«Du hast zwei Familien zerstört»
2:39
Mutter von Ivonne R.*:«Du hast zwei Familien zerstört»

Er prügelte seine Ex Ivonne R. (†30) zu Tode
15 Jahre Haft für Pascal D. wegen vorsätzlicher Tötung

Pascal D. (40) wird vorgeworfen, seine Ex-Frau Ivonne R. (†30) mit Schlägen derart brutal getötet zu haben, dass ihre eigene Mutter sie nicht mehr erkannte. Nun steht er vor Gericht. Der Vorwurf: Mord. R.s Mutter hofft auf die Maximalstrafe.
Publiziert: 03.06.2025 um 19:30 Uhr
|
Aktualisiert: 08:01 Uhr
Teilen
1/7
Anfang Oktober 2023 wurde Ivonne R. (†30) an ihrem Wohnort in Embrach ZH umgebracht.
Foto: zVg

Darum gehts

  • Ivonne R. wurde laut Staatsanwaltschaft von Ex-Mann ermordet. Prozess beginnt am Mittwoch
  • Tochter war während der Tat nebenan im Auto
  • Pascal D. drohen bei Verurteilung wegen Mordes bis zu 20 Jahre Haft
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
RMS_Portrait_AUTOR_235.JPG
Helena GrafReporterin
04.06.2025, 19:15 Uhr

Genugtuungen für Mutter und Tochter

Das Gericht spricht Patricia P., der Mutter von Ivonne R., eine Genugtuung von 45'000 Franken zu. Das ist viermal so viel, wie die Verteidigerin gefordert hatte.

Seiner Tochter Celeste muss Pascal D. laut Urteil 70'000 Franken Genugtuung bezahlen. Seine Verteidigerin hatte verlangt, der Tochter sei keine Genugtuung zuzusprechen. «Das zeugt nicht gerade von Reue», so die Richterin.

Damit schliesst sie die Verkündung. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

04.06.2025, 19:11 Uhr

Aussagen der Verteidigung seien «zynisch»

Die Aussage von D.s Verteidigerin, Ivonne R. sei nicht «qualvoll» gestorben, wertet das Gericht als zynisch. «Totgeprügelt zu werden, ist wohl eine der schlimmsten Arten zu sterben», so die Richterin.

Die Tat wiege schwer, was für eine längere Haftstrafe spreche. «15 Jahre scheinen uns angemessen», sagt die Richterin.

04.06.2025, 19:05 Uhr

Richterin: «Sie wollten es ihr zeigen»

Die Vorgeschichte, die «toxische Beziehung» sei erstellt, begründet die Gerichtspräsidentin das Urteil. Sie wendet sich an den Beschuldigten: «Wir haben verstanden, dass sie Mühe hatten, wie Ivonne R. sich verhalten hat.»

Man könne Pascal D. keine Vorbereitungshandlungen nachweisen. «Sie haben Ivonne R. zwar brutal getötet, sie haben viel Gewalt angewandt», fährt die Gerichtspräsidentin fort. Der Straftatbestand des Mordes sei aber nicht erfüllt.

«Sie haben selber gesagt, sie seien am Tag der Tat wütend gewesen», so die Gerichtspräsidentin. «Sie wollten es ihr zeigen.» Pascal D. habe Ivonne R. demnach bewusst getötet. 

04.06.2025, 18:57 Uhr

Es war kein Mord

Damit beurteilen die Richter die Tat nicht als Mord, wie die Staatsanwaltschaft gefordert hatte. Das Strafmass ist aber nur ein Jahr kürzer, als in der Anklage verlangt.

04.06.2025, 18:54 Uhr

Gericht entscheidet: 15 Jahre Haft

Das Gericht hat entschieden: Pascal D. wird wegen vorsätzlicher Tötung zu 15 Jahren Haft verurteilt.

04.06.2025, 18:21 Uhr

Die Richter beraten noch

Die Urteilsverkündung hätte um 18.15 Uhr beginnen sollen – verzögert sich aber. Die Richter beraten noch.

04.06.2025, 16:00 Uhr

Urteilseröffnung um 18.15 Uhr

Das Gericht will das Urteil noch heute Abend verkündet: Um 18.15 Uhr soll es verkündet werden.

