Die Einwohner von Thusis haben Angst. Eine Jugendbande tyrannisiert Erwachsene, ältere Leute – und sogar Schulkinder. Die Gemeinde muss hilflos zusehen. «Wir haben versucht mit den jungen Erwachsenen zu reden, haben das Polizeiaufgebot verstärkt, einen privaten Sicherheitsdienst aufgeboten», sagt Vizegemeindeammann Rico Cioccarelli.
Alles hat nichts genützt. Die etwa 10-köpfige Bande macht weiter Terror im 2618-Seelen-Dorf. «Die lassen sich von der Polizei nicht mehr einschüchtern, haben keinerlei Respekt», sagt der Gemeinderat. Auch eine Anzeige würde die jungen Erwachsenen nicht abschrecken. «Die wissen genau, was sie sich erlauben können, damit sie nicht dauerhaft ins Gefängnis kommen.»
Die Liste der Delikte ist lang (siehe Box rechts). Alles fängt in diesem Frühjahr an. Am 29. April bedroht die Bande WK-Soldaten mit dem Messer. Diese flüchten in ein Restaurant, schliessen sich ein und rufen die Polizei. Berichtet die «Südostschweiz am Sonntag».
Es folgen Erpressungen, Diebstähle, Vandalenakte.
Am Dorffest vor zwei Wochen dann zetteln die Tyrannen zehn Schlägereien an. Fünf Personen landen im Spital.
«Der harte Kern der Bande besteht aus drei Personen, die alle anderen zu den Straftaten anstiften», erklärt Rico Cioccarelli. Das Trio ist bei der Polizei mehrfach aktenkundig. Das ganze Dorf kenne die Namen. Nur sie laut auszusprechen wagt in Thusis niemand. Stattdessen schreiben sie die Einwohner auf. Aus Sicherheitsgründen. Deshalb wollen auch alle anonym bleiben. «Die Leute haben Angst, bedroht zu werden. Deshalb wurden auch schon Anzeigen zurückgezogen», erklärt Cioccarelli. Ohne die drei Rädelsführer, wäre das Problem schon fast gelöst, ist er überzeugt.
Die drei Übeltäter, das sind: K.*(18), S.* (19) und R.* (19).
K. pöbelt auch im Internet. «Ich mag es überhaupt nicht, wenn irgend so ein Möchtegern-Gangster Scheisse über mich schreibt. Kannst sicher sein: Das kommt nicht gut, denn du fickst mit dem Falschen», schreibt er auf einer Site. Dort posiert er auf Fotos mit einer Knarre. Dabei – so schreibt er – möchte er nie wieder in den Knast.
Der Schweiz-Türke hat auch schon einen Resozialisierungsversuch hinter sich. Er wurde aufs Jugendschiff geschickt. Dort sollen verhaltensauffällige Jugendliche auf den rechten Weg geführt werden. Genützt hats offenbar nichts.
S. dagegen sieht sich nicht als Prügler, sondern als Opfer der Gemeinde. «Ganz gleich, was passiert, man gibt gleich mir die Schuld. Auch wenn ich bestimmt nichts damit zu tun habe», sagt er zu BLICK. Dabei sei er eher der ruhige Typ. Er schlage nicht ohne Grund zu. «Wenn man mich provoziert oder angreift, dann verteidige ich mich.» Der arbeitslose Elektro-Monteur will weg von Thusis, in Zürich oder St. Gallen ganz neu anfangen.
R. – der dritte im Bunde – kommt aus Cazis, einem Nachbardorf. Er erhielt im August einen Vormund.
Anzeigen haben die drei genug am Hals. Nur der Strafprozess lässt auf sich warten. Die Gemeinde ersucht nun bei der Regierung um Hilfe. Cioccarelli: «Denen muss jetzt endlich der Prozess gemacht werden. Ich bin kein Richter, aber überzeugt: Die werden verurteilt.»
*Namen der Redaktion bekannt