Sportlich gibt es für die Grasshoppers keine Hoffnung mehr, der Rekordmeister wird die kommende Saison unweigerlich in der Challenge League bestreiten müssen. Fraglich aber ist auch, ob die Fanszene des Rekordmeisters noch zu retten ist. Das Bild, das die Anhänger nicht erst seit den provozierten Spielabbrüchen in Sion und Luzern abgeben, ist besorgniserregend.
Angeführt vom bekannten Neonazi Stefan N.* (40) stapften beim jüngsten Ultra-Exzess in der Swissporarena rund 30 Chaoten auf den Rasen und versuchten, die eigene Mannschaft zu demütigen. Sie schafften es damit ein weiteres Mal, den ganzen Verein durch den Dreck zu ziehen. Eine kleine Gruppe Extremisten hat mit ihren Aktionen die ganze Fankurve gekapert.
Geblieben sind die Radikalen
GC fristet heute ein trostloses Dasein. Der Klub ist erfolglos und – was für die Fans noch viel schlimmer ist – ohne Identität. Seit zwölf Jahren spielt der Rekordmeister im Letzigrund – im Exil. In Zürich ist man heute kaum noch präsent. Auch deshalb ist die Hoppers-Fanszene ein Scherbenhaufen. Sie ist aufgerieben vom ständigen Kampf gegen die Bedeutungslosigkeit.
Dass in diesen schwierigen Zeiten Leute wie Stefan N. wieder ganz vorne mitmarschieren und das Gesicht der Kurve repräsentieren, kann kaum verwundern. Viele Fans gehen schon gar nicht mehr an die Spiele. In den Gruppierungen fehlen mittlerweile die gemässigten Kräfte. Und diejenigen, welche dem Verein trotz allem auch heute noch die Treue halten, haben sich radikalisiert. Sinnbildlich dafür stehen auch die immer brutaler geführten Auseinandersetzungen von GC-Ultras mit rivalisierenden Fan-Gruppierungen des FCZ.
«Meistens wird das intern geregelt»
Gerade für extreme Kräfte sind Fankurven grundsätzlich attraktiv. «Die Stadien bieten eine Plattform. Man kann provozieren, und es wird aufgenommen und gesehen», sagt der deutsche Szene-Kenner und Fananwalt René Lau gegenüber BLICK. «Werden unerwünschte Strömungen zu stark – ob politisch oder nicht –, regeln das die Fanszenen meistens intern.»
In Zürich sind derartige Massnahmen in der Kurve ebenfalls schon vorgekommen. Beim FCZ haben vor Jahren gemässigtere Südkurven-Mitglieder die Gruppierung K4 gewaltsam aus dem Fansektor verbannt, nachdem diese ausser Kontrolle zu geraten drohte. Und auch bei GC waren noch vor wenigen Saisons zwei Rechtsradikale in der Kurve so unerwünscht, dass sie ebenfalls mit Fäusten vertrieben wurden.
Heute scheint diese Selbstregulierung bei beiden Zürcher Klubs nur noch schlecht zu funktionieren. Der Südkurve wird schon länger vorgeworfen, besonders gewaltbereite Mitglieder nicht mehr unter Kontrolle zu haben. Und bei GC durften erst im vergangenen März einige Fans mit einem Spruchband dem verstorbenen deutschen Neonazi Thomas Haller (†53) gedenken – ohne Konsequenzen.
Bringt der Abstieg die Reinigung?
Es ist indes kein neues Phänomen, dass sich Radikale in Fankurven in den Vordergrund drängen. Ob in Dortmund, Madrid oder besonders offen zur Schau getragen bei Lazio Rom: Im Ausland haben viele Klubs besonders mit extrem rechts gerichteten Gruppierungen zu kämpfen. Dass GC nun aus der höchsten Spielklasse absteigt, könnte für die Zürcher Fanszene aber unverhofft zum Segen werden.
Schon das Beispiel FCZ hat vor drei Jahren gezeigt: Die Reisen in die Schweizer Fussball-Provinz fernab des Rampenlichts ziehen wieder neue Fans an. Es wäre eine Chance für die Hoppers-Kurve, jene Strömungen wieder unter Kontrolle zu bringen, welche ihr und dem Verein in den letzten Wochen derart geschadet haben.
* Name der Redaktion bekannt
Reissleine – Zwei Tage nach dem Spielabbruch haben sich auch die GC-Fans zu den Vorfällen im Luzerner Stadion geäussert. Weil sich die eigene Mannschaft emotionslos «abschlachten» liess, habe man die Reissleine ziehen müssen, schreiben die Zürcher auf der Plattform «Sektor IV». «Rassismus, faschistisches Verhalten und jegliche andere Art von extremistischem Verhalten» würde man in der Kurve aber nicht tolerieren. Bei den GC-Fans herrsche ein offener Geist, auch gegenüber anderen Kulturen. Die von den GC-Spielern erpressten Trikots habe man gemäss eigenen Informationen gespendet. (red)
Reissleine – Zwei Tage nach dem Spielabbruch haben sich auch die GC-Fans zu den Vorfällen im Luzerner Stadion geäussert. Weil sich die eigene Mannschaft emotionslos «abschlachten» liess, habe man die Reissleine ziehen müssen, schreiben die Zürcher auf der Plattform «Sektor IV». «Rassismus, faschistisches Verhalten und jegliche andere Art von extremistischem Verhalten» würde man in der Kurve aber nicht tolerieren. Bei den GC-Fans herrsche ein offener Geist, auch gegenüber anderen Kulturen. Die von den GC-Spielern erpressten Trikots habe man gemäss eigenen Informationen gespendet. (red)