Darum gehts
- Liselotte Freuler streitet mit der Gemeinde Gachnang um verschiedene Bauvorhaben
- Freuler kämpft gegen illegale Bauten und Ungleichbehandlung durch die Gemeinde
- Sie war die treibende Kraft hinter dem Abriss der Gachnanger Waldkindergärten
Wenn bei der Gemeinde Gachnang TG ein Brief mit dem Absender Liselotte Freuler eintrifft, dürfte man dort keine grosse Freude haben. Die Chance ist gross, dass Freuler gegen etwas einspricht. Wie viele Briefe sie schon versendet hat, weiss sie selber nicht mehr. Es seien aber «einige». Die 59-jährige Liegenschaftsverwalterin zofft sich gerne mit der Gemeinde, aber auch mit ihrem Nachbarn. Schlechte Presse ist ihr dabei egal – ihr geht es ums Prinzip.
Dabei macht Freuler auch nicht vor einem Waldkindergarten halt. Sind dessen Hütten im Wald illegal, müssen sie weg – Punkt. Genauso war es im Jahr 2020. Die Hütten und Einsprecherin Freuler avancierten zum Politikum, SRF und Tagesanzeiger berichteten darüber. Eine Frau hat ihre Gemeinde im Würgegriff.
«Bei sich selber schauen sie gern weg»
Der Serien-Einsprecherin geht es um Recht und Ordnung. Zum Beispiel bei den Waldhütten der Primarschulgemeinde Gachnang. Von 2004 bis 2021 standen diese im Wald, unweit von Freulers Haus. Ohne Baubewilligung. Bis 2019 eine Privatperson den Abriss forderte.
Diese Privatperson war Liselotte Freuler. «Die Gemeinde hatte 17 Jahre lang eine illegale Baute im Wald. Bei sich selber schauen sie gern weg, aber bei uns normalen Bürgern schaut man ganz genau hin», sagt sie.
Ihr Kampf richte sich nicht gegen Kindergärten oder Schulen, sondern gegen die Gemeinde. Als «Hexe» soll man sie im Bauamt schon betitelt haben. Ob das stimmt, ist nicht klar, die Gemeinde dementiert.
Freuler kämpft an so vielen Fronten, dass es schwierig ist, den Überblick zu behalten. Zwischen ihrem und dem Grundstück eines Nachbars steht eine Mauer. Zu hoch und zu gefährlich für Kinder sei sie, sagt Freuler und spricht ein. Die Höhe sei korrekt, sagt die Gemeinde. Das Problem: Es gibt zwei unterschiedliche Pläne – schaut man den einen Plan an, hat Freuler recht, schaut man den anderen Plan an, trifft die Aussage der Gemeinde zu.
«Freuler ist kein rotes Tuch»
Weiter geht es mit einem Bienenhaus. Das Bienenhaus ihres Bruders, der nebenan wohnt, sei «aufgrund seiner Lage und seiner Ausmasse» bewilligungspflichtig. Der Kanton gab in diesem Fall Freuler recht. Mit ihrem Bruder steht sie seit Jahren auf Kriegsfuss, die beiden wechseln kein Wort miteinander.
Vor ein paar Jahren war eine mutmasslich illegale Wand ihres entfremdeten Bruders Mittelpunkt eines Streits (Blick berichtete). Freuler ging gegen ihn und die Gemeinde vor, verlor allerdings vor dem Verwaltungsgericht.
Die Gemeinde habe es auf sie abgesehen, sagt Freuler: «Anderen Bauherren werden Sachen erlaubt, die man mir nicht zugestehen will.» Zudem müsse sie spezielle Auflagen erfüllen, wenn sie etwas bauen wolle. Willkür sei das. Auf Anfrage von Blick versichert der parteilose Gachnanger Gemeindepräsident Roger Jung (51): «Frau Freuler ist kein rotes Tuch.» Zur Willkür sagt er: «Der Vorwurf ist happig. In der Schweiz herrscht auf Bundesverfassungsebene das Willkürverbot. Dieses nehmen wir ernst.»
Aber: «Es zeigt sich nur schon bei diesen Beispielen, dass das Baurecht, die Zuständigkeiten, das Verhältnismässigkeitsprinzip und so weiter, extrem komplex sind, was zu Missverständnissen führen kann.» Verfehlungen der Gemeinde sieht er nirgends.
«Wenn die Gemeinde etwas verbockt, zahlen immer wir»
Sie könne nicht anders, sie fühle sich berufen, sagt derweil die Dauer-Einsprecherin: «Wenn ich nicht immer kritisch nachfragen würde, würde alles im Sand verlaufen. Es ist unangenehm, aber man muss hinschauen.» In Gachnang sei sie übrigens nicht die Einzige, die mit der Bauverwaltung Probleme habe.
«Eine Gemeinde hat nicht mehr Rechte, als jemand mit einem Einfamilienhaus!», sagt sie. Ein Punkt stört sie besonders: «Wenn die Gemeinde etwas verbockt, zahlen immer wir Steuerzahler. Immer.»
Streit um ein Becken
Aktuell aber wirft die Gemeinde Freuler vor, einen Fehler gemacht zu haben. Es geht um ein Regenwasserbecken auf ihrem Grundstück. Ein Ingenieurbüro, von der Gemeinde beauftragt, bewilligte es. Plötzlich hiess es aber: Rückbau. Denn gemäss Gachnanger Bauamt habe Freuler ausserhalb der Bauzone und ohne Bewilligung bauen lassen – also illegal.
Die Gachnangerin lässt das nicht gelten. Die Gemeinde habe selber übersehen, dass das Becken in der Landwirtschaftszone liege und habe das beim Kanton nicht abgeklärt. «Jetzt wollen sie es mir im Nachhinein in die Schuhe schieben!»
Man könne diese Baute nicht «dem Frieden wegen» stehenlassen, so die Behörde in einem Entscheid. Sonst öffne man «Verhaltensstörern» Tür und Tor. Die Einsprachenflut in Gachnang dürfte also weitergehen.