16 Jahre Haft für schlimmsten Vater der Schweiz
Hinrichtung auf dem Pausenplatz

Er exekutierte einen Jungen auf dem Pausenplatz. Dafür kassiert der Vater zweier Söhne 16 Jahre.
Publiziert: 10.08.2010 um 23:47 Uhr
|
Aktualisiert: 30.09.2018 um 19:20 Uhr
Teilen
Anhören
Kommentieren
Von Adrian Schulthess

Kerzengerade steht Ulrich S.* (46) da. Sein Blick weist starr zum Gerichtsschreiber. Der verliest gestern Morgen um 10.10 Uhr das Urteil: Das Bezirksgericht Bischofszell TG spricht den Familienvater in weiten Teilen schuldig (siehe Box). Unter anderem wegen vorsätzlicher Tötung. Verurteilt ihn zu 16 Jahren Freiheitsstrafe und 1000 Franken Busse.

Der Teppichverkäufer lässt sich nichts anmerken. 1,90 Meter gross, stämmig, die schwarzen Haare nach hinten gegelt, die Hände in Handschellen. Er setzt sich hin, als ihn der Richter darum bittet, um das Urteil zu begründen: 16 Jahre für die «eigentliche vorsätzliche Exekution». Die Hinrichtung des Automech-Stifts Fabio K.* (†18) am Sonntag, 4. Mai 2008 um 20.38 Uhr vor dem Schulhaus in Kümmertshausen TG.

Mit eiserner Faust herrschte der Deutsche Ulrich S. im Einfamilienhaus in Hefenhofen TG über seine Frau, seine beiden Söhne Kevin (heute 17) und Oliver (heute 20). Sie litten unter ihm. So stand der Familienvater am Montag und gestern auch wegen Körperverletzung, Tätlichkeiten und Vergewaltigung vor Gericht.

Trotz der Gewalt: Kevin ist Ulrich S.s erklärter Lieblingssohn. Hat er Probleme, reicht ein Telefon – und der Vater rückt aus, räumt auf. Besonders, wenn angeblich «Jugoslawen» für die Probleme verantwortlich sind.

Auch am 4. Mai 2008 braucht Kevin Hilfe. Drei Tage davor lieh er sich bei einer Bekannten sechs Franken, um eine Flasche Pesca Frizz zu kaufen. Jetzt fordert das Mädchen per SMS das Geld zurück. Es ist 19.29 Uhr, als Kevin ihr per SMS antwortet und mit analer Vergewaltigung droht.

Ulrich S. sitzt an diesem Abend daheim, schaut mit seiner Frau einen Actionfilm, den er am Vorabend aufgenommen hat. Er trägt eine Trainerhose mit Tarnmuster, die sie ihm genäht hat.

Kevin beschliesst derweil, seine Schulden noch am Sonntag zu bezahlen. Als Geldübergabe-Treffpunkt einigen sich die Parteien schliesslich auf den Schulhausplatz in Kümmertshausen. Doch die Gläubigerin nimmt aus Angst Verstärkung mit: drei Jungs – darunter Fabio K.

Kevin hat nur einen Kumpel dabei, er braucht Verstärkung. Um 20.30 Uhr ruft er seinen Vater an, sagt ihm, er werde von einem «Jugo» angegriffen. Ulrich S. ist sofort auf Touren. Lässt sich von seiner Gattin im Mercedes nach Kümmertshausen chauffieren. In der Tasche seiner Töffjacke hat er seinen Revolver, Marke Rossi, Modell 854, Kaliber 38, geladen mit sechs Patronen.

In Kümmertshausen steigt Ulrich S. vor dem Schulhaus aus. Richtet den Revolver auf Fabio, will wissen, ob er ein «Jugo» sei. Der pariert: «Ich bin Italiener mit Schweizer Pass!»

Fabio stolpert, Kevins Vater greift nach dem Kopf des Teenagers. Hält ihm den Revolver direkt an die linke Schläfe.

Ulrich S. drückt ab.

Das Projektil durchbohrt Fabios Kopf. Zerstört nach Austritt die Scheibe eines parkierten Ford Fiestas, bleibt im Sitz stecken. Fabio stirbt um 3.44 Uhr im Kantonsspital St. Gallen.

Unmittelbar nach dem Schuss alarmiert Ulrich S. die Polizei, fährt dann aber heim nach Hefenhofen. Er bittet die Polizei, nicht sofort auszurücken: Er brauche Zeit, um sich zu erschiessen. Tut es dann doch nicht.

Noch am selben Abend gibt Ulrich S. zu, gewusst zu haben, dass seine Waffe geladen sei. Später, als ihn ein Verteidiger berät, bestreitet er das. Fabios Tod sei ein Unfall gewesen.

Seine Frau hat sich inzwischen von Ulrich S. scheiden lassen. Sein älterer Sohn Oliver hat mit ihm gebrochen. Weil er die Mutter «wie einen Hund» behandelt habe. Kevin, der Lieblingssohn mit den Pesca-Frizz-Schulden, hält heute noch zum Vater.

* Namen der Redaktion bekannt

Ulrich S. muss auch Untersuchung bezahlen
  • Dafür wurde Ulrich S. verurteilt: Vorsätzliche Tötung, mehrfache Widerhandlung gegen das Waffengesetz, Sachbeschädigung, mehrfache sexuelle Nötigung und Vergewaltigung, Freiheitsberaubung, einfache Körperverletzung.

  • Das muss er zahlen: 50 000 Fr. Genugtuung für Fabios Mutter und Bruder, 1000 Fr. für Sohn Oliver, 7500 Fr. Gerichtskosten, 67 475.65 Fr. Untersuchungskosten, 552 Fr. Transportkosten, 202.75 Fr. Schadenersatz und 1000 Fr. Busse.
  • Dafür wurde Ulrich S. verurteilt: Vorsätzliche Tötung, mehrfache Widerhandlung gegen das Waffengesetz, Sachbeschädigung, mehrfache sexuelle Nötigung und Vergewaltigung, Freiheitsberaubung, einfache Körperverletzung.

  • Das muss er zahlen: 50 000 Fr. Genugtuung für Fabios Mutter und Bruder, 1000 Fr. für Sohn Oliver, 7500 Fr. Gerichtskosten, 67 475.65 Fr. Untersuchungskosten, 552 Fr. Transportkosten, 202.75 Fr. Schadenersatz und 1000 Fr. Busse.
Teilen
Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?