Nigeria ist ein hartes Pflaster für Homosexuelle. Das erfährt der Schweizer Botschafter Eric Mayoraz am eigenen Leib: Nachdem das Gerücht laut wurde, dass er schwul sei und mit einem brasilianischen Partner zusammenlebt, will Nigeria die gesetzlichen Konsequenzen ziehen – auf Homosexualität steht im westafrikanischen Land eine mehrjährige Haftstrafe! (BLICK berichtete)
Was in der Residenz passiert, bleibt in der Residenz
«Es ist völlig absurd, dass Nigeria ein Strafverfahren eröffnen will», meint der Partner eines Schweizer Diplomaten, der anonym bleiben will. «Die Diplomaten-Residenz gehört offiziell nicht zum nigerianischen Boden – somit gelten dort auch deren Gesetze nicht. Ausserdem geniesst mindestens der Botschafter Immunität.» Ob auch Mr.Carlos, der brasilianische Partner von Mayoraz über einen Diplomatenpass verfügt, ist nicht bekannt. «Das ist das grössere Problem: Geniesst dieser keine Immunität, ist er strafbar.»
Die Immunität wurde vor allem bekannt, nachdem mehrere Diplomaten durch ihre Verkehrssünden im Gastland auffielen, aber nicht belangt werden konnten (BLICK berichtete). Deshalb kann aber auch Mayoraz nicht mit den homophoben Paragraphen im nigerianischen Gesetz angeklagt werden und bleibt so straffrei.
Wird Mayoraz zur Persona non Grata?
Die einzige Möglichkeit für Nigeria wäre, dass Mayoraz als «Persona Non Grata» deklariert wird – einer Person, die nicht mehr geduldet wird. «Eine häufige Konsequenz bei Spionageverdacht – aber ansonsten ungewöhnlich und eine Beleidigung gegen Botschafter und sein Heimatland.» Mit dieser Deklaration müsste der Botschafter innert einer bestimmten Frist das Land verlassen. «Das würde international zu einem enormen Aufruhr führen», sagt der Insider. «Falls das passieren würde, könnte die Konsequenz auch sein, dass das dasselbe mit dem nigerianischen Botschafter in der Schweiz geschieht.»
Für die Quelle aus den Diplomatenkreisen ist Mayoraz Situation sehr merkwürdig: «Für die Mitarbeiter der EDA gilt ganz klar, dass man sich in der Öffentlichkeit an die lokalen Sitten und Gesetze hält.» Er kann sich nicht erklären, wie der Fall an die Medien gelangte. «Ich vermute eine persönliche Abrechnung.»
Die Regierungstellen seien aus seiner Erfahrung immer sehr liberal. «Wenn, dann ist es meist das Volk, das Druck macht und homosexuelle Paare nicht akzeptiert.» Der Informant und sein Freund hätten durchwegs positive Erfahrungen gemacht in der internationalen Umgebung. «Das EDA behandelt hetero- und homosexuelle Paare völlig gleichwertig.» Sogar an begleitete Anlässe werde er offiziell eingeladen. «Wir haben noch nie negative Erfahrungen gemacht.»
Mayoraz ging freiwillig ins homophobe Nigeria
Doch wie kam es überhaupt dazu, dass die EDA einen schwulen Botschafter ins homophobe Nigeria schickt? «Der Botschafter wurde sicherlich nicht dazu verdammt», sagt der Botschafts-Partner. «Er hat das freiwillig gemacht.» Oft müssten sich Diplomaten auf die jeweiligen Posten von sich aus bewerben.
Ein Botschafter müsse ausserdem immer vom Heimatland entsandt werden und daraufhin vom Empfängerland akkreditiert werden. «Weist das Empfängerland den Botschafter ab, ist das eine Beleidigung – was aber sehr aussergewöhnlich ist.»
Ob das Aussendepartement von der sexuellen Orientierung Mayoraz wusste, ist dahingestellt. «Wenn er seinen Partner offiziell als Begleitperson mitgenommen hat, musste die EDA Aufenthaltsgenehmigungen ausstellen und hatte davon Kenntnis – Vorausgesetzt, der Botschafter hat das so deklariert.» (kra)