«Polizei hat zu wenig Power freigeschaltet»
Darum hat der Taser Beil-Amok Sascha I. nicht aufgehalten

Die St. Galler Kantonspolizisten mussten Beil-Amok Sascha I. (17) mit Pistolenschüssen niederstrecken, um ihn zu stellen. Der Elektroschock hatte nicht die gewünschte Wirkung. Warum?
Publiziert: 24.10.2017 um 19:19 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 03:44 Uhr
Der junge Mann konnte durch die Kantonspolizei St.Gallen nach einem Schusswaffeneinsatz angehalten und festgenommen werden. (Symbolbild)
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Das sagt die Polizei:Die Medienkonferenz zum Beil-Amok in Flums SG in voller Länge
Flavio Razzino

Erst nachdem zwei St. Galler Kantonspolizisten Sascha I. (17) am Sonntag angeschossen hatten, konnten sie ihn festnehmen. Zuvor hatte der Schüler in Flums SG wie im Blutrausch mit einem Beil wahllos Menschen angegriffen – sechs Personen wurden dabei teilweise schwer verletzt, zwei kamen zur Beobachtung ins Spital.

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Der 17-jährige Sascha I. lief am 22. Oktober 2017 in Flums Amok. Seine zuvor geäusserten Gewaltfantasien deuteten auf eine Gefährdung der Öffentlichkeit hin.
Foto: Zvg

An der Medienkonferenz vom Dienstag nach der Tat sagte Einsatzleiter Sigi Rüegg, dass die Kantonspolizisten vor der Schussabgabe mit einer Elektroschock-Waffe, dem sogenanten Taser, versucht hatten, Sascha I. aus dem Verkehr zu ziehen. Der Taser habe aber nicht die gewünschte Wirkung gezeigt.

Warum nicht? Zu möglichen Gründen will sich der einzige Generalimporteur von Tasern in der Schweiz, die Alpine Fox GmbH, nicht äussern. «Aus einsatztaktischen Gründen», wie es dort heisst.

«Typisch für die Schweiz»

Ein Waffenexperte aus Zürich, der nicht mit Namen genannt werden will, erklärt indes: Wahrscheinlich hatten die Polizisten zu wenig Power für den Taser freigeschaltet – «aus Angst vor Konsequenzen, falls der Täter einen Herzinfarkt erleidet». Das sei typisch für die Schweiz. «Wie in anderen Fällen auch wird hier wieder einmal vor allem der Täter geschützt, und nicht die Opfer», sagt er.

In Flums kam ein Taser zum Einsatz. (Archivbild)
Foto: Keystone

In der Schweiz muss die Stromstärke bei den Tasern eingestellt werden können – dies, um den Einsatz des Elektroschockers individuell auf die Situation anzupassen. «Polizisten müssen sich im Nachhinein für die Stärke des Stromschlages rechtfertigen», sagt der Waffenexperte.

Trifft ein Taser auf eine Gürtelschnalle, ist er nutzlos

Gut möglich sei aber auch, dass der Taser nicht durch die Jacke des Täters dringen konnte. «Je nachdem, wie die Nadeln, an denen Drähte befestigt sind, auftreffen, können Taser sehr schnell wirkungslos werden», sagt der Waffenexperte. Etwa, wenn sie schräg auftreffen – «dann kommen sie kaum durch eine Winterjacke». 

Ebenfalls gibt es Probleme, wenn die Nadeln auf Gürtelschnallen oder Knöpfe treffen und nicht in die Haut des Gegners eindringen. «Dann ist ein Taser nutzlos». Der Waffenexperte attestiert den Tasern noch einige Mängel – «das zeigt dieser Fall in Flums». Seit 2008 ist der Einsatz von Tasern in der Schweiz für Polizisten erlaubt. 

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