Sie lebten schon Jahre zusammen. Als Simon R. (†78) in seiner Heimat im Bündnerland als Priester predigte, war sie seine Pfarrhaushälterin. Und blieb es offiziell, als sie zusammen in ihr Elternhaus in den Kanton St. Gallen zogen, wo er nur noch gelegentlich in der Messe aushalf. Jetzt, nach dem Tod des katholischen Pfarrers, macht seine Familie öffentlich: Die Haushälterin war in Wahrheit seine Ehefrau.
Bis zum Schluss hatten R. und seine Frau den Pakt geheim gehalten. Vergangenen Freitag starb er. In der Traueranzeige steht sie nun an oberster Stelle. Als «Ehefrau».
«Haben nicht das Recht, zu verurteilen»
In der Gemeinde habe man zuvor nichts von einer Heirat gehört, sagt der dortige Pfarreibeauftragte zum Medienportal «kath.ch». Das Wichtigste sei nun, die Witwe zu unterstützen. «Wir trauern mit ihr und haben kein Recht, andere zu verurteilen.»
Katholische Priester legen bei ihrer Weihung das Versprechen ab, enthaltsam zu leben und nicht zu heiraten. Der Zölibat ist zwar umstritten, gilt jedoch nach wie vor. Simon R. kehrte ihm den Rücken. Sein Wunsch war es zudem, nicht als Geistlicher bestattet zu werden.
«Das ist sehr ehrlich»
In seiner früheren Gemeinde und Heimat im Bündnerland zeigt man Verständnis. Zur Heirat des verstorbenen Kollegen sagt der dortige Kirchenpflege-Präsident: «Ich habe grossen Respekt vor dem Schritt, den er gemacht hat. Das ist sehr ehrlich.»
Die beiden Bistümer Chur und St. Gallen, unter denen Simon R. als Priester waltete oder aushalf, wussten bislang nichts von der Ehe. Ebenso wenig von den «Umständen, die dazu geführt haben». Der Witwe drückten sie ihr Beileid aus und wünschten viel Kraft. (hah)