Er soll St. Galler Familie als Geisel genommen haben
Chinese nennt seine Opfer Lügner

Ein Chinese, der vor zwölf Jahren in St. Gallen mit zwei Komplizen eine Familie als Geiseln genommen haben soll, gibt sich unschuldig. Die Opfer hätten den Überfall erfunden, behauptete er am Freitag vor Gericht.
Publiziert: 09.03.2018 um 15:43 Uhr
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Aktualisiert: 28.09.2018 um 15:31 Uhr
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Vor Gericht gibt sich der Chinese unschuldig. Die Familie würde lügen. (Symbolbild)
Foto: Keystone

Das Kantonsgericht St. Gallen verhandelte den Fall in zweiter Instanz. Von der ersten Instanz war der Beschuldigte zu einer siebenjährigen Freiheitsstrafe verurteilt worden. Vor Kantonsgericht forderte der 33-Jährige erneut einen Freispruch. Die Staatsanwaltschaft verlangte eine Freiheitsstrafe von elf Jahren, drei Jahre mehr als vor dem Kreisgericht St. Gallen. Das Urteil wird schriftlich eröffnet.

Laut Anklage drang der Beschuldigte im November 2005 zusammen mit zwei Mittätern in die Wohnung der Familie ein, die in St. Gallen ein chinesisches Restaurant führte. Mit schwarzen Wollmützen über dem Gesicht warteten die Männer auf die Bewohner. Als der Vater und die beiden Töchter am frühen Abend nach Hause kamen, wurden sie mit einer Waffe bedroht und gefesselt.

Töchter drohten zu ersticken

Eine Stunde später kam die Mutter nach Hause und wurde ebenfalls gefesselt. Laut den Opfern drohten die Täter, die acht- und die zwölfjährige Tochter mit einem Plastiksack zu ersticken, wenn das Ehepaar ihnen nicht die Bankkarte aushändige. Daraufhin soll die Frau den Tätern die Karten und einen falschen Code angegeben haben.

Während zwei der Männer zum nahegelegenen Restaurant fuhren, um die Tresore auszuräumen und den dritten als Aufpasser in der Wohnung zurück liessen, konnte der Vater sich und seine Familie befreien und die Polizei rufen. Die Männer flüchteten. Zehn Jahre später wurde der Beschuldigte in Frankreich verhaftet, die Mittäter sind immer noch auf freiem Fuss.

Der Beschuldigte bestritt jegliche Schuld. Bei der Befragung am Freitagmorgen sagte er, die aus China stammenden Geschäftsleute seien in Menschenhandel verwickelt gewesen und hätten einem Geschäftspartner viel Geld geschuldet. Deshalb sei es zu der Geiselnahme gekommen.

Überall DNA-Spuren

Ob es eine solche überhaupt gab, bezweifelt die Verteidigung. Möglicherweise hätten die angeblichen Opfer die dubiose Geschichte erfunden. Der Beschuldigte sei mit der Familie befreundet gewesen und habe sie regelmässig in deren Wohnung besucht. Deshalb habe er in der Wohnung seine DNA-Spuren hinterlassen. Dass die Polizei seine DNA-Spuren sogar auf den zurückgelassenen Tatwerkzeugen fand, beweise nicht, dass er die Tat begangen habe, sagte die Verteidigerin.

Mangels Beweisen müsse der Beschuldigte freigesprochen und für den ungerechtfertigten Freizeitsentzug mit 85'000 Franken entschädigt werden. Es handle sich um einen reinen Indizienprozess. Die Aussagen der angeblichen Opfer seien widersprüchlich und unglaubhaft. So hätten sie etwa behauptet, den Beschuldigten nicht zu kennen, obwohl sie ihn jahrelang schwarz in ihrem Restaurant beschäftigt hätten.

Brutal überfallen

Die Staatsanwaltschaft verlangte eine Verschärfung des erstinstanzlichen Urteils und forderte eine Freiheitsstrafe von 11 Jahren. Vor Kreisgericht hatte sie 8 Jahre verlangt. Der Beschuldigte sei unglaubwürdig. Obwohl die Beweise erdrückend seien, streite er alles ab.

Der Mann habe die Familie brutal überfallen und die Kinder mit dem Tod bedroht. Die Opferfamilie sei schwer traumatisiert und leide heute noch schwer unter der Tat.

Der 33-Jährige war im September 2016 vom Kreisgericht St. Gallen wegen mehrfacher Geiselnahme und wegen Raubes zu einer siebenjährigen Freiheitsstrafe verurteilt worden. Der Mann ist einschlägig vorbestraft. Er war unter anderem wegen eines ähnlichen Überfalls in Frankreich zu einer fünfjährige Freiheitsstrafe verurteilt worden. (SDA)

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