Rolf Tschanz (69) sitzt auf dem Balkon und kann noch immer nicht glauben, was passiert ist. «Heidi ist tot, ich weiss es, auch wenn sie noch nicht offiziell identifiziert ist. Würde sie leben, hätte sie mich längstens angerufen. Das tat sie immer, wenn etwas schief läuft.»
Nur wenige 100 Meter von der Wohnung von Rolf Tschanz in Gommiswald SG ging am Sonntag früh um 05.12 Uhr das mittlere von drei Reiheneinfamilienhäusern in Flammen auf. Die drei Bewohner des linksseitig angebauten Hauses kommen unverletzt ins Freie. Das Haus rechts war nicht bewohnt. Nur Heidi wird von Anfang an vermisst. Nach einer Stunde findet die Feuerwehr im Brandschutt eine Leiche.
«Ich habe den Brand gar nicht bemerkt. Mich rief ein Freund an», sagt Rolf Tschanz. «Es kommt so plötzlich. Auch wenn es Heidi in letzter Zeit schlecht ging, mit dem Tod haben wir nicht gerechnet. Heidi lachte viel. War trotz Schmerzen fröhlich und voller Leben. Sie gab mir so viel.»
Seit vier Jahren ist Heidi Muster pflegebedürftig. «Sie ist die Treppe runtergestürzt und lag einen Monat im Koma», sagt Rolf Tschanz. «Sie sah danach nur noch 30 Prozent und hatte Mühe zu gehen. Zudem hatte sie epileptische Anfälle und kämpfte manchmal tagelang gegen Übelkeit und musste sich übergeben.»
Rolf Tschanz kaufte ihr einen Rollator
Rolf Tschanz kennt Heidi Muster schon über zehn Jahre. Seit zwei Jahren sind sie dick befreundet. «Wir trafen uns im Restaurant Cécile in Gommiswald. Sie nahm das Postauto heim. Beim Aussteigen verlor sie die Brille. Ich sah das und brachte sie ihr nach Hause. Seither kümmere ich mich um sie.»
Rolf Tschanz half Heidi Muster, wo er nur konnte. «Als erstes kaufte ich ihr einen Rollator. Das bereitete ihr eine Riesenfreude. Sie konnte sich damit seit langem zum ersten Mal sicher durch das Haus bewegen.»
Der pensionierte Werkzeugmacher aber machte das ganze Haus sicherer für seine behinderte Freundin: «Ich baute bei den Treppen aussen und im Haus Geländer. Beim Bad montierte ich Griffe, wo sie sich festhalten konnte.»
«Ihr Tod ist ein grosser Verlust»
Die Zeit, die der Rentner in seine Freundin Heidi investierte, bereut er überhaupt nicht. «Sie war für mich ein so guter Mensch. Sie hat mir so viel gegeben. Ihr Tod ist für mich ein grosser Verlust.»
Ein Wunsch von Rolf Tschanz bleibt unerfüllt: «Ich wäre so gern einmal mit Heidi in die Ferien. Jetzt schaffen wir das in dem Leben leider nicht mehr.»
Das Haus gehörte Heidi Muster. Es wird jetzt wieder aufgebaut und geht an Heidis 24-jährige Tochter. Laut Kantonspolizei ist die Brandursache noch immer nicht bekannt. (mcb)