Darum gehts
- Band Lauwarm löst sich nach Kontroverse um kulturelle Aneignung auf
- Frontmann Dominik Plumettaz startet neu als Do Maré mit Reggae-Song «Angst»
- Er sagt: «Ich möchte neu anfangen, die Vorurteile abschütteln.»
Es gab eine Zeit, da sprach die Schweiz nicht über US-Zölle, nicht über russische Drohnen in Europa und auch nicht über den Nahostkonflikt – sondern über Haare. Genauer gesagt: über die Rastazöpfe weisser Männer.
Begonnen hat die Debatte am 18. Juli 2022, in der Berner Brasserie Lorraine. Die Band Lauwarm steht auf der Bühne, spielt Reggae, bis plötzlich die Stimmung kippt. Einige Gäste verspüren «Unwohlsein». Sie stören sich an den Dreadlocks der Musiker, sprechen von kultureller Aneignung. Minuten später ist das Konzert vorbei, das Klima vergiftet. Und was als kleiner Gig begann, wächst sich aus zu einem Shitstorm mit seltener Wucht. Wochenlang streitet ein Land um die Frage, wer was tragen, singen oder fühlen darf.
Nun, drei Jahre später, ist Lauwarm Geschichte. Die Band, die unfreiwillig zum Symbol einer landesweiten Kulturdebatte wurde, hat sich vergangene Woche offiziell aufgelöst. Der Shitstorm hat die Band nachhaltig geprägt. Frontmann Dominik Plumettaz (30) sagt: «Wir bekamen einen Stempel aufgedrückt – als weisse, privilegierte Männer, die sich fremde Kulturen aneignen.» Dabei habe er selbst einen Migrationshintergrund, besitze schwarze und indigen-brasilianische Wurzeln.
Der Name Lauwarm habe die Leute getriggert, polarisiert und gespalten. Eine kleine, aber lautstarke Gruppe aus der linken Szene habe ihn und seine Band gar mit Rechtsextremen gleichgesetzt. «Man hat mich beschimpft, dabei wollte ich nur Musik machen – Menschen zum Denken anregen.» Gleichzeitig versuchte die politische Rechte, aus dem Vorfall Profit zu schlagen. «Plötzlich wurde unsere Geschichte von Leuten vereinnahmt, mit denen wir nichts zu tun haben wollten.» Die Band liess sich aber auch von rechter Seite einspannen. In ihrer Orientierungslosigkeit traten die Musiker plötzlich am «Weltwoche»-Fest auf.
«Ich möchte die Vorurteile abschütteln»
Veranstalter hätten sich von der Band teilweise distanziert. Es sei schwieriger geworden, an neue Auftritte zu gelangen. «Gewisse Leute hatten Angst, uns zu buchen», erklärt Plumettaz. «Sie fürchteten einen Imageschaden, wollten ja nicht mit uns in Verbindung gebracht werden.» Am Ende verkam Lauwarm zu einem befleckten Label, zum Streitgegenstand. Für ihn habe das einfach nicht mehr gestimmt, erklärt Plumettaz. «Ich möchte neu anfangen, die Vorurteile abschütteln.»
Zudem wolle er musikalisch ein «höheres Niveau» erreichen. Lauwarm sei nie ein reines Profi-Projekt gewesen, «jetzt will ich qualitativ wachsen, mich frei entfalten, ohne Kompromisse». Die neue Musik soll eine Mischung aus Reggae, World, Indie, Pop und Folk sein.
Sein Neuanfang hat einen Namen: Do Maré. Unter diesem Künstlernamen hat Plumettaz am Donnerstag seinen ersten Song veröffentlicht. Im Reggae-Stück «Angst» singt er über das, was sein Herz krank macht. Weitere Songs sollen bald folgen, Konzerte sind aber noch keine geplant. «Zuerst möchte ich mir einen Namen machen, einen neuen Brand aufbauen.» Der Songwriter hofft, dass jetzt ein neues Kapitel beginnt. Eines, in dem wieder über seine Musik gesprochen wird – über Inhalte. Und nicht über Äusseres.