Ein anonymes Hochhaus gegenüber dem St. Galler Bauamt. Eine der 40 Wohnungen hat Rita G.* gemietet. Die 52-Jährige ist Hausfrau und Mutter.
Offiziell wohnt Rita G. mit Mann, Sohn und Tochter in einem Einfamilienhaus auf der anderen Seite der Stadt. «Sie sagte mir, sie brauche einen Ort, an den sie sich zurückziehen könne. Deshalb habe sie die Einzimmer-Wohnung gemietet», sagt Ehemann Peter G.* (50).
In Tat und Wahrheit ist die Wohnung an der Lämmlisbrunnenstrasse ihr Liebesnest. Dort trifft sie sich mindestens ein Mal pro Woche mit Michi K.* († 32).
Kennengelernt haben sich die beiden über eines der Sexinserate, die Rita G. in der Lokalzeitung platziert hat: «Wie im Paradies! Rubensengel mit Traumbusen erfüllt dir deine Sehnsucht.»
Der Betriebsmonteur, selbst in einer Beziehung, will ins Paradies. Beim ersten Treffen lädt ihn Rita G. zu sich nach Hause ein, dorthin, wo sie mit Mann und Kindern wohnt. Peter G. weiss, dass seine Frau massiert. «Was sie genau machte, wusste ich nicht. Aber sie sagte mir, es sei mit sexuellem Touch.»
Rita verlangt von ihrem Mann, dass er auf den Estrich zieht. «Sie sagte mir, sie liebe mich nicht mehr. Sie wolle andere Männer.» Peter G. ist Lokführer, arbeitet unregelmässig. Rita G. empfängt ihre Sexkunden Tag und Nacht.
«Wir haben ab und zu Autos von fremden Männern vor dem Haus parken sehen», sagen Nachbarn der Familie. «Einmal hat einer seinen BMW vor unserem Haus abgestellt. Als ich ihn gefragt habe, wo er war, sagte er, im nahen Blindenheim. Dabei sah ich ihn aus dem Haus von Familie G. kommen.»
Eine Nachbarin erzählt, dass Rita G.s Kinder ihren Kindern Fotos ihrer Mutter gezeigt haben. «Ein ganzes Album voll mit Bildern, auf denen sie sexy Unterwäsche trägt.» Eine andere will Rita G. an der Lämmlisbrunnenstrasse einmal mit Strapsen gesehen haben.
«Meine Frau wollte immer Bestätigung. Sie schminkte sich stark. Manchmal posierte sie vor mir und fragte: ‹Gäll, ich bin noch attraktiv?›, so Peter G. Doch sie will nicht mehr ihrem Mann gefallen, sondern anderen.
«Einmal rief sie mich an und sagte: ‹Schatz, komm doch ein bisschen später nach Hause. Ich habe spontan einen Kunden gekriegt.› Der treue Ehemann gehorcht, geht mit dem Sohn Minigolf spielen. Als die beiden nach Hause kommen, steht das Auto des Kunden noch vor dem Haus. Es ist das Auto von Michi K.
«Ich ahnte, dass sie einen Liebhaber hatte. Sie takelte sich immer so auf, wenn sie aus dem Haus ging. Und wenn sie zurückkam, war sie niedergeschlagen.» Doch nachfragen wollte Peter G. nicht. «Ich wusste, dass sie eine Waffe hatte. Ich hatte Angst.»
Dass die gelernte Krankenpflegerin ein Doppelleben führt, ahnt man im Quartier. Doch als die Polizei Anfang Januar 2009 mit Blaulicht vorfährt, erschrecken die Nachbarn.
Rita G. hat ihren 20 Jahre jüngeren Liebhaber Michi K. an Silvester 2008 erschossen. Weil er die Beziehung beenden wollte. Die Hausfrau wurde am Mittwoch zu 13 Jahren Gefängnis verurteilt (BLICK berichtete).
Peter G.: «So etwas hätte ich ihr nie zugetraut. Mir tut die Familie von Michael unglaublich leid. Aber wissen Sie, auch ich bin ein Opfer.» Der Lokführer sitzt im Prozess in der ersten Reihe, zusammen mit den Kindern (16 und 19). Er will hören, was seine Frau den Richtern sagt. «Sie kann gut lügen.» Nach dem Urteilsspruch entschuldigt er sich bei Michis Eltern und Schwester für das, was ihnen seine Frau angetan hat.
«Es geht mir schlecht. Die Tat kreist mir dauernd im Kopf herum», sagt Rita G. vor Gericht. Sie schluchzt, als sie erzählt, wie sie zweimal auf ihren Lover geschossen hat. Doch ihre Stimme bleibt klar. Eiskalt.
Rita G. hat sich schon bei einem der ersten Treffen in Michi K. verliebt. Sie ist eifersüchtig auf seine Freundin Sandra R.* (26). Nach einem Jahr Sexbeziehung ruft sie ihre junge Nebenbuhlerin an und erzählt ihr von der Affäre ihres Freundes. Sandra R.:«Sie hat sich als jemand anderes ausgegeben und ich fand sie am Telefon ziemlich sympathisch. Als ich erfuhr das sie das war, lief es mir eiskalt den Rücken hinunter.»
Von Bekannten und ihrem Ehemann wird Rita G. als geltungssüchtig und dominant beschrieben. «Sie war eine unglaublich gute Schauspielerin», so ein guter Freund.
«Ich wusste ziemlich schnell, dass mit der etwas nicht stimmte», sagt ein Nachbar. «Als ich mit dem Auto ihren Gartenzaun touchiert hatte und mich entschuldigen wolle, schrie sie mich an wie eine Furie.» Peter G. bestätigt, dass die Familie immer wieder zügeln musste, weil seine Frau mit Nachbarn Streit hatte.
Aber auch in der Familie tobt sie rum. Sie weiht ihre Tochter Lara (19) ein, dass sie einen Liebhaber hat. Kurz vor Weihnachten 2008 bedroht sie Lara mit dem Tod, falls sie jemals jemandem etwas sage. Die Tochter zeigt ihre Mutter an. Doch Rita G. bestreitet alles. Die Richter sprechen sie aus Mangel an Beweisen frei. Lara ist entsetzt.
Peter G. ist erleichtert, dass seine Frau nun verurteilt ist. «Sie schreibt mir aus dem Gefängnis Briefe, nennt mich Schatz. Wenn ich sie besuche, heult sie und entschuldigt sich für das, was sie der Familie angetan hat. Doch ich will mich scheiden lassen. Nächste Woche habe ich einen Termin beim Anwalt.»
Den 20. Hochzeitstag musste Peter G. im vergangenen September alleine feiern. Kurz vorher schickte er seiner Frau noch ein Paket in den Frauenknast Hindelbank BE. Drin waren Nagellack und Lippenstift. «Für wen sie sich jetzt noch schön machen will, weiss ich eigentlich auch nicht.»
* Namen der Redaktion bekannt