Tödlicher Davosersee
Starb der Eistaucher wegen der Höhenluft?

Sie wollen den Weltrekord im Streckentauchen unter Eis brechen. Doch bei der Probe kommt ein Taucher um. Ein Ex-Weltrekordler nimmt Stellung.
Publiziert: 28.02.2011 um 12:35 Uhr
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Aktualisiert: 09.10.2018 um 01:20 Uhr
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In Davos erlag heute ein 42-jähriger Taucher seinen Verletzungen, die er sich gestern zugezogen hatte.
Foto: Keystone
Von Roman Neumann

Am Samstagnachmittag im Davosersee: Der Rafzer Taucher Peter Colat und zwei Kollegen sind unter dem Eis unterwegs. Einer taucht nicht mehr auf: Cris K.* aus Zumikon. Er bleibt über zwei Minuten unter Wasser, stirbt später im Spital (Blick.ch berichtete). Sie wollten den Weltrekord im Streckentauchen (110 Meter) unter Eis brechen. Bis vor kurzem hielt diesen noch der Deutsche Nik Linder.

Als Linder vom Unfall hört, ist er entsetzt. «Es ist furchtbar», sagt er gegenüber Blick.ch. Schwimmen unter Eis, ohne Geräte, ein Atemzug, knapp unter der Eisdecke, keine Möglichkeit zum Luftholen. Ein gefährlicher Sport – das bestätigt Ex-Weltrekordler Nik Linder. «Man überschätzt sich leicht dabei», sagt er. Knapp unter dem Eis beträgt die Temperatur nur 2 Grad. Der Taucher trägt einen dicken Anzug und ist mit bis zu 10 Kilo Gewicht unterwegs. Nur eine Referenzleine zeigt an, wo sich das nächste Loch befindet.

Was er schon am eigenen Leib erfahren musste: Je höher der See gelegen, desto tiefer sei der Sauerstoffgehalt in der Luft. Seinen Weltrekord schaffte er im Weissensee (Ö) auf 900 Meter Höhe. Als er in einem auf über 1600 Meter hoch gelegenen See in Glarus einen Versuch durchführte, musste er diesen abbrechen. Der Davosersee liegt auf 1559 Meter über Meer. Doch noch ermittelt die Polizei Graubünden die Todesursache von Cris K.

Verlockende Rekorde

Da die Weltrekorde unter Eis noch greifbar seien, könne dies auch für relativ unerfahrene Taucher verlockend wirken, sagt Linder. Er hielt bis vor etwas mehr als einem Monat den Weltrekord, bis er von der Türkin Sahika Ercümen (26) abgelöst wurde. Sie schaffte es auf 110 Meter. Dafür war sie eine Minute und 46 Sekunden unterwegs. «Andere Apnoe-Rekorde sind für Normalsterbliche fast unerreichbar», sagt der Weltrekordler.

Die Eisschicht über dem Taucher stelle eine bedrohliche Situation dar, so Linder. Trotzdem müsse der Taucher extrem ruhig bleiben. «Man ist zur Entspannung verdammt», sagt er. Ein Knackpunkt unter Eis: Irgendwann kommt der Atemreiz, der Körper verlangt Sauerstoff. Routinierte Taucher meistern diesen Reiz, schaffen es, ihn zu unterdrücken und mit sehr niedrigem Puls noch den Rest der Strecke zurückzulegen.

Aber: «Manchmal braucht der Körper tatsächlich Luft – und dann wirds gefährlich», so Linder. «Man blickt nach vorne, sucht das Ausstiegsloch, der Puls erhöht sich, wodurch der Drang, zu atmen, noch stärker wird.»

Er selbst sieht in Zukunft von Weltrekordversuchen ab. «Es ist auch für die Helfer nicht ungefährlich», sagt Linder. Bei seinem Weltrekord seien etwa 10 Helfer dabei gewesen. «Alle Helfer schauen nur auf mich, doch wenn einer von ihnen ein Problem hat, was dann?» Man müsse sich im Klaren sein, dass Eistauchen eine Extremsportart bleibe.

* Name der Redaktion bekannt

Der Weltrekord von Nik Linder im Video.
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