«Ich kann es noch immer nicht glauben»
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Freundin von Natalya G.* (†49):«Ich kann es noch immer nicht glauben»

Olena Reutter (46) verliert nach tödlichem Unfall in Frauenfeld TG ihre beste Freundin Natalya G. (†49)
«Ich habe die ganze Nacht nicht geschlafen, nur geweint»

Einen Tag nach dem tödlichen Autounfall in Frauenfeld TG wird klar: Beim Todesopfer handelte es sich um eine eingebürgerte Ukrainerin. Ihre beste Freundin spricht mit Blick über das Leben von Natalya G.
Publiziert: 05.01.2023 um 00:59 Uhr
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Aktualisiert: 05.01.2023 um 15:32 Uhr
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Olena Reutter (46) ist untröstlich.
Foto: zVg
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Sandro ZulianReporter News

Olena Reutter (46) steht mit Tränen in den Augen auf der Kreuzung zwischen Thundorferstrasse und Rosenbergstrasse im Südosten von Frauenfeld. Vor ihr zieren Grabkerzen und Blumen eine Mauer.

Markierungen der Polizei zeugen noch von dem schlimmen Unfall, der sich hier am Dienstagmorgen ereignet hat. Ein 21-Jähriger knallte mit seinem Mini in eine Fussgängerin. Dabei wurde die Frau derart schwer verletzt, dass sie noch auf der Unfallstelle verstarb. Der 21-jährige Mann wurde mit leichten Verletzungen ins Spital gebracht. Wie es zu dem Unfall hatte kommen können, klären die Staatsanwaltschaft und die Kantonspolizei Thurgau nun ab.

Ferien in Spanien geplant

Bei der verstorbenen Frau handelt es sich um Natalya G.* (✝49). Sie war Olena Reutters beste Freundin. «Ich habe die ganze Nacht nicht geschlafen, nur geweint», sagt sie. Sie ist aus dem Kanton Aargau angereist, um zu sehen, wo ihre Freundin ihr Leben lassen musste. «Sie war so eine liebe Frau, ich kann es einfach nicht glauben.» Olena Reutter stammt wie Natalya G. ursprünglich aus der Ukraine. Natalya G. war bereits 30 Jahre in der Schweiz und hatte den roten Pass, Elena Reutter ist seit 26 Jahren hier und ebenfalls eingebürgert.

Beide pflegten über 20 Jahre eine innige Freundschaft, die trotz des physischen Abstands nie Schaden nahm, sagt Reutter: «Wir haben jeden Tag telefoniert.» So auch einen Tag vor dem tragischen Vorfall. Eigentlich wollten die beiden bald wieder Ferien in Spanien planen, die Lieblingsdestination der beiden Frauen. «Leider wird das nie mehr passieren», sagt Reutter erschüttert.

Viel Solidarität mit der alten Heimat

«Sie war ein sehr lieber Mensch, voller Leben. Sie hat immer allen geholfen», erzählt die 46-Jährige. Als der Ukraine-Krieg vor einem knappen Jahr begann, entsandten Reutter und G. über 30 LKW-Ladungen voller Hilfsgüter in ihre ehemalige Heimat. Gemeinsam reisten sie sogar nach Polen, um 120 Landsfrauen und -männer persönlich über die Grenze zu bringen. G. mobilisierte ihre Nachbarschaft in Frauenfeld, Reutter nahm zeitweise über 20 Personen bei sich zu Hause auf.

Olena Reutter hat in diesem Krieg bereits vier Cousins verloren. Jetzt muss sie in der friedlichen Schweiz auch noch mit dem Unfalltod ihrer besten Freundin klarkommen. «Sie war eine sehr intelligente Frau», sagt sie traurig. Sie verstummt. Über ihr fliegt ein Vogel, zwitschert ein Lied, als wolle er Reutter Mut zusprechen in dieser schwierigen Zeit. Ihr Gesicht hellt sich für einen Moment auf. Sie lächelt und sagt: «Das ist wahrscheinlich Natalya.»

*Name geändert

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