Prostituierten-Mord
DNA auf Penis – so rechtfertigt sich Mike A.

Mike A. (43) steht heute wegen des Mordes an einem Callgirl vor Gericht. Der mehrfach Vorbestrafte bestreitet die Tat. Seiner Meinung nach war alles ganz anders.
Publiziert: 28.09.2010 um 08:35 Uhr
|
Aktualisiert: 30.09.2018 um 22:16 Uhr
Von Beat Michel und Ann Guenter

Mike A.* (43) steht heute in Weinfelden TG vor Gericht. Der Schweizer, der wegen Vergewaltigung und Körperverletzung mehrfach vorbestraft ist, soll die thailändische Prostituierte «Linda» (†30) umgebracht haben. Die Staatsanwaltschaft fordert deswegen: 20 Jahre Haft – und lebenslange Verwahrung für Mike A.

Nachdem am Vormittag Staatsanwältin Deborah Schalch und der Verteidiger von Mike A. zu Wort gekommen waren, spricht am Nachmittag der Angeklagte selbst. Er bestreitet die Tat. Und behauptet zudem: Die Polizei hat bei ihren Ermittlungen geschlampt!

Er könne die Frau gar nicht getötet haben, sagt Mike A. Denn diese sei erst ums Leben gekommen, als er bereits in Haft war. Er verweist auf bei der Leiche gefundene Insekten: «Die Insekten beweisen, dass die Frau nicht so lange tot war, wie man das weis machen will.»

«Ich war auf Beizentour»

Zur fraglichen Zeit sei er auf einer Beizentour in Märstetten und Weinfelden gewesen. Wie viel er getrunken habe, wisse er nicht mehr, so Mike A.

Auf dem Heimweg sei er auf einer Bank in der Nähe seiner Wohnung eingeschlafen. Wann er nach Hause gekommen sei, wisse er nicht. Sein Handy, von dessen Nummer die getötete Prostituierte gebucht worden war, habe er verloren oder es sei ihm gestohlen worden.

Auch dass der Chauffeur, der das Callgirl abgeliefert hatte, Mike A. auf der Strasse gesehen haben will, bestreitet Mike A. vehement: «Ich habe den Typen zum ersten Mal auf dem Polizeiposten gesehen.» Der Richter will wissen: «Sie rauchten bei der Übergabe. Auf dem Zigarettenstummel dort fand man ihre DNA. Wie erklären Sie sich das?» Mike A. antwortet: «In ganz Märstetten findet man Zigaretten mit meiner DNA».

«Die haben mir an der Eichel getupft»

Und wie erklärt sich Mike A., dass DNA des Callgirls unter seinen Fingernägeln, auf seinem Penis oder in seiner Dusche gefunden wurden? «Das sind ominöse Spuren. Ich weiss nicht, wie die dahin kommen. Ich habe sie («Linda», Anm. d.Red.) mal kurz in Wetzikon getroffen, sonst nie. Zu der DNA habe ich meine eigene Meinung.»

Die macht er wenig später klar: «Es ist ein reiner Beschiss von der Polizei. Das will nur niemand zugeben.» Er führt aus: «Ich hatte keine Spuren an mir. Die haben mir an der Eichel getupft. Und sprechen jetzt vom Penisschaft. Das geht doch nicht!»

Nicht immer sind die die Antworten von Mike A. schlüssig. Etwa dann, wenn er im Brustton der Überzeugung sagt: «Ich habe mit niemandem Sex gehabt. Ich wundere mich, dass da noch DNA war, nachdem ich geduscht habe.» Ähnliches hatte Mike A. schon in einem früheren Verhör gesagt. Die Staatsanwaltschaft wertete diese Aussage als «indirektes Schuldeingeständnis».

