Damian B.* (47) und Florian Z.* (55) aus Winterthur ZH freuen sich auf ihre Ferien. Sonne, Strand und Meer in Hurghada. Um nach Ägypten einreisen zu dürfen, muss allerdings ein negativer Coronatest vorgelegt werden. Dieser darf nicht älter als 48 Stunden sein. «Wir hatten die Möglichkeit, ihn vor Ort am Flughafen zu machen oder hier in der Schweiz. Wir haben uns für die Schweiz entschieden, und das war unser grösster Fehler», sagt B. zu BLICK.
Er ist zu diesem Zeitpunkt in Frankfurt am Main (D) und lässt sich dort testen, sein Partner Z. geht ins Medbase-Zentrum in Winterthur. Am Samstag – einen Tag vor dem Abflug – folgt dann die Schocknachricht: Florian Z.s Test ist positiv – Damian B. dagegen negativ.
Keine Rückerstattung der Ferien
Beide werden von den Behörden aufgefordert, sich unverzüglich in die Isolation, bzw. Quarantäne zu begeben. Mindestens bis und mit 29. November, schreibt die Gesundheitsdirektion des Kanton Zürich Florian Z.
Die Ferien fallen ins Wasser. Knapp 2000 Franken sind weg. Denn wegen der kurzfristigen Stornierung gibt es keine Rückerstattung. Dazu müssen sich die beiden ein zusätzliches Bett kaufen, weil sie in der gemeinsamen Wohnung in Winterthur in verschiedenen Zimmern schlafen müssen.
Erster Test war «grenzwertig»
Am Montag bekommt Z. einen Anruf von Medbase. «Ich wurde gebeten, nochmal vorbei zu kommen, da mit meinem Test etwas nicht stimme. Das fand ich äusserst merkwürdig, da ich ja in der Isolation die Wohnung eigentlich nicht verlassen darf.»
Vor Ort wird ein zweiter Test gemacht. Die Mitarbeiterin erklärt ihm, dass sein erster Test «grenzwertig» gewesen sei – also weder eindeutig positiv, noch eindeutig negativ. Sicherheitshalber habe man ihn aber für infiziert erklärt.
Am späten Montagabend erhält Florian Z. das zweite Testresultat vom Labor. Wie er bereits vermutet hat, ist er negativ. «Das war so ärgerlich! Weil sie mich fälschlicherweise für positiv erklärten, konnten wir nicht in die Ferien fliegen und unsere Eltern mussten ohne Grund in die Quarantäne.»
Trotz negativem Resultat in Isolation
Mit dem neuen Resultat ist die Odyssee aber noch nicht vorbei. Obwohl beide negativ sind, durften sie ihre Wohnung vorerst nicht verlassen. Damian B.: «Ansonsten drohte uns eine Busse von 15'000 Franken!»
Denn als Z. das Contact-Tracing-Team am Dienstag anruft, um sich zu vergewissern, dass seine ihm fälschlicherweise aufgebrummte Isolation aufgehoben ist, heisst es: «Nein, Sie müssen noch zu Hause bleiben.» Denn offenbar sind die neuen Laborergebnisse zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht bei den Behörden angekommen.
«Die Frau am Telefon sagte mir, ich müsse schauen, dass das Labor dem Contact-Tracing-Team die Resultate weiterleitet. Ich muss also selbst dafür sorgen, dass ich mich wieder frei bewegen darf. Ein Screenshot meines SMS mit dem negativem Befund reichte als Beweis nicht.»
«Das ist ein totales Chaos!»
Zähneknirschend kontaktiert der Winterthurer die zuständige Stelle. Dort verspricht man ihm, sich darum zu kümmern und alles weiterzuleiten. Als er sich am Mittwoch erneut an das Contact-Tracing-Team wendet, heisst es, er müsse dem Labor zunächst per Mail die Erlaubnis erteilen, die Daten weiterleiten zu dürfen.
Er ärgert sich: «Das ist einfach unglaublich. Als ich angeblich positiv getestet wurde, haben sie gleich automatisch alles weitergeleitet und jetzt, wo ich negativ bin, läuft nichts. Damit habe ich grosse Mühe, das ist ein totales Chaos!»
«Nur definitive positive Resultate melden»
Warum sich der Patient überhaupt selber um die Aufhebung seiner Isolation kümmern muss, will BLICK von der Gesundheitsdirektion des Kantons Zürich wissen. Ein Sprecher sagt ausweichend: «Wenn eine Person im Anschluss an ein positives Testresultat ein negatives Resultat beibringt, benötigen wir die ärztliche Einschätzung des zuständigen Arztes, was die gültige medizinische Diagnose basierend auf dem Laborbefund ist. Zudem sind Labore dazu angehalten, nur definitive positive Testresultate zu melden.»
Wie es dazu kommen konnte, ein «grenzwertiges» Resultat zu kommunizieren, ist unklar. Das zuständige Labor Unilabs in Dübendorf möchte den Fall nicht kommentieren. Nur so viel: «Unser Team bringt in Erfahrung, was die genaue Sachlage ist», sagt Sprecher Alessandre Keller auf BLICK-Anfrage.
Das Contact-Tracing-Team ist auf die korrekte Arbeit der Labore und der Ärzte angewiesen. Man könne die Laborresultate nicht auf ihre Richtigkeit überprüfen, sagt der Sprecher der Zürcher Gesundheitsdirektion. «Wir benötigen den ärztlichen Befund und wenn der mit ‹negativ› vorliegt, heben wir die Isolation auf.» Warum dieser Schritt so lange dauert, ist unklar. Medbase liess die BLICK-Anfrage unbeantwortet.
Damian B. und Florian Z. werden erst drei Tage nach dem negativen Befund aus Quarantäne und Isolation entlassen. Die Behörden reagieren erst am Donnerstag – kurz nach der Publikation des BLICK-Berichts.
Nicht die einzige Panne
Das ist nicht das erste Mal, dass das Contact Tracing für Unmut sorgt. Am 9. November hatten über 20 Spieler zweier Zürcher Hobby-Fussballmannschaften von der kantonalen Gesundheitsdirektion ein Mail erhalten, mit der Aufforderung, sich «bis zum 10. Oktober» in Quarantäne zu begeben, schreibt der «Tagesanzeiger». Offenbar ein Fehler im Computersystem.
Doch nicht immer ist die Technik Schuld. Wie ehemalige Mitarbeiter des Centers in Pfäffikon erzählen, sei es vor Ort «dilettantisch organisiert» gewesen. Statt einer einheitlichen Software, die die Daten erfasst und SMS verschickt, seien Mailadressen von Hand kopiert und Excel-Listen erstellt worden.
Und auch in den Testcentren war in den vergangenen Wochen eine Überforderung zu spüren. Mögliche Infizierte mussten teils bis zu vier Stunden draussen warten. Manche wurden am Ende – ohne getestet zu werden – wieder nach Hause geschickt.
* Namen geändert