St. Galler fordert Rücktritt von Stadtrat
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Wegen zu hoher Mauer:St. Galler fordert Rücktritt von Stadtrat

Diese Siedlung ist das grösste Bau-Chaos von St. Gallen
«Die Stadt hat alles verschleppt und verschlampt!»

Seit 10 Jahren herrscht bei einer St. Galler Überbauung Puff. Zu hoch seien die Häuser, es gibt Sicherheitsbedenken und viele weitere Mängel. Die Stadt schaute weg – und bekam jetzt vom Verwaltungsgericht eine Schelle. Der Baudirektor weist die Schuld von sich.
Publiziert: 00:01 Uhr
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Aktualisiert: vor 5 Minuten
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Projektleiter Ruedi Schmid (54) ist hässig.
Foto: Sandro Zulian

Darum gehts

  • Überbauung in St. Gallen: Bauvorschriften verletzt, Stadt handelte nicht
  • Unternehmer Ruedi Schmid fordert Rückbau der Mängel
  • Verwaltungsgericht rügt Stadt, sie muss 4000 Franken an Schmid zahlen
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Sandro ZulianReporter News

Einst wurde die Überbauung in der Notkersegg oberhalb von St. Gallen als «städtebaulich vorzüglich» gepriesen. Doch um die Häuser tobt ein erbitterter Streit, der mittlerweile schon fast zehn Jahre dauert – und die Gerichte auch in Zukunft beschäftigen dürfte. Es ist aktuell das wohl grösste Bau-Chaos St. Gallens.

«2005 habe ich den Gestaltungsplan für diese Überbauung mitentwickelt», sagt Unternehmer Ruedi Schmid (54) zu Blick. Die ersten paar Häuser realisierte er selber, danach gab er das Projekt ab.

«Der neue Unternehmer wollte wohl Geld sparen und grub den Aushub weniger tief. Jetzt ist ein Teil dieser Häuser deutlich zu hoch», so Schmid. Und: Gemäss Gestaltungsplan dürfen verschiedene Mauern nicht höher als 80 Zentimeter sein. «Und wie hoch ist die?», fragt er, während er vor einer Wand steht, die fast so gross ist wie er selbst.

Schmid informierte Stadt 2016 erstmals

Es geht noch weiter: Schmid besitzt mitten in der Überbauung ein kleines Grundstück von 23 Quadratmetern. «Unter der Erde liegt ein Gastank. Von diesem beziehen verschiedene Häuser jetzt noch Gas.» Während der Bauarbeiten zur zweiten Etappe musste Schmid zusehen, wie Bagger über sein Grundstück und damit direkt über den Tank fuhren. Eine gefährliche Situation.

Noch immer steht direkt neben dem Tank eine Mauer, die im bewilligten Bauplan nicht auftaucht, und ein Schacht. «Beides müsste mindestens drei Meter vom Tank entfernt liegen. Hier werden verschiedene Vorschriften verletzt!» Weiter fehlen Absturzsicherungen für die Kinder, verschiedentlich wurden falsche Geländer und anstatt Trockenstein wurden Betonmauern verbaut.

Erstmals 2016, also vor fast zehn Jahren, meldeten Schmid und sein Anwalt die Mängel dem städtischen Bauamt. Es passierte jahrelang nichts. Dann, im Jahr 2020, verfügte die Stadt einen Baustopp. Doch dieser und die rechtskräftigen Auflagen darin wurden offenbar nicht durchgesetzt. Wie das St. Galler Tagblatt damals berichtete, war nach dem Einzug der neuen Eigentümer von Planungsfehlern, Baumängeln und Chaos die Rede. Überschwemmungen, Schlamm auf der Baustelle und fehlende Absturzsicherungen waren die Kritikpunkte. Ein Eigentümer habe sogar in eine Wohnung ohne Küche zügeln müssen.

Es passiert noch immer nichts

Seit Jahren ist die Überbauung fertig. «Die Stadt hat alles verschleppt und verschlampt», sagt Ruedi Schmid. Er hat geklagt – und das Verwaltungsgericht des Kantons St. Gallen rüffelt die Stadt. Im jüngsten Entscheid steht, dass die Baubewilligungskommission der Stadt St. Gallen «wesentliche Verfahrensvorschriften verletzt» hat. Im Entscheid bekommt Ruedi Schmid teilweise recht: Die Baubewillligungskommission hat über seinen Kopf entschieden, als es um eine Abgrabung auf seinem Grundstück ging. Zudem wurde Schmid von der Stadt nicht angehört. Für Schmid ist klar: Die Mängel rund um die Mauern und die Absturzsicherungen hätten längst behoben sein sollen, die Stadt hätte das vor Jahren kontrollieren und Verstösse anzeigen müssen. Schmid fordert einen konsequenten Rückbau. 

Anfrage beim kritisierten Stadtrat Markus Buschor (63). Er sagt: «Der rechtskräftige Entscheid wird nun unter Berücksichtigung des Verwaltungsgerichtsentscheides umgesetzt.» Zur Schelle des höchsten Gerichts im Kanton sagt er: «Wir nehmen diesen Entscheid zur Kenntnis und respektieren ihn.» Aber: Das Verwaltungsgericht habe nur eine von 21 Ziffern aufgehoben. «Vor diesem Hintergrund kann wohl kaum von der Verletzung wesentlicher Verfahrensvorschriften die Rede sein», sagt der Baudirektor. Und das, obwohl das Verwaltungsgericht genau diese Worte gewählt hatte.

Die Stadt habe bei der Überbauung verschiedentlich interveniert. «Dieses Vorgehen bildet die Grundlage für den nun vorliegenden Entscheid.» Zur Erinnerung: Ruedi Schmid hatte als Betroffener immer wieder darauf aufmerksam gemacht und erst geklagt, als er sich von der Stadt nicht gehört fühlte – ohne ihn gäbe es den Entscheid des Verwaltungsgerichts gar nicht.

Dass auch jetzt noch keine Bewegung in die Sache gekommen sei, erkläre sich mit der Rechtskraft des Verwaltungsgerichtsentscheids, so Buschor. «Der Beschluss der Baubewilligungskommission ist erst seit Mitte Mai 2025 rechtskräftig.» Und gegangen sei schon etwas: «Unter anderem wurde auch eine Strafanzeige eingereicht.» Gegen wen sich diese richtet, lässt Buschor offen. Der Projektleiter, der das Projekt von Schmid übernahm, war auf Anfrage für Blick nicht zu erreichen.

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