Ein vertrautes «Du», gestresster Unterton. Der Kassier der Schweizerischen Lebensrettungsgesellschaft (SLRG) Schaffhausen, Wolfgang Knapp (64), reagiert sofort, als er am Donnerstag per E-Mail eine Zahlungsaufforderung – angeblich von der Präsidentin des Vereins – bekommt. «Ich möchte, dass du eine Überweisung machst», heisst es da. «Lass mich wissen, ob du es sofort tun kannst, damit ich dir die Bankverbindung schicken kann.»
Knapp schreibt umgehend zurück, erkundigt sich nach den nötigen Angaben für die Zahlung. Er klickt dazu einfach auf «Antworten», denn in der Absender-Zeile steht der korrekte Name und die korrekte E-Mail-Adresse. Dass am Ende des E-Mails plötzlich gesiezt wird, fällt dem Kassier der Rettungsschwimmer zwar auf, aber er denkt sich, dass die Vereinspräsidentin wohl unter Zeitdruck steht.
Er erwartet Zahlung für Desinfektionsmittel
«Wir haben im Moment viel zu tun», sagt Knapp. «Nach den Lockerungen der Corona-Massnahmen fangen die Kurse bald wieder an. Unsere Präsidentin sollte noch Desinfektionsmittel kaufen. Ich erwartete, dass die Zahlung dafür gedacht war.»
Als kurz darauf die Antwort mit den Zahlungsdetails kommt, wird Knapp stutzig. «Als Zahlungszweck wurde der Kauf eines Projektors angegeben.» Kostenpunkt: 3433 Franken. «Ich wusste, das ist nicht im Budget. Einen derart teuren Projektor würde sich der Verein auch gar nie leisten.» Deshalb nimmt der Kassier den E-Mail-Verkehr nochmals genauer unter die Lupe. Dabei fällt ihm auf, dass in der vermeintlichen Antwort an die Vereinspräsidentin plötzlich nicht mehr die korrekte Adresse der Adressatin, sondern eine «komische unbekannte» E-Mail-Adresse steht.
Telefonische Nachfrage schafft Klarheit
Eine telefonische Nachfrage bei der Vereinspräsidentin schafft Klarheit: Da sind Betrüger am Werk! «Die Gauner benutzten die E-Mail-Adresse unserer Präsidentin», sagt Knapp. So sei es unter Umständen schwierig, eine echte Zahlungsanweisung von einer gefälschten zu unterscheiden. «Gut möglich, dass einige Leute im Stress darauf reinfallen.»
Knapp informiert umgehend die Polizei. Weil er keine Zahlung getätigt hat, bekommt er am Freitag abermals eine E-Mail von der «Vereinspräsidentin»: «Ist die Zahlung erfolgt?», fragen die Betrüger frech.
Empfänger von Hand eintippen
Der Schaffhauser Polizei ist ein weiterer Betrugsversuch bekannt, bei dem die Kriminellen einen Verein im Visier hatten, wie sie in einer Mitteilung schreibt. Entsprechende Ermittlungen wurden eingeleitet. Es wird empfohlen, bei Überweisungsaufforderungen per E-Mail «ein gesundes Misstrauen» walten zu lassen. Die Polizei rät, die E-Mail-Adresse beim Antworten auf eine solche Aufforderung von Hand einzutippen und nicht auf «Antworten» zu klicken. Zudem sei es ratsam, telefonisch eine Auftragsbestätigung einzuholen.
Die Täterschaft setzt laut der Polizei in solchen Fällen ihr gesammeltes Internetwissen über einen Verein gezielt ein und wisse meist sehr viel über diesen. «Die Betrüger gehen dabei sehr professionell vor», schreibt die Schaffhauser Polizei. Diese Betrugsmasche weise starke Ähnlichkeiten zum bekannten CEO-Betrug auf. Beim CEO-Betrug kontaktieren Kriminelle den Angestellten einer Firma und geben sich als Präsident, Vorsitzender, CEO oder dergleichen aus. Dann fordern sie ebenfalls eine Geldüberweisung.