Sechs Jahre lang ist Peter Raich Pfarrer im bernischen Walkringen. Letzte Woche kommts zum abrupten Abgang. Raich entscheidet, das Erbe einer seelsorglich betreuten Person aus seiner früheren Gemeinde Berlingen TG anzunehmen.
Das passt dem Kirchgemeindenrat nicht, woraufhin Raich per Ende Oktober kündet. Alle Tücher sind zerschnitten, der Kirchrat stellt ihn per sofort frei (BLICK berichtete).
Haus nur wenige Meter vom See entfernt
Jetzt berichtet die «Berner Zeitung», was Raich geerbt hat: Ein stattliches Haus in Berlingen. An der Seestrasse 14, direkt neben der Kirche gelegen, zum Bodensee sind es nur wenige Meter.
Vererbt hat ihm das Haus eine betagte Frau. Raich lernte sie während seiner Pfarrer-Tätigkeit in Berlingen kennen, sie lebte neben dem Pfarrhaus, er gratulierte ihr zum 90. Geburtstag persönlich.
Zuerst übernimmt er ihre Finanzen, dann das Erbe
Wie die «Berner Zeitung» berichtet, wurde der Kontakt aber erst richtig intensiv, als Raich seine Arbeit in Walkringen aufnahm. Häufig sei Raich an der Seestrasse 14 aufgetaucht, habe dort auch übernachten dürfen, wenn er tags darauf in seine süddeutsche Heimat fahren wollte.
Irgendwann habe er für die Seniorin ihre Finanzen verwaltet, eine Arbeit, die zuvor während Jahren ein befreundetes Ehepaar erledigt hatte. Schliesslich verkündete die Seniorin, sie habe ihr Testament dahingehend geändert, dass Peter Raich nun das Haus erbe.
Mit der Annahme des Erbes verliert Raich seinen Job in Walkringen. Im Personalgesetz des Kantons Bern heisst es klar: «Die Annahme von Geschenken, unter anderem einer Erbschaft, ist einer Pfarrperson nicht erlaubt, wenn dies mit ihrer pfarramtlichen Stellung in Zusammenhang steht oder stehen könnte». Kirchgemeindepräsidentin Lisbeth Zogg (64) zu BLICK: «Wir haben Peter Raich aufgefordert, das Erbe abzulehnen, doch er hat sich dagegen entschieden».
Raich verteidigt sich
Peter Raich stellt sich auf den Standpunkt, das Erbe als Freund und Privatperson anzutreten. «Die zeitliche und räumliche Distanz zu meiner pfarramtlichen Tätigkeit in Walkringen legt dies auch nahe», sagt er der Zeitung. Seine neue Rolle habe er der Seniorin im Übrigen von Anfang an unmissverständlich klargemacht.
Er habe auch abklären lassen, ob er das Erbe antreten könne und ihm sei gesagt worden, dass dies in speziellen Fällen möglich sei. Nachdem sich dies als Falschinformation herausstellte, hätte er nicht einfach vom Erbe zurücktreten können. Er habe der Seniorin am Totenbett versprochen, das Haus zu übernehmen. Das Gegenteil zu tun wäre für ihn moralisch nicht akzeptabel.
Noch bis Ende August wohnt Raich in Walkringen. Ob er danach wieder als Pfarrer arbeiten will, lässt er offen. (vof)