04.06.2025, 15:56 Uhr

Verhandlung vorbei – kommt heute noch das Urteil?

Die Gerichtspräsidentin beendet die Verhandlung. Sie berät sich nun mit den beiden Nebenrichtern, wie es weitergehen soll. Allenfalls soll das Urteil noch heute verkündet werden.

04.06.2025, 15:53 Uhr

Pascal D: «Es tut mir leid!»

Die Gerichtspräsidentin erteilt dem Beschuldigten das letzte Wort. Pascal D. liest vor: «Ich möchte mein Bedauern ausdrücken. Ich bin geschockt, sprachlos und entsetzt über das, was passiert ist.»

Er wendet sich an Patricia P., die Mutter von Ivonne R.: «Ich habe es bislang nicht geschafft, mich bei ihr zu entschuldigen. Nichts auf dieser Welt vermag es, den Verlust von Ivonne R. wiedergutzumachen.»

Dann richtet er die Worte an seine Tochter Celeste. Mit gebrochener Stimme sagt er: «Es tut mir leid. Ich hoffe, dass du all die furchtbaren Erfahrungen verarbeiten kannst. Ich wollte nur das Beste für dich, dass du unbeschwert aufwachsen kannst. Ich will dich weiterhin unterstützen.»

04.06.2025, 15:30 Uhr

Verteidigerin fordert: Keine Genugtuung für Tochter

Die Verteidigerin fordert, dass Celeste keine Genugtuung erhalten solle. Die Anwältin des Kindes hatte zuvor einen Betrag von 70'000 Franken gefordert. «Das ist völlig überrissen», sagt Claudia Kolb. 

Die Höhe einer Genugtuung sei davon abhängig, wie stark sich der Verlust der Mutter auf das Leben der Tochter auswirke. «Celeste hat ihre Mutter nur zweimal im Monat gesehen», so die Verteidigerin. «Es bestand keine Nähe zwischen ihnen.»

Damit schliesst die Verteidigerin ihr Plädoyer.

Ivonne R.* (†30) sei mit Leib und Seele Mutter gewesen. Sie habe ihr Umfeld gerne bespasst, Witze in einem Notizbuch festgehalten. Obwohl es in ihrem Alltag wenig zu Lachen gab. Ihr Ex-Mann habe sie misshandelt, bedroht. Sie habe Hilfe gesucht, um ihr Leben gekämpft. Vergeblich.

«Meine Tochter hat sehr gelitten», sagt Patricia P.** (58) in der kolumbianischen Hauptstadt Bogotá, mit Tränen in den Augen. Blick konnte am Montag mit ihr ein Video-Telefonat führen. Ivonne R. war ihre Tochter. Nun ist sie seit über eineinhalb Jahren tot. Ihr Ex-Mann Pascal D.** (40) soll sie im Oktober 2023 umgebracht haben. Am Mittwoch muss er sich vor dem Bezirksgericht Bülach ZH wegen Mordes verantworten.

Sie war Kolumbianerin, er ist Schweizer. 2012 heirateten sie, lebten zusammen im Kanton Zürich. 2014 kam ihre Tochter Celeste** zur Welt. Ein Jahr später liessen sie sich scheiden – waren fortan in einer On-/Off-Beziehung.

«Er schlug sie vor den Augen der Tochter»

«Pascal D. war gewalttätig», sagt Patricia P. «Er schlug und beleidigte sie oft vor den Augen ihrer kleinen Tochter.»

Einmal habe er Ivonne R. aus dem Auto gezerrt und zu Boden gestossen. Celeste sei daneben gestanden. Ein anderes Mal habe er sie gewaltsam aus der Wohnung die Treppe hinuntergeworfen. Die Nachbarn hätten den Vorfall bezeugt und bei der Polizei ausgesagt, erzählt Patricia P. «Doch es passierte nichts.»

Diese Zeichnung schickte Ivonne R. ihrer Mutter Patricia P.
Foto: zVg

In der Anklageschrift heisst es, Pascal D. habe einen «tiefen Groll» gegenüber seiner Ex-Frau entwickelt. Dass sich Ivonne R. weiterhin in der Schweiz aufgehalten und intensiveren Kontakt zu Celeste gesucht habe, sei ihm «unliebsam» gewesen.

«Meine Tochter hat mir erzählt, dass ihr Ex sie mehrfach bei den Migrationsbehörden angeschwärzt habe», sagt Patricia P. «Er wollte, dass sie die Schweiz verlassen muss.»

«Sie lebte in ständiger Angst»

Ausserdem habe er Ivonne R. gestalkt. Er sei bei ihr zu Hause aufgetaucht oder an ihrem Arbeitsort. «Sie fühlte sich nirgends mehr sicher, lebte in ständiger Angst», so Patricia P.

Zuletzt wohnte Ivonne R. in Embrach ZH. Am Wochenende ihres Todes war die damals 9-jährige Celeste zu Besuch. P. sagt: «Ivonne liebte es, Zeit mit ihrer Tochter zu verbringen.»

Am Sonntag um 16 Uhr soll Ivonne R. das Kind zu seinem Vater an den Bahnhof Wallisellen gebracht haben. Dann sei sie nach Hause gegangen. «Ich habe am Abend noch mit ihr telefoniert», erinnert sich Patricia P. «Sie wirkte niedergeschlagen. Als ich sie darauf ansprach, sagte sie, sie sei einfach müde.»

Er schlug am Boden weiter auf sie ein

Kurz nach dem Telefonat, gegen 19.30 Uhr, sei Pascal D. mit Celeste noch einmal zu ihr nach Embrach gefahren. Die Tochter hatte ihr Stofftier vergessen, heisst es in der Anklage. Sie sei ins Haus gelaufen, habe es geholt und sich dann wieder in D.s Auto gesetzt. Die Eltern hätten sich währenddessen an der Haustür gestritten. Es sei zu einem «Handgemenge» gekommen.

Pascal D. soll seine Ex-Frau zunächst gewürgt und dann mehrfach mit den Fäusten ins Gesicht geschlagen haben. Sie sei rückwärts zu Boden gestürzt, er habe sich zu ihr gekniet und weiter auf sie eingeprügelt. Dann hat er laut Staatsanwaltschaft ihren Kopf gepackt und mehrfach gegen den Boden geschlagen.

Ivonne R. habe sich bemüht, Deutsch zu lernen und finanziell unabhängig zu sein.
Foto: zVg

Die gemeinsame Tochter habe währenddessen nur wenige Meter entfernt im Auto gewartet. Pascal D. habe erst von seiner Ex abgelassen, als diese sich blutüberströmt nicht mehr gerührt habe. Dann sei er zu Celeste ins Auto gestiegen, mit den Worten: «Ich habe jetzt gerade deine Mama getötet.»

Die Staatsanwaltschaft geht von einem Mord aus. Die Tat sei besonders skrupellos, da er so brutal gegen die körperlich unterlegene und wehrlose Ivonne R. vorgegangen sei. Pascal D. wurde am selben Abend festgenommen. Er sitzt seitdem hinter Gitter. Seine Verteidigerin will sich nicht zur Anklage äussern.

«Als hätte man ihr die Augen ausgerissen»

Ivonne R.s Leiche wurde zur Beerdigung nach Kolumbien überführt. Patricia P. erzählt, ihre Tochter sei derart entstellt gewesen, dass sie ihren Körper nur anhand einer Tätowierung am Bein habe identifizieren können. «Sie sah aus, als hätte man ihr die Augen ausgerissen. Ich schaute sie an und dachte: Das ist nicht meine Tochter.»

Seit Ivonne R.s Tod leidet ihre Mutter unter Depressionen und Panikattacken. Sie sagt: «An manchen Tagen denke ich, dass ich vor Schmerz sterben muss.» Die Brutalität, mit der das Leben ihrer Tochter ausgelöscht wurde, sei kaum zu ertragen.

Der Prozess gegen Pascal D. beginnt Mittwochmorgen um 8 Uhr. Blick tickert aus dem Gerichtssaal. Bei einer Verurteilung wegen Mordes drohen D. mindestens 10 Jahre Haft bis lebenslänglich. Patricia P. will die Verhandlung von Kolumbien aus verfolgen. Sie sagt: «Ich hoffe, dass er die Maximalstrafe bekommt.» Für D. gilt die Unschuldsvermutung.

*Name der Redaktion bekannt

**Namen geändert

Teilen
Fehler gefunden? Jetzt melden