Zwei Stunden zu spät erscheint Roland W.* (45) gestern vor dem Bezirksgericht Kreuzlingen TG. Er trägt Jeans und ein blaues T-Shirt. Und wie viele Täter tut er sich am Anfang vor allem selbst leid. «Ich habe an allem die Freude verloren. Habe mich richtig aufgegeben. Ich wäre lieber tot», sagt der 45-Jährige. «Erst in der U-Haft habe ich gemerkt, was ich getan habe. Es tut mir enorm leid.»
Roland W. lebt heute in Grenchen SO. Er ist gelernter Automonteur. Wegen eines Rückenleidens bekommt er IV. Zwischen 2001 und 2008 jobbt er als Gitarrenlehrer und Babysitter. Und missbraucht dabei fünf Buben im Alter von drei bis 13 Jahren. Die Taten filmt er. Von drei weiteren Knaben fertigte er «nur» Filmaufnahmen an – mit versteckten Kameras auf dem WC.
Sein erstes Opfer lernt Roland W. 2001 kennen, da ist er Praktikant in einem Kindergarten. Er wird Götti des 7-Jährigen. Das Kind besucht ihn mehrmals in seiner Wohnung. Während der folgenden sechs Jahre missbraucht Roland W. den Buben auf dem Sofa vor dem Fernseher – und filmt die sexuellen Handlungen.
2007 gibt Roland W. in seiner damaligen Wohnung in Arbon TG Gitarren-Unterricht. Vor den Lektionen montiert er unter dem Tisch eine Kamera. Genau in Höhe der Genitalien der Schüler. Der Kinderschänder bietet sich sogar bei der Caritas als Götti an. So lernt er 2007 einen 13-Jährigen kennen, der ihn in seiner Wohnung besucht – und dort Opfer wird.
Im März 2008 ist Roland W. für einen Dreijährigen in Kreuzlingen TG Babysitter. Beim Windelnwechseln missbraucht er den Kleinen, der dabei laut Staatsanwalt Hautabschürfungen erleidet. «Was kann man einem kleinen Buben Schlimmeres antun?», fragt der Staatsanwalt. Den älteren Bruder (5) des Dreijährigen begrabscht Roland W. beim Vorlesen.
Er ist in fast allen Punkten geständig. Sein Verhalten versucht er mit seiner eigenen Kindheit zu entschuldigen. «Ich wurde im katholischen Heim in Hemberg brutal vergewaltigt», sagt er. Und fügt an: «Das ist aber keine Rechtfertigung für meine Taten.» Die Therapie helfe ihm dabei, den Alltag zu bewältigen. Seit er Tabletten nehme, gehe es ihm besser.
Roland W. habe als Babysitter und Götti das Vertrauen von Eltern und Buben «krass missbraucht», sagt der Gerichtspräsident am Prozessende. Der IV-Rentner wird unter anderem wegen mehrfacher Schändung, mehrfacher sexueller Handlungen mit Kindern und Pornografie verurteilt.
Zwei der Videofälle waren schon verjährt. Roland W. kommt mit einer milden Strafe davon: 36 Monate Haft, 18 davon unbedingt. Dazu 900 Franken Busse. Begründung: die eigene schwere Kindheit und eine ADHS-Diagnose. Er habe eine Therapie begonnen und entwickle sich positiv.
*Name der Redaktion bekannt