Mobbing-Vorwürfe gegen Postenchef der Kapo Thurgau
«Er machte systematisch Stimmung gegen mich»

Die Vorwürfe wiegen schwer. Markus L., Chef des Kantonspolizeiposten Frauenfeld, soll über Jahre hinweg seine Untergebenen schikaniert haben. BLICK traf sich mit einem der Mobbing-Opfer – es dürften aber zehn oder mehr sein.
Publiziert: 28.09.2017 um 23:53 Uhr
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Aktualisiert: 04.10.2018 um 20:14 Uhr
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«Mein Chef hat mich schikaniert!», sagt Mobbing-Opfer Andrea M. Gegenüber BLICK beschreibt sie, wie ihre Vorgesetzten sie aus ihrem Posten bei der Frauenfelder Polizei geekelt haben.
Foto: Marcel Sauder
Marco Latzer

Andrea M.** (40) gilt als Vorzeigepolizistin, als sie zu Beginn des letzten Jahres ins Korps der Kantonspolizei Thurgau wechselt. Nur wenige Monate später liegt ihre Karriere in Trümmern. Ihr Vorwurf: Mobbing! «Ich wurde rausgeekelt, weil ich zu offen und zu kritisch war!», sagt M. Als Hauptverantwortlichen für ihren unrühmlichen Abgang nennt sie den Frauenfelder Postenchef Markus L.* (56). 

Entschuldigungsbrief der Regierungsrätin

Der Fall gelangte bis zu Regierungsrätin Cornelia Komposch (53), die deswegen sogar ein Entschuldigungsschreiben aufsetzen musste. «Wir bedauern, dass es so weit hat kommen können. Wir ziehen unsere Schlüsse aus dieser (und weiteren) Geschichte und sind bestrebt, eine Personalpolitik zu betreiben, die nicht zu solchen Fällen führt», schreibt sie in einem Mail an Andrea M.

Was lief schief? Die diensterfahrene Bernerin bewirbt sich zusammen mit Ehemann Pascal* (43), ebenfalls Polizist, bei der Kapo Thurgau – beide werden angestellt. Andrea M. muss eine dreimonatige Probezeit bestehen. «Zwei Monate lief alles gut, es gab keine Beanstandungen. Dann hagelte es urplötzlich Kritik!» 

Sie war ihnen wohl zu kritisch

M. hatte zuvor einen Kollegen gemassregelt, der mit sexistischen Sprüchen aufgefallen war. «Da ich ein direkter Mensch bin, spreche ich Dinge offen an. Weil ich von extern kam, habe ich auch gewisse Arbeitsabläufe und Methoden hinterfragt», erklärt sie. Grund genug, um auf die Abschussliste von Markus L. zu kommen! Wegen angeblich mangelhafter Rapporte wird die Probezeit verlängert.

Doch damit nimmt das Unheil erst seinen Lauf. «Der Druck stieg von Tag zu Tag. Er machte systematisch Stimmung gegen mich.»

Es hagelte schlechte Bewertungen

Innerhalb weniger Wochen sinken die Bewertungen in ihren Probezeitgesprächen in den Keller. Waren es zuerst nur die Rapporte, herrscht nun überall «Handlungsbedarf». Gemäss den Bewertungsvorgaben ist ein solcher Leistungsabfall in so kurzer Zeit eigentlich gar nicht möglich! Wegen der miesen Einstufungen hat M. keine Chance auf eine Festanstellung – und muss die Polizei verlassen.

«Sie war nur noch zu Hause und weinte», beschreibt Gatte Pascal diese Zeit. Obwohl er in einem anderen Team arbeitet, reicht er einige Monate später von sich aus die Kündigung ein. Wegen Loyalitätsproblemen: «Ich wollte den Fall meiner Frau aufrollen. Man drohte mir offen mit Krieg!» 

Schwere Vorwürfe gegen Markus L.

Dazu kommt: der Personalverantwortlichen Karin D.**  wird im heissen Fall M. das Dossier entzogen. Wieder ein Regelverstoss. Sie sagt: «Ich möchte nicht darüber sprechen. Es war nicht einfach für mich!» 

Es ist wohl nur die Spitze des Eisbergs. «Auf das Konto von Markus L. geht ein ganzer Haufen an Abgängen. Es sind mindestens zehn, die ich persönlich kenne!», beschreibt P. B.* die Lage. Da er noch im Korps aktiv ist, möchte der erfahrene Thurgauer Polizist anonym bleiben. «Die Leute gehen von sich aus oder werden versetzt», erklärt B. das Regime. Die wenigsten hätten den Mut, sich zu melden. Einst war er selber Opfer des Postenchefs. «Es war die schlimmste Zeit meines Lebens.» Der Beamte spricht von einer Atmosphäre der Angst.

Kantonspolizei dementiert Vorwürfe

Die Mobbing-Vorwürfe sind der Polizeispitze bekannt. Diese sieht die Sache aber anders. Medienchef Andy Theler beteuert, es gebe «keine Anzeichen» für Mobbing im Korps. «Diese anonymen und pauschalen Vorwürfe weist die Kantonspolizei Thurgau mit Entschiedenheit zurück». Im zitierten Fall M. sei die Nichtanstellung wegen fachlicher Mängel erfolgt.

«Es wäre vermessen, zu behaupten, dass immer durchwegs alles optimal läuft», so Theler weiter. Gerüchten und Informationen über unzufriedene Mitarbeiter gehe man proaktiv auf den Grund.

**Namen von der Redaktion geändert

*Namen der Red. bekannt

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