Knast für Bündner Arbeitgeber
Forstarbeiter (†42) wegen defekter Seilbahn enthauptet

Am 2. Juni 2017 reisst in Grosio (I) das Seil einer Transport-Seilbahn. Es trifft zwei rumänische Forstarbeiter. Einer stirbt, der zweite wird schwer verletzt. Mitschuld hat Paolo F.* (43) aus Brusio GR. Jetzt wurde der Bündner zu über zwei Jahren Knast verurteilt.
Publiziert: 27.11.2019 um 18:35 Uhr
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Der Familienvater aus Rumänien, Daniel P.* (†42), wurde bei einem Unglück mit einer Transport-Seilbahn am 2. Juni 2017 im italienischen Grosio getötet.
Foto: Zvg
Myrte Müller

Die Arbeit kennen die beiden Rumänen aus dem Effeff: Bäume fällen, zersägen, dann die Stämme über Seilwinden transportieren. Auch am Freitag, 2. Juni 2017, müssen die professionellen Forstarbeiter am Waldhang von Cingozzo bei Grosio (I) ganze Holzbrocken auf einer Berghöhe von 1800 Metern ü. M. nach unten schaffen. Doch an diesem Spätnachmittag geht alles schief.

Die Seilbahn für den Transport, die ihnen ihr Schweizer Arbeitgeber in Italien anliefert, hat keine Aufbau-Anleitung. Wichtige Sicherheitsteile fehlen. Die Rumänen wagen nicht aufzumucken. Sie bauen das unvollständig ausgestattete Gerät fehlerhaft auf. Die Katastrophe scheint unausweichlich. Die Last an der Winde ist zu schwer für die defekte Konstruktion. Das Seil der Transport-Bahn reisst schliesslich, saust auf die darunter stehenden Forstarbeiter nieder.

Schwere Kopfverletzungen

Daniel P.* (†42) wird von der Stahlpeitsche geradezu enthauptet. Der Familienvater ist sofort tot. Sein Kollege erleidet ebenfalls schwere Kopfverletzungen, überlebt aber und muss lange Zeit im Spital bleiben. Die italienische Staatsanwaltschaft leitet damals Ermittlungen gegen das Unternehmen aus Brusio GR ein. Im Mai dieses Jahres wird Anklage gegen den Bündner Unternehmer Paolo F.* (46) erhoben.

Am 21. November 2019 – also fast zweieinhalb Jahren nach dem Unglück – wird der Besitzer der defekten Seilbahn vor dem Gericht in Sondrio (I) zur Verantwortung gezogen. Paolo F.* (46) sei eindeutig mitschuldig an der Tragödie, sagt der Richter. Der Holzproduzent wird wegen fahrlässiger Tötung und Verstoss gegen die Einhaltung der Sicherheit von Material zu zwei Jahren und zwei Monaten Gefängnis verurteilt, sowie zu einer Busse von 6000 Euro.

Sein Anwalt erreichte ein Schnellverfahren und konnte die Haftstrafe um ein Drittel verkürzen. Paolo F. muss aber rund 100'000 Euro Entschädigung an die Opferfamilien zahlen und die Gerichtskosten übernehmen. Der Bündner kann noch zweimal gegen das Urteil rekurrieren. Solange bleibt er auf freiem Fuss und darf weiter in seinem Betrieb arbeiten.

Holzunternehmer ist Neffe des ermordeten Ehepaares F.*

Es ist nicht das erste Mal, dass die Familie F. aus Brusio in die Schlagzeilen gerät. Vor exakt neun Jahren, am 21. November 2010, wurden Gianpietro F.** (†58) und seine Ehefrau Graziella P.** (57) in ihren Büroräumen in Campascio GR, brutal niedergeschlagen und erschossen. Der Fuhrpark-Unternehmer war der Onkel von Paolo F. und Bruder seines Vaters.

Der Killer, ein Moldawier, und sein italienischer Auftraggeber, wurden zu 30 beziehungsweise 23 Jahren Knast verurteilt. Ein Rekurs gegen das Urteil von Mörder Ruslan C.** (39) wurde am vergangenen September abgelehnt.

* Namen geändert

**Namen der Redaktion bekannt

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