Mit KI für dumm verkauft
Falten-Bilder in Kosmetikwerbung als Fake entlarvt

In 15 Minuten faltenfrei – das verspricht die Kosmetikmarke Mellow Noir. Und präsentiert zum Beweis eindrückliche Fotos. Leider sind sie nicht echt.
Publiziert: 18.06.2025 um 14:47 Uhr
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Aktualisiert: 18.06.2025 um 14:58 Uhr
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DIe angeblichen Zwillinge im Vergleich.

Darum gehts

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Andrea M. Haefely
Beobachter

«Bis zu 79%* weniger Falten in nur 15 Minuten – wissenschaftlich belegt!» Das verspricht die Kosmetikmarke Mellow Noir.

Für Seriosität soll das Label «Die Höhle der Löwen» sorgen. Jene TV-Sendung, in der Investoren Erfindungen einkaufen, von denen sie hoffen, dass sie viel Geld abwerfen.

Artikel aus dem «Beobachter»

Das ist ein Beitrag aus dem «Beobachter». Das Magazin berichtet ohne Scheuklappen – und hilft Ihnen, Zeit, Geld und Nerven zu sparen.

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Den angeblichen Beweis für die Wirksamkeit der Kosmetiklinie liefern die 69-jährigen eineiigen Zwillinge Andrea und Heidi. Während sich Andrea die Produkte ins Gesicht schmierte, blieb Heidi bei ihrer üblichen Pflege.

«Gesichter wie zerknitterte Kissenbezüge»

Und tatsächlich: Auf dem Bild in der Internetwerbung setzt Andrea ein Schmunzeln auf, während Heidis Miene nachdenklich-traurig erscheint. Denn ihr Gesicht ist voller Falten, dasjenige ihrer Schwester aber glatt und faltenfrei.

Verbreitet wird die Story von Andrea und Heidi über die Website Femme-divine.de, die von einer georgischen Marketingfirma betrieben wird. Die schaltet diese Werbung auch in der Schweiz, etwa auf 20min.ch.

«Wir haben beide Schwestern getroffen», schreibt die Autorin des Werbetextes, Isabella von Stein, die als Hautpflege-Expertin bezeichnet wird. «Wir sahen aus wie zerknitterte Kissenbezüge – bis ich Mellow Noir entdeckte», zitiert sie Andrea.

Aufgeklärte Konsumentinnen wollen trotzdem wissen, was das Sternchen hinter den 79 Prozent bedeutet.

Von wegen 79 Prozent

Sehr weit unten auf der Website krebst die Firma zurück: «Dieses Ergebnis kann bei verschiedenen Personen natürlich anders ausfallen, da es von vielen Faktoren abhängt.»

Und dann kommts: «Bewertungen oder Testimonials könnten fiktionalisiert sein.» Und: «Die auf dieser Seite gezeigten Bilder wurden mithilfe von künstlicher Intelligenz erstellt. Sie dienen zur Veranschaulichung und sind nicht fotografische Darstellungen realer Personen oder Orte.» 

Anfrage bleibt unbeantwortet

Nach der Anfrage an die Pressestelle von Mellow Noir trudelten bald zwei E-Mails ein, die eine «zeitnahe Bearbeitung» versprachen. Es kam nichts mehr.

Die Schweizerische Lauterkeitskommission sagt auf Anfrage des Beobachters: «Werbung muss rechtmässig und wahrheitsgemäss und darf keinesfalls irreführend sein. Das gilt selbstverständlich auch für Werbung, die mit KI erstellt wurde.» Ob in diesem Fall ein Verstoss vorliegt, könne man erst nach einer allfälligen Beschwerde beurteilen.

Arnold F. Rusch, Dozent für Privat- und Handelsrecht an der Universität St. Gallen, hingegen bejaht die Frage, ob Konsumenten von der Mellow-Noir-Werbung irregeführt würden: Zum einen hätte der Hinweis, dass die Bilder unecht seien, direkt beim Bildmaterial stehen müssen. Zum andern dienten das Bild und die Videosequenzen nicht der Veranschaulichung, sondern dem Beweis der in der Werbung gemachten Aussagen. «Mit künstlich generiertem Material geht das nicht.»

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