«Als ich reingekommen bin, habe ich das Blut gerochen»
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Nachbar erinnert sich an 1.Tat:«Als ich reingekommen bin, habe ich das Blut gerochen»

Jahrelang rätselte die Schweiz über den Therapeutinnen-Mord im Zürcher Seefeld
Jetzt steht der Mystery-Mörder vor Gericht

Ein rätselhafter Mord erschüttert 2010 das Zürcher Seefeld. Genau fünf Jahre später findet in Laupen BE ein brutaler Doppelmord statt. Die mysteriösen Verbrechen werden erst Jahre später aufgeklärt. Am Dienstag steht der mutmassliche Täter in Zürich vor Gericht.
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Die Psychoanalytikerin Ana Maria M. (†56) wurde am 15. Dezember 2010 in ihrer Praxis im Zürcher Seefeld erstochen.
Foto: Zvg

Darum gehts

  • Mutmasslicher Täter steht wegen mehrfachen Mordes in Zürich vor Gericht
  • Identische DNA-Spuren an beiden Tatorten führten zur Festnahme
  • Drei Morde in Zürich und Bern, fünf Jahre auseinander am 15. Dezember
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
vor 8 Minuten

Hat der Beschuldigte ein Alibi?

Der Verteidiger erwähnt Zeugen, die er am Tag des zweiten Mordes besucht haben soll. Er verlangt, dass diese Personen von der Polizei befragt werden. Der Staatsanwalt fordert, dass sämtliche Beweisanträge abgelehnt werden. «Die Anträge wurden bereits gestellt und abgelehnt. Es gibt keinen Grund für einen DNA-Transfer oder weitere Befragungen», sagt der Ankläger. Auch die Schwester und die beiden Brüder könnten nichts zum Aufenthaltsort des Beschuldigten im Tatzeitraum sagen. Das Gericht berät über die Anträge, es gibt eine kurze Pause. 

vor 26 Minuten

Verteidiger reicht weitere Beweisanträge ein

Zu Beginn des Prozesses weist der Verteidiger des Angeklagten auf seine Beweisanträge hin. Er verlangt, dass ein Gutachter für die technisch anspruchsvollen Ermittlungen an der Verhandlung teilnehmen sollte. «Die Beweisführung stützt sich auf den Fund von DNA meines Klienten. Eine Fachperson soll erklären, wie die DNA auch an den Tatort kommen kann, ohne dass er der Täter ist», sagt der Anwalt. 

vor 35 Minuten

Prozess beginnt

Der Mordprozess gegen Javier Andés S. (47) beginnt mit einer kleinen Verspätung. Der Beschuldigte erscheint in einer beigen Kapuzenjacke, er wirkt unsicher und nervös. Er spricht kein Deutsch, er braucht für die Verhandlung eine Übersetzerin. Der Spanier wird von einer Polizisten und einer Polizistin begleitet. 

01.12.2025, 18:09 Uhr

Prozess rund um Rätselmorde am Bezirksgericht Zürich

Heute um 08.30 Uhr beginnt am Bezirksgericht der zweitägige Prozess rund um einen der mysteriösesten Mordfälle der Schweiz. Jahrelang tappten die Ermittler im Dunkeln. Auf den Beschuldigten, einen 47-jährigen Spanier, kam die Polizei erst durch neuartige Ermittlungsmethoden. Dank DNA-Spuren wissen die Behörden, dass der Mann an beiden Tatorten aktiv gewesen sein musste. Er ist trotzdem noch immer nicht geständig. Blick ist vor Ort und berichtet live aus dem Gerichtssaal.

Ende des Livetickers

Die Psychoanalytikerin Ana Maria M. wird am 15. Dezember 2010 in Zürich erstochen. Genau fünf Jahre später, am 15. Dezember 2015, werden in Laupen bei Bern Georg und Gerda S. brutal getötet. Lange tappten die Ermittler im Dunkeln.

