Andreas S. überfuhr zwei Männer auf dem Pannenstreifen – weil er auf dem Handy Lieder wechselte!
«Habe vielleicht drei, vier Sekunden nicht auf die Strasse geschaut!»

Zwei Männer müssen im April 2019 auf dem A1-Pannenstreifen bei Oberbüren SG sterben, weil Alfa-Fahrer Andreas S. (24) nicht auf die Strasse schaut. Der Liechtensteiner wechselte Lieder manuell auf dem Handy. Jetzt wurde er verurteilt.
Publiziert: 12.02.2020 um 16:10 Uhr
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Aktualisiert: 12.02.2020 um 16:31 Uhr
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Überfuhr zwei Männer auf der A1: Andreas S. musste sich wegen mehrfacher fahrlässiger Tötung und grober Verkehrsregelverletzung vor dem Kreisgericht Wil SG verantworten.
Foto: Marco Latzer
Marco Latzer

Es ist eine unfassbare Tragödie: Rahman R.* (†50) und Adem B.* (†24) müssen im letzten April sterben, weil Andreas S.* (24) in seinem Alfa Romeo am Handy hantiert. Der Liechtensteiner fährt deswegen in zwei Männer hinein, die auf dem Pannenstreifen der A1 bei Oberbüren SG gerade einen defekten Pneu ersetzen (BLICK berichtete)!

Fatale Folge: Pannenhelfer Adem B. wird mit voller Wucht in den Lieferwagen-Fahrer Rahman R. geschleudert. Beide Männer werden durch den heftigen Aufprall tödlich verletzt. Heute musste sich Andreas S. deswegen vor dem Kreisgericht von Wil SG verantworten. Er wurde wegen mehrfacher fahrlässiger Tötung und grober Verkehrsregelverletzung verurteilt. Er wurde zu 18 Monaten bedingt bei 2 Jahren Probezeit verurteilt.

Ausserdem muss Andreas S. 53'000 Franken Genugtuung an die Angehörigen bezahlen und die Kosten des Verfahrens übernehmen. «Das Ganze tut mir unglaublich leid. Ich habe vielleicht drei oder vier Sekunden nicht auf die Strasse geschaut, als ich die Lieder auf meinem Handy gewechselt habe», erklärt der Oberstufenlehrer vor Gericht. Sein Smartphone sei während der Unglücksfahrt per USB-Kabel mit dem Autoradio verbunden gewesen.

Bequemlichkeit als Auslöser des Dramas

Tragisch: Den beiden Männern auf dem Pannenstreifen wurde wohl die Bequemlichkeit von Andreas S. zum Verhängnis. Auf die Frage von Kreisrichter Dominik Weiss, weshalb der Beschuldigte die Songs nicht einfach via Steuerrad gewechselt habe, gesteht dieser: «Weil ich so nicht gesehen hätte, welches Lied gerade abgespielt wird.»

Dass sich der Unfall mit ausreichender Aufmerksamkeit hätte verhindern lassen, wird am Prozess nicht bestritten. Die Handyauswertungen zeigen gar, dass der Liechtensteiner während seiner Fahrt zu einer Vorlesung in St. Gallen mehrfach auf sein Smartphone zugegriffen hat. Andere Autofahrer beobachten ihn am Unglückstag mit schwankender und unkonzentrierter Fahrweise.

Schädelbruch bei Adem B., Lungenembolie bei Rahman R.

Bei der verhängnisvollen Kollision mit Pannenhelfer Adem B. dürfte S. rund 110 km/h auf dem Tacho gehabt haben. Dieser zieht sich einen Schädelbasisbruch zu und stirbt wenige Stunden später. Der fünffache Familienvater Rahman R. kommt erst 20 Tage danach ebenfalls ums Leben, als er sich eigentlich schon auf dem Weg der Besserung befindet.

Doch plötzlich bricht Rahman R. unter der Spitaldusche zusammen. Ein auf den Unfall zurückzuführendes Blutgerinnsel hatte eine Lungenembolie mit anschliessendem Herzstillstand ausgelöst.

«Es gibt für mich keinen Tag, an dem ich nicht an den Unfall denke. Ich nehme selbst psychologische Hilfe in Anspruch und bin seither auch nicht mehr Auto gefahren», betont Andreas S. Dies obwohl ihm der Führerschein bis heute nicht entzogen worden sei.

Der Entscheid ist noch nicht rechtskräftig.

* Name geändert

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