp stammt. Er glaubt, dass es trotz allem klappen könnte, und fügt an, dass der Verein nur eine temporäre, auf fünf Jahre beschränkte Baubewilligung beantragen wird, was der Grund für ein schnelles Verfahren sei. Hinzu kommt, dass die Holzplastik nicht in einer unberührten Gegend aufgestellt wird, sondern in einer Sport- und Freizeitzone. Dies erlaubt es der Gemeinde, mehr oder weniger autonom über das Vorhaben zu entscheiden.
Ob der Stier für immer auf dem Nätschen bleibt, ist offen. Es ist denkbar, dass er auch mal an einem anderen Ort im Tal oder im Kanton stehen wird. Die Initianten um Simmen, aber auch Andermatt-Investor Samih Sawiris (68) und Andermatt-Ikone Bernhard Russi (77) stehen hinter dem Projekt. Man hofft, dass Touristen ein Bild von Max schiessen werden, wenn sie mit dem Glacier Express daran vorbeigleiten. Schöne Bilder sollen so in die Welt hinausgetragen werden. Der Uristier als neuer Instagram-Hotspot – das scheint ein Wunsch der Promotoren zu sein.