So kämpfen kleine Bergbahnen ums Überleben
«In Vals fahren Sie gratis mit der Gondel»

Tourismusregionen suchen neue Wege. Vals GR finanziert seine Bergbahnen ab 2019 aus Steuergeldern.
Publiziert: 16.12.2018 um 16:56 Uhr
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Von Vals führt die Gondelbahn hinauf zur Gadastatt. Die Fahrt ist vom Sommer an für alle kostenlos.
Foto: Thomas Meier
Cyrill Pinto
Cyrill PintoReporter SonntagsBlick

Stefan Schmid (47) muss nur anrufen, dann setzt sich die Gondel in Bewegung. Klar, er ist quasi Chef der Bahnen. Seit drei Wochen gehören sie hier sozusagen der Gemeinde Vals – und Schmid ist nun mal Gemeindepräsident.

Mit mehr als 60 Prozent Beteiligung stimmten zwei Drittel der Valserinnen und Valser im November für ein revolutionäres Finanzierungsmodell. Zuerst wird die Bahn entschuldet, rund drei Millionen muss die Gemeinde abschreiben. Danach betragen die jährlichen Betriebskosten 1,5 Millionen Franken. 900'000 Franken werden ab Mitte 2019 zu je rund einem Drittel von den Valser Einwohnern, Hotels und Zweitwohnungsbesitzern getragen – der Rest soll aus Einnahmen finanziert werden.

Auch die Feriengäste wurden vor dem Entscheid konsultiert – und sprachen sich für das neue Modell aus. Im Gegenzug dürfen ab Sommer alle Bürger und Gäste die Gondelbahn hinauf zur Gadastatt auf 1809 Metern gratis benutzen. Gratis? «Die Touristiker nennen das included», merkt Schmid mit feinem Lächeln an.

Valser-Experiment weckt Interesse

Branchenkenner wie Andreas Keller vom Verband Seilbahnen Schweiz verfolgen das Experiment mit grösster Aufmerksamkeit. Denn auch anderswo kämpfen Bergbahnen ums Überleben. «Nur ein Drittel kann ihre Investitionen selbst finanzieren», schätzt Keller: «Was die Valser nun umsetzen, ist neu. Wir sind gespannt, wie sich das auf den Tourismus in der Region auswirken wird.»

Die Valser Gondelbahn führt in knapp zehn Minuten auf die Gadastatt, ein Plateau, von dem es mit drei Skiliften bis auf 3000 Meter Höhe geht. Schmid begrüsst die Chefin des Panoramarestaurants, die mit Vorbereitungen für den Saisonauftakt am kommenden Freitag beschäftigt ist.

Sie jubelt: «Ein Meter Neuschnee! Wir sind bereit für die Saison!» 2015 und 2016 lag hier zur gleichen Zeit überhaupt kein Schnee, zwischen Weihnachten und Neujahr konnten die Feriengäste bestenfalls wandern. «Alles war grün», erinnert sich der Gemeindepräsident, der das dicke Defizit am Ende der Saison ausgleichen musste.

Die Bahn ist oft Magnet
 einer Region

«Irgendwann stellten wir uns die Frage: Wie können wir die Bahn nachhaltig finanzieren?» In der nun beschlossenen Variante sind die Steuerbeiträge nicht ganz so hoch. Dafür ist die Gondelbahn gratis.

Wer die Skilifte weiter oben nutzen will, zahlt dafür 33 Franken pro Tag. Kinder unter 16 Jahren dürfen das ganze Skigebiet gratis nutzen. Auch im Sommer kostet die Nutzung der Gondelbahn nichts.

Am Ende müsse jede Gemeinde entscheiden, wie viel ihr die Bahn wert sei, heisst es beim Branchenverband Seilbahnen Schweiz. «Oft ist die Bergbahn touristisches Rückgrat und Magnet einer Region. Wie in Vals hätte die Einstellung eines Skibetriebs massive Auswirkungen auf lokales Gewerbe und Immobilienpreise», erklärt Keller. «Wir erhoffen uns von diesem Angebot natürlich auch mehr Gäste», sagt Schmid. Mehr Aufmerksamkeit jedenfalls ist den Valsern jetzt schon sicher.

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