Im Tessin ist das Burka-Verbot seit rund einem Jahr in Kraft – nun könnte ein zweiter Kanton nachziehen: Die vorberatende Kommission des Kantonsrats St. Gallens hat sich mit knapper Mehrheit für ein Verhüllungsverbot im öffentlichen Raum ausgesprochen.
Der geplante Gesetzesartikel sieht vor, dass künftig mit einer Busse bestraft wird, wer sich durch die Verhüllung des Gesichts unkenntlich macht und dadurch die öffentliche Sicherheit oder den religiösen oder gesellschaftlichen Frieden bedroht oder gefährdet. Ob das der Fall ist, müsste im Einzelfall beurteilt werden.
Wie die Einzelfallprüfung praktisch funktionieren soll, ist noch unklar. Dies müsse dann im Kantonsrat diskutiert werden, sagt Kommissionssprecher Linus Thalmann (SVP).
Initiative für nationales Burka-Verbot droht zu scheitern
Die Regierung hatte sich im vergangenen April gegen ein generelles Burka-Verbot ausgesprochen. Es bestehe kein öffentliches Interesse daran, argumentierte sie. Statt dessen wollte die Regierung, dass im Kontakt mit Behörden und Amtsstellen das Ablegen der Gesichtsverhüllung verlangt werden dürfe.
Auch im Kanton Glarus war ein Verhüllungsverbot bereits Thema. Vergangenen Mai hatte die Landsgemeinde einen entsprechenden Antrag aber klar abgelehnt. Auf nationaler Ebene läuft derweil die Unterschriftensammlung für eine Volksinitiative, die die Verhüllung des Gesichts unter Strafe stellen will. Noch bis September hat das Komitee um den Solothurner SVP-Nationalrat Walter Wobmann Zeit, die nötigen Unterschriften zu sammeln.
Es dürfte äusserst knapp werden: Bis Ende Juni waren erst knapp 90'000 Unterschriften beisammen. Da erfahrungsgemäss jeweils ein beträchtlicher Teil davon ungültig ist, braucht es mehr als die nötigen 100'000 Unterschriften, damit die Initiative sicher zustande kommt.
St. Gallen will Kleidervorschriften in der Schule
Nebst dem Verhüllungsverbot spricht sich die Kommission des St. Galler Kantonsrats auch für Kleidervorschriften an Schulen aus. Die Regelung soll allerdings sehr allgemein gehalten werden. So soll für Schülerinnen und Schüler die Pflicht gelten, sich in der Schule «korrekt zu kleiden», schlägt die Regierung vor. Kleider dürften «den ungestörten Unterricht oder den Schulfrieden» nicht gefährden.
Konkrete Bekleidungsvorschriften soll der Erziehungsrat formulieren. Zudem dürfen die Schulgemeinden ergänzende Vorschriften erlassen. Nicht zulässig wäre ein Kopftuchverbot im Unterricht. Das Bundesgericht hatte Ende 2015 ein solches Verbot im Fall einer Schülerin aus St. Margrethen SG als unzulässig beurteilt.
Mit einem weiteren neuen Artikel im Volksschulgesetz will die Regierung der Schulpflicht Nachdruck verleihen. Dispensationen von einzelnen Fächern, zum Beispiel dem Schwimmunterricht, aus religiösen Gründen, sollen in Zukunft restriktiver gewährt werden. (SDA/lha)