Am Dienstag kommt nun der mutmassliche Täter Javier Andrés S.* (47) vor Gericht. Der Spanier muss sich vor dem Zürcher Bezirksgericht wegen mehrfachen Mordes verantworten. Bei allen drei Tötungsdelikten spricht die Zürcher Staatsanwaltschaft von einem regelrechten «Overkill». Er habe die Tötungen «mit grösster Brutalität zu Ende» geführt.

Das Blutbad in Zürich

Javier Andrés S. war kurz, für zwei Sitzungen, bei Ana Maria M. in Behandlung. Er ging nur zweimal, weil seine Krankenkasse die Behandlung nicht übernahm. Gemäss Anklageschrift plante er am Tag der Tat, in die Praxis seiner Therapeutin einzubrechen, um dort nach Wertsachen und Geld zu suchen. Er führte Kabelbinder und ein Messer unbekannter Grösse mit.

Am Abend betrat der Mann die Räumlichkeiten im Zürcher Seefeld. Er drückte zuvor sein Ohr gegen die Eingangstür, hörte nichts und ging hinein. Er traf auf M., die sich wohl unerwartet heftig wehrte. Es kam zu einem Handgemenge. Die Anklage beschreibt Würgemale, Blutungen unter der Bindehaut und Hämatome am Hals der Therapeutin. Ana Maria M. wurde zu Boden gedrückt. Danach stach der Beschuldigte vierzehnmal in ihren Rücken und den Hals. Sie verblutete. «Als ich ins Haus kam, roch es nach Blut – wie in einer Metzgerei», berichtete später ein Anwohner gegenüber Blick.

Der Doppelmord in Bern

Im Jahr 2013 zog S. in den Kanton Bern um. Im Mai 2015 war der Mann wegen Depressionen und Suizidgedanken stationär in Behandlung. Dort sei er entwichen und nach Laupen in seine damalige Wohnung zurückgekehrt. Laut Anklage entschied er in den folgenden Monaten, das Ehepaar aus seiner unmittelbaren Nachbarschaft zu überfallen. Am Abend des 15. Dezember 2015 soll er in ihr Haus eingedrungen sein. Das Paar kam nach Hause und stellte ihn.

Vorgeworfen wird ihm, zunächst mit einem spitzen Gegenstand auf Gesicht und Körper von Gerda S. eingestochen zu haben. Anschliessend schlug er mit einem «hammerähnlichen Werkzeug» auf beide ein. Danach soll er die schwer verletzten Eheleute die Kellertreppe hinuntergezogen haben, wo sie ihren massiven Verletzungen erlagen. Nebst der Absicht, sich zu bereichern, nennt die Anklageschrift als mögliches Motiv, die Angst, von den Opfern erkannt zu werden.

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Anschliessend soll er den Autoschlüssel des Peugeots von Gerda S. genommen und den Wagen nach Bern gefahren haben. Ohne Fahrausweis, dieser war ihm zuvor entzogen worden. Er stellte das Auto ab und tauchte unter. Beide Fälle beschäftigten die Schweiz.

Identische DNA an beiden Tatorten

In der Praxis von Ana Maria M. wurden nach der Tötung DNA-Spuren gefunden. Die Spur führte zunächst ins Leere, obschon erstmals in der Schweizer Kriminalgeschichte einen DNA-Massentest angeordnet wurde. Die Polizei liess von 400 Männern Proben nehmen, doch es gab zunächst keinen Fahndungserfolg.

Neue Ermittlungsansätze, die von der Polizei nicht näher erklärt wurden, wiesen später auf einen Mann mit Wohnsitz in Spanien. Am 29. Januar 2024 wurde Javier Andrés S. in Genf verhaftet, als er in die Schweiz einreisen wollte.

Abschluss eines Rätsels

Jetzt, fast 15 Jahre nach der ersten Tat, steht der mutmassliche Täter vor Gericht. Der Prozess könnte einen der rätselhaftesten Kriminalfälle der Schweiz abschliessen. Das beantragte Strafmass will die Staatsanwaltschaft erst am Prozesstag bekannt geben.

Für den Spanier, der nicht geständig ist, gilt die Unschuldsvermutung. Auf Anfrage von Blick wollte sich seine Verteidigung nicht zu den Vorwürfen äussern.

*Name geändert 

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