Familien von toten Kantonsspital-Lehrlingen wegen Vereinnahmung durch Impf-Skeptiker fassungslos
«Die Gerüchte sind widerlich!»

Corona-Skeptiker instrumentalisieren den Tod zweier Lehrtöchter am Kantonsspital St. Gallen, um gegen die Impfung Stimmung zu machen. Die Angehörigen der Verstorbenen reagieren entsetzt.
Publiziert: 08.11.2021 um 19:50 Uhr
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Aktualisiert: 09.11.2021 um 09:21 Uhr
Das Kantonsspital St. Gallen betrauert den Tod zweier Lehrtöchter binnen kurzer Zeit.
Foto: Keystone
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Marco Latzer

Es ist eine schier unfassbare Tragödie: Das Kantonsspital St. Gallen hat binnen weniger Tage den Tod seiner Lernenden Romina D.* und Silvia P.* (beide 17) zu beklagen. Beide befanden sich ganz am Anfang ihres Berufslebens und mitten in ihrer Ausbildung zur Fachfrau Gesundheit.

«Dass gleich zwei junge Mitarbeiterinnen so kurz nacheinander sterben mussten, ist ein trauriger Zufall, der uns fassungslos zurücklässt», schreibt das Spital in einer internen Mitteilung an seine Belegschaft.

Impfgegner treffen ihre eigenen Schlussfolgerungen

Obwohl die offizielle Todesursache in beiden Fällen noch nicht feststeht, sind in einschlägigen Telegram-Gruppen Corona-Skeptiker und Impfgegner davon überzeugt, dass der Tod von Romina D. und Silvia P. auf Corona-Impfungen zurückzuführen sein dürfte (Blick berichtete).

Um ihrer Anti-Impfpropaganda Nachdruck zu verleihen, zerrten sie die beiden Verstorbenen mit vollem Namen an die Öffentlichkeit. Romina D. sei einem epileptischen Anfall erlegen, Silvia P. an einer Thrombose verstorben, wird verbreitet. Man habe «traurige Gewissheit aus erster Hand» erlangt, behaupten die Impfgegner.

«Ihr Tod hat nichts mit der Impfung zu tun!»

Für die beiden Trauerfamilien ist die unerwünschte Vereinnahmung ein zusätzlicher Nackenschlag in einer für sie ohnehin schon unglaublich schwierigen Zeit, wie sie gegenüber Blick betonen. Das Vorgehen mache sie fassungslos. «Meine Tochter wird instrumentalisiert», sagt die Mutter von Silvia P., deren Familie im Thurgau lebt.

Sie ergänzt: «Ich bin mir sicher, dass ihr Tod nichts mit der Impfung zu tun hat!» Weitere Angaben wolle sie aber nicht machen, um die Debatte nicht zusätzlich zu befeuern. Es sei in ihren Augen nämlich absolut verwerflich, dass der Tod ihres Kindes nun öffentlich breitgetreten werde. «Es handelt sich um unsere Privatsphäre, das geht andere Menschen nichts an.»

Trauerfamilien zeigen sich entsetzt

Genau gleich tönt es bei der Familie von Romina D. im Kanton St. Gallen: «Es ist unsäglich, dass solche Gerüchte herumgehen. Es ist widerlich und verletzend. Unsere Trauer wird nicht respektiert», so die Mutter.

In die gleiche Kerbe schlägt auch Philipp Lutz, Mediensprecher des Kantonsspital St. Gallen. Er bezeichnet die Spekulationen als «unverantwortlich und pietätlos». Die Trauerfamilien seien inzwischen von einer Vielzahl an Personen kontaktiert und belästigt worden.

Kantonsspital ist zum Schweigen verpflichtet

Ob bei Romina D. und Silvia P. Nebenwirkungen im Spiel waren, hat in letzter Instanz Swissmedic zu klären. Die Arzneiaufsichtsbehörde konnte schweizweit bislang noch keinen einzigen Todesfall nachweislich auf die Impfung zurückführen.

Das Kantonsspital St. Gallen hält sich aus der Ursachensuche raus. «Wir sind als Arbeitgeber schlicht nicht dazu legitimiert, weitere Angaben zu machen», sagt Sprecher Lutz. Und bittet eindringlich, die Privatsphäre der Angehörigen zu respektieren.

* Name geändert

Skeptiker demonstrieren bei Schulhaus gegen Impfkampagne
1:36
In Rothrist AG:Skeptiker demonstrieren bei Schulhaus gegen Impfkampagne
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