Die Thurgauer Staatsanwältin spricht von einer «erdrückenden Beweislage» gegen Mike A. Nicht nur wegen den DNA-Spuren. Ein Nachbar von Mike A. hatte am Morgen ein Messer mit Blut vor dem Haus liegen sehen. Später war es verschwunden. Die Polizei fand das gereinigte Messer später in der Küche von Mike A. Die Spurensicherung fand zudem Blut am Tank seines Töfflis.

Wie gefährlich ist Mike A. in dreissig Jahren?

Der Verteidiger von Mike A., Humbert Entress, widmete sich auch lange dem Antrag auf lebenslange Verwahrung: «Die Voraussetzungen auf eine lebenslange Verwahrung sind klar nicht gegeben.» Mike A. sei therapierbar, gibt sich der Anwalt überzeugt. Ausserdem widerspreche die lebenslange Verwahrung der europäischen Menschenrechtskonvention.

Eine Verwahrung von Mike A. sei angebracht, nicht aber die lebenslange. Denn: «Es geht nicht darum, ob er etwas Schreckliches getan hat. Sondern darum, ob er auch in 30 Jahren noch gefährlich ist und keine Fortschritte machen kann.»

Mike A. ist ein mehrfacher Vergewaltiger

Laut den Strafverfolgungsbehörden ist Mike A. ist mehrfach vorbestraft. Als 21- Jähriger war er in ein Tötungsdelikt an einer Frau verwickelt. Nach einem anfänglichen Geständnis zog er seine Aussage wieder zurück.

In den 90er-Jahren kassierte Mike A. insgesamt achteinhalb Jahre Zuchthaus. Wegen Vergewaltigungen und Körperverletzungen. Entlasssen wurde er Ende 2002. Bereits damals war eine Verwahrung geprüft worden. Würde dem jetzigen Antrag der Staatsanwaltschaft stattgegeben, wäre Mike A. der erste lebenslang Verwahrte in der Schweiz.

Die aktuelle Verhandlung vor dem Bezirksgericht Weinfelden dauert zwei Tage. Morgen kommen die Gerichtspsychiater zu Wort.

Sie sprechen über die saddistische Neigungen von Mike A. Im Laufe der Ermittlungen im Tötungsfall Ladarat Chitphong hatte auch die Exfreundin von Mike A. ausgesagt. Mike A. habe sie zigmal anal vergewaltigt.

*Name der Redaktion bekannt

Der Fall
Die Polizei hatte Mike A. kurz nach dem Verschwinden von «Linda»verhaftet. Laut Anklageschrift soll er die thailändische Prostituierte in seiner Wohnung in Märstetten getötet haben: Nachdem er mit der zierlichen Thailänderin Sex gehabt hatte, stach er ihr mit dem Messer mehrmals in die Brust. Die Leiche der Frau soll Mike A. dann in einen Koffer gepackt und sie mit seinem Töffli in einen Wald nördlich des Dorfes gefahren und einen Abhang hinunter geworfen haben. Die Leiche der 30-Jährigen Ladarat Chitphong wurde trotz intensiver Suche mit Bluthunden und Helikoptern erst rund einen Monat später gefunden. Ein Spaziergänger hatte ihre Kleider entdeckt.
Die Polizei hatte Mike A. kurz nach dem Verschwinden von «Linda»verhaftet. Laut Anklageschrift soll er die thailändische Prostituierte in seiner Wohnung in Märstetten getötet haben: Nachdem er mit der zierlichen Thailänderin Sex gehabt hatte, stach er ihr mit dem Messer mehrmals in die Brust. Die Leiche der Frau soll Mike A. dann in einen Koffer gepackt und sie mit seinem Töffli in einen Wald nördlich des Dorfes gefahren und einen Abhang hinunter geworfen haben. Die Leiche der 30-Jährigen Ladarat Chitphong wurde trotz intensiver Suche mit Bluthunden und Helikoptern erst rund einen Monat später gefunden. Ein Spaziergänger hatte ihre Kleider entdeckt.
Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?