Eigentlich hätte die SVP nach dem Abgang eines ihrer Richter am Thurgauer Verwaltungsgericht Anspruch auf die neu zu besetzende Stelle. Die Thurgauer Regierungsparteien gestehen sich nach dem freiwilligen Proporz diese Richterstellen normalerweise zu.
Ein aktueller Wahlvorschlag der SVP ans Kantonsparlament, welche die Wahl der Richter des Verwaltungsgerichts vornimmt, wird nun jedoch kritisch betrachtet.
Grund dafür ist der Leumund des SVP-Kandidaten. Der von der Partei vorgeschlagene Jurist Robert Hess wurde vor einigen Jahren vom Bezirksgericht Münchwilen und dem Obergericht wegen versuchter Nötigung verurteilt. Hess organisierte privat Jagdsafaris in Südafrika und stritt sich mit einem Teilnehmer um die Rechnung. Schliesslich drohte er diesem in der Funktion als damaliger Kassier des Thurgauer Jagdverbands mit dem Rauswurf aus dem Verband.
Die Thurgauer Anwaltskammer prüfte damals, ob Hess das Anwaltspatent entzogen werden soll. Darauf verzichtete sie aber letztlich. Auch soll Hess gemäss Medienberichten wegen Fahren in angetrunkenem Zustand vorbestraft sein.
Deshalb steht am 2. Juli im Thurgauer Kantonsparlament der freiwillige Proporz auf dem Prüfstand. Mehrere Parteien meldeten gegen Hess Vorbehalte an. Dazu gehört auch die GLP, die sich entschied, mit Stephan Zlabinger einen eigenen Kandidaten zu stellen.
Dadurch kommt es zu einer Kampfwahl mit offenem Ausgang um die freie Richterstelle am Verwaltungsgericht. «Für die Wahl eines neuen Mitglieds besteht kein gemeinsamer Wahlvorschlag der Fraktionen», schrieb der Kanton am Mittwoch in einer Mitteilung.