Darum gehts
Wirtschaftsstudentin Mirka Mettler stand kurz vor dem Abschluss. Doch es sollte nicht so weit kommen. Mettler, deren Name wir geändert haben, musste eine Prüfung in «Banking and Finance I» wiederholen. Der Test fand am 21. Dezember 2022 online statt, also vor dem heimischen Computer.
Mirka Mettler hatte viel gebüffelt. Denn wenn sie noch einmal durchfallen sollte, müsste sie das ganze Studium abschreiben.
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Die Prüfung lief bestens – bis die junge Frau einen dumpfen Knall im Zimmer nebenan hörte. Mirka Mettlers Mutter leidet an einer lebensgefährlichen chronischen Erkrankung. Der erste Gedanke der Studentin: Mama ist gestürzt!
Der Lernstoff ist plötzlich weg
Sie fand ihre Mutter bewusstlos auf dem Boden liegend. Sofort kümmerte sich Mettler um die medizinische Notfallversorgung. Dann setzte sie sich wieder an den Computer. Doch der gelernte Stoff – war wie weggeblasen! Ein Facharzt attestierte ihr später einen psychischen Ausnahmezustand mit einem eingeschränkten Gedächtnis.
Mettler verpasste den notwendigen Notenschnitt ganz knapp. Sie wurde gesperrt. Zwar machte sie bei der Uni geltend, dass sie die Prüfung unverschuldet verpatzt habe. Doch die Uni blieb hart. Sie könne rekurrieren, hiess es.
Anwalt der Kanzlei Heinze & Partner verpasst Frist
Die junge Frau nahm sich den Anwalt Arne-Patrik Heinze von der Hamburger Kanzlei Heinze & Partner mit Zweigstelle in Wollerau SZ. Er ist laut eigenen Angaben auf Prüfungsanfechtungen in der Schweiz spezialisiert.
Dann das: Rechtsanwalt Heinze verpasste die Rekursfrist. Damit war die Sperre Mirka Mettlers rechtskräftig. «Das Gesetz sieht den Ausschluss vor, wenn Studierende Prüfungen wiederholt nicht bestehen. Genau das ist hier geschehen – der gesetzlich vorgesehene Regelfall trat ein», heisst es bei der Uni Zürich auf Anfrage des Beobachters.
«Gegen anwaltschaftliche Sorgfaltspflicht verstossen»
Heinze zog den Fall über mehrere Instanzen weiter. Sein Argument: Er habe die Rekursschrift fristgerecht in Deutschland aufgegeben. Massgebend ist allerdings das Schweizer Recht.
«Durch sein prozessuales Verhalten hat Dr. Arne-Patrik Heinze in grober Weise gegen seine anwaltschaftliche Sorgfaltspflicht verstossen», steht im Urteil des Zürcher Verwaltungsgerichts ungewohnt deutlich. Und es brummte ihm die Verfahrenskosten und rückwirkend auch jene der Vorinstanz auf.
Grosse Belastung für die junge Frau
Auch das Bundesgericht bestätigte die Vorinstanz. Das Urteil ist rechtskräftig. Heinze zog den Fall weiter an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR). Der lehnte den Fall jedoch ab. Zur verpassten Frist wollte sich Heinze inhaltlich nicht äussern. Er verweist jedoch darauf, dass sich ganz allgemein festhalten lasse, dass der EGMR lediglich auf rund drei Prozent aller ihm unterbreiteten Fälle eintrete.
Mirka Mettler wird nun an keiner Schweizer Uni mehr zum Wirtschaftsstudium zugelassen. Das belastet sie so stark, dass sie sich sogar für einige Zeit in einer psychiatrischen Klinik behandeln lassen